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Das Gebäude der Gedenkstätte des Lagers von Rivesaltes

Diesen Monat: Das Gebäude der Gedenkstätte des Lagers von Rivesaltes

 

Das Lager von Rivesaltes war ein Zeuge der größten Konflikte, die Frankreich, Europa und Nordafrika in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts auszutragen hatten: der Krieg in Spanien, der Zweite Weltkrieg und die Kolonialkriege.

Das Leitmotiv dieser Geschichte, dieser Geschichten, sind gewaltsame Vertreibungen, die Betrachtung der Anderen als unerwünscht und die Abschottung von den Anderen. Bei den Insassen des ab Januar 1941 betriebenen Internierungslagers handelte es sich größtenteils um Juden, Spanier und Zigeuner. Das Lager von Rivesaltes, ab Herbst 1942 Haupt-Sammel- und Deportationslager für die Juden aus der „freien Zone“ wurde von Serge Klarsfeld als das „Drancy der freien Zone“ bezeichnet.

Nach der Befreiung war es einige Zeit lang ein Lager zur Internierung von der Kollaboration Verdächtigen; später wurde es zu einem großen Kriegsgefangenenlager. Es blieb auch in der Folge ein Militärlager mit wechselnder Bestimmung, um bei Beginn des Algerienkriegs wieder zu einem Teil der Geschichte zu werden: als Übergangslager für Wehrpflichtige, als Gefängnis für einige Hundert Mitglieder der FLN und nach den Verträgen von Evian als größtes Auffanglager für die Harkis.

Der Architekt Rudy Ricciotti gewann 2006 zusammen mit dem Architektenbüro Passelac & Roques aus dem Departement Aude den Wettbewerb für die Baubetreuung der Gedenkstätte.

Rudy Ricciotti, der sein Projekt „zwischen der Notwendigkeit der Emotion und der Verweigerung des Pardons“ ansiedelt, lässt sich auf die unverhohlene Brutalität des Orts ein. Der Architekt untersagt es sich, auch nur die kleinste Parzelle der Erinnerung des Lagers zu zerstören und entwirft daher ein Gebäude, das auf der einzigen freien Fläche des Ortes, dem Abschnitt F des ehemaligen Militärlagers gebaut wird: dem Exerzierplatz, dem ehemaligen Sammelplatz. Trotz ihrer beeindruckenden Abmessungen (200 Meter lang, 20 Meter breit) lässt die Gedenkstätte die sie umgebenden Überreste nicht in den Hintergrund treten. Am Eingang reicht das Dach bis zum Boden hinunter und steigt nach und nach in Richtung Osten an, ohne jemals höher zu werden als die Dachfirste der Kasernenbaracken.

Aus der Gedenkstätte heraus gibt es keinerlei Ausblick, man sieht nur den Himmel: „nach zwei Schritten im Licht befindet sich der Besucher an einem Ort, von dem er noch nicht weiß, dass der einzige Blick in den Himmel geht“. Innerhalb des Gebäudes haben lediglich die gemeinsam genutzten Orte (pädagogische Räume, Café) eine aus den drei Patios kommende indirekte Beleuchtung.
 

Anm.: alle Zitate stammen von dem Architekten

 

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