Das Gedenken an den Widerstand: Mont-Valérien
Die Erinnerung an den Widerstand in Frankreich zeigt sich auf verschiedene Arten in den Landschaften. Auf Seiten der Widerstandsgruppen hat sich der monumentale Bau des Mémorial de la France combattante auf dem Mont-Valérien durchgesetzt, der zum ersten hohen nationalen Erinnerungsort wurde. Er ist zweifelsohne eines der wichtigsten Symbole der Patrimonialisierung der geschichtlichen Orte des Zweiten Weltkriegs durch den Staat.
Zwischen dem Frühling 1941 und dem Sommer 1944 wurden etwa 1.008 Männer auf dem Mont-Valérien hingerichtet, auf einer Lichtung in der Mitte des zweiten Glacis dieser militärischen Festung, deren Bau Mitte des 19. Jahrhunderts fertiggestellt wurde. Am 1. November 1944 führten die Feierlichkeiten riesige Menschenmengen an die Orte des Martyriums der Helden, wobei sich Organisationen aus dem Untergrund, Familien und neue Führungskader der wiedererlangten Republik vermischten. Aus Paris findet sich General de Gaulle am Friedhof von Ivry, am Carré des fusillés sowie auf dem Mont-Valérien ein. Dort, alleine vor dem Abhang, an dessen Fuße sich noch wenige Monate zuvor die Erschießungsstätten befanden, erwies der Chef der provisorischen Regierung der Republik jenen die Ehre der Nation, die man damals unter dem allgemeinen Begriff Helden oder Märtyrer zusammenfasste. Am Ende dieser Feier versprach General de Gaulle, dass auf dem Mont-Valérien, einem im Krieg allen bekannter Ort, der „Hohe Erinnerungsort für das kämpfende Frankreich“ errichtet werde. Ein Jahr später, am 11. November 1945, wurde das vorläufige Denkmal für das kämpfende Frankreich in einer Kasematte eingeweiht, vor der ein Schild ein erstes Lothringer Kreuz bildete. Im Inneren ruhten fünfzehn, bald schon sechzehn sterbliche Überreste von „Für Frankreich Gefallenen“, die unterschiedlichen Arten des Engagements angehörten, dem Militär und dem Untergrund.
Hinrichtung der Widerstandskämpfer der Gruppe Manouchian, Lichtung der Erschossenen des Mont-Valérien, 21. Februar 1944. © Association Les Amis de Franz Stock/ECPAD
Unter diesen sterblichen Überresten der Helden, die durch die Ehrung der Opfer der Deportation ergänzt wurden, bleibt ein Grab leer. Es wartet darauf, dass der letzte Kamerad der Befreiung zu seinen Waffenbrüdern zurückkehrt, um diese Einheit zu vervollständigen. Um auf dem Mont-Valérien einen historischen Komplex zu errichten, der in das Zentrum der Werte der Nation die Erinnerung an alle Einsätze zwischen 1939 und 1945 stellte, musste man warten, bis General de Gaulle 1958 an die Macht zurückkehrte. Am 18. Juni 1960 wird das Mémorial de la France combattante, wie wir es heute kennen, eingeweiht. Es wurde konzipiert, um den Massen den Respekt vor dem Opfer der Kämpfer zu gebieten, die in der Krypta geehrt werden. Das monumentale Ensemble mit einer Fläche von mehr als 7.000 m2 ist das Werk von Félix Bruneau, einem freien Franzosen, der Ehrengeneralinspektor für zivile Gebäude und nationale Paläste sowie Kustos des Mont-Valérien seit 1944 war. Ein großer Exerzierplatz sowie eine Krypta werden in die Gräben der Festung gegraben. Diese Fläche wird durch die Fassade des Mahnmals begrenzt, die mehr als 110 Meter lang ist, sowie durch eine Straße, die ein V als Siegeszeichen bildet und die Anlage abschließt. Dabei scheint sie am Boden den Schatten des 12 Meter großen Lothringer Kreuzes abzubilden. Die Seiten des Vorplatzes steigen die Abhänge hinauf, welche die ehemaligen Gräben der Festung waren, mit zwei gigantischen Stufen, die den gesamten Komplex zeigen. Die Fassade wandelt an den Festungsmauern die symbolische Geschichte des Aufrufs vom 18. Juni auf 16 Hochreliefs ab, die, wie die 16 sterblichen Überreste der Krypta, die Vielfalt der Kämpfe zeigen, in denen die Franzosen eingesetzt wurden. In der Mitte befindet sich das Lothringer Kreuz aus rosa Granit, vor dem die Flamme des Widerstands brennt, die eine Schwester jener Flamme ist, die sich unter dem Triumphbogen befindet. Unter den Balken des Kreuzes führen zwei vollflächig mit Blattgold vergoldete Türen in die Krypta, in der nunmehr die „Für Frankreich Gefallenen“ ruhen, die aus dem vorläufigen Denkmal verlegt wurden, sowie die Urne der Deportation.
Lichtung der Erschossenen heute. © ONAC-VG
Die monumentale Konstruktion des Mémorial de la France combattante wurde auch ab diesem Zeitpunkt zum verpflichtenden Ein- und Ausgang für die Besucher der Lichtung der Exekutionen. Nach dem Beschreiten der Stufen, die von der Krypta zum Pfad der Erschossenen führen, sind jene, die diesen Weg beschreiten, von dem Kontrast dieser beiden Räume betroffen. Einerseits der mineralische, feierliche Aufbau und andererseits ein Weg zwischen den Bäumen des Waldes hindurch, entlang den von Pflanzen überwucherten Kasematten bis zur Kapelle. Seit dem Sommer 1944 wurde der Pfad der Erschossenen nicht verändert, was die Lichtung in der empfindlichen Stille des der Einkehr zuträglichen Unterholzes erstarren lässt. 1959 wird ein zusätzlicher Weg gebaut, der die Lichtung umgeht, ohne sie zu durchqueren. Er erhält daher den Namen Parcours du souvenir (Pfad der Erinnerung) und verbietet selbst erklärende Worte, da noch nicht die Zeit für das Gedenken gekommen ist, sondern für die Erinnerung an die Vermissten. Dieser Weg, der den Besucher von der Krypta, die an der niedrigsten Stelle des militärischen Baus eingegraben ist, bis zur Kapelle führt, die sich fast am Gipfel des Hügels befindet, benutzt zahlreiche Treppen und lässt den Benutzer sich scheinbar in einem Labyrinth verirren. Mittlerweile führt ein Lehrpfad den Besucher und Schulklassen durch diese Erkundung. 2003 wird ein Denkmal in Glockenform eingeweiht, das vom Künstler Pascal Convert geschaffen wurde und auf dem die Namen aller Erschossenen eingraviert sind.
Wenn wir den Mont-Valérien über seine Landschaften, sein Aussehen und seine Räume betrachten, ist er ein einziger doppelter Raum. Gleichermaßen vertikal und horizontal, pflanzlich und mineralisch, vertraulich und feierlich, geschichtlich und gedenkend, natürlich und monumental... Insgesamt scheinen die verschiedenen Gedenkmaßnahmen des Staates für den Zweiten Weltkrieg vom Mont-Valérien auszugehen, sei es in seinem monumentalen Denkmal oder durch die historische Aufwertung eines Opferortes.