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Die Kanadier im Ersten Weltkrieg

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Die Schlacht von Vimy. Bild von Richard Jack.
Die Schlacht von Vimy. Bild von Richard Jack. Quelle: Kanadisches Kriegsmuseum

1914 war Kanada, wie auch Australien oder Neuseeland, keine Kolonie. Es war ein Herrschaftsgebiet, ein autonomer Staat, mit Anbindung an das Mutterland, die gegenseitig auf Freiwilligkeit basierte. Den Bewohnern des Herrschaftsgebiets war es freigestellt, das Mutterland finanziell oder mit militärischen Kontingenten zu unterstützen.

Corps 1

Unter der Regierung von Robert Borden greift das Land jedoch im August 1914 in das Kriegsgeschehen ein. Ohne Gegenstimmen stimmt das Parlament dem War Measures Act zu: Durch diese Erklärung hebt das Parlament die zivile Freiheit auf und reguliert zwei empfindliche Bereiche, indem sie Verhaltensregeln für den Krieg und die Mobilisierung eines Expeditionskorps bestimmt.
Aus militärischer Sicht ist Kanada jedoch nicht auf einen Krieg eingestellt. Die Armee umfasst knapp 3.100 Männer, die schlecht ausgerüstet und ungenügend ausgebildet sind. Die Einberufung von 60.000 Freiwilligen zum Wehrdienst trägt nicht wesentlich zur Verbesserung dieser Ausgangslage bei.
Die Freiwilligen melden sich in Massen: Insgesamt melden sich mehr englisch sprechende als französisch sprechende Freiwillige, deren militärische Traditionen und die Verbindungen zum alten Kontinent derzeit eher schwach waren. Innerhalb von wenigen Wochen waren im Lager von Valcartier, nahe Québec, über 32.000 Männer eingetroffen. Am 3. Oktober 1914 startet das erste kanadische Expeditionskorps in Richtung England. Weitere 6.000 Soldaten der späteren Provinz der kanadischen Konföderation von Neufundland (1949), die zwar eine britische Kolonie war, dienten im Regiment Neufundlands, das an der Westfront zu großem Ruhm kommen sollte.

Corps 2


Im Februar 1915 nimmt die 1. kanadische Division Position an der belgischen Front und in Nordfrankreich.
Im April rücken sie bis Ypern vor. In dieser Schlacht verlieren die Kanadier während des ersten Giftgaseinsatzes der Deutschen über 6.000 Männer. Dennoch halten sich die Kanadier tapfer und sind bald überall gefürchtet. Nach der Schlacht um Ypern marschieren die Kanadier weiter in Richtung Süden, um die alliierten Angriffe in Givenchy und Festubert zu unterstützen. Sie erreichen ihr Ziel, jedoch nur mit hohen menschlichen Verlusten.
1915 und später im Jahr 1916 machen sich drei neue kanadische Divisionen auf in Richtung Frankreich. Die Kanadier fordern die Errichtung eines kanadischen Korps, um ihre Truppen zu bündeln. Dieses Korps soll unter der Befehlsgewalt von Generalleutnant Alderson geführt werden: Generalmajor Currie übernimmt das Kommando über die 1. Division, während Generalmajor Turner die 2. Division übernimmt. Im Dezember 1915 wird die 3. Division Kanadas gegründet und unter das Kommando von Generalmajor Mercer gestellt.
Während der von Juni bis November 1916 geführten Schlacht an der Somme kommt es in Beaumont-Hamel zu einem furchtbaren Gemetzel, bei dem das neufundländische Regiment nahezu dem Erdboden gleichgemacht wurde. Aus den nur eintägigen Kämpfen am 1. Juli gehen von 800 Soldaten des Regiments nur 68 unversehrt hervor. Ende August sind die kanadischen Division am Angriff auf Courcelette beteiligt. Unter anderem durchbrechen sie an der Westfront den längsten der von den Deutschen errichteten Graben, den so genannten Staufen Riegel. Zwischen Juli und November 1916 wurden 25.000 Männer der kanadischen Truppen neutralisiert. Trotz der Schwindel erregenden hohen Verluste in Verdun und an der Somme entscheidet sich General Nivelle im April 1917 für einen Großangriff zwischen Soissons und Reims auf den Chemin des Dames. Die Müdigkeit und den einsetzenden Überdruss der Soldaten lässt er hierbei unberücksichtigt. Die britischen Truppen erhalten den Befehl, in den Region von Arras ein Ablenkungsmanöver zu starten.
Die Mission der Kanadier lautet die Eroberung des Kamms von Vimy, angesiedelt auf 6 km Länge, hoch über dem Flachland von Flandern und auf 150 m seit Ende 1914 sicher in deutscher Hand.
Dies war ein zentraler Punkt im deutschen Verteidigungssystem und schützte die strategische Verbindung zwischen dem Hauptteil der Hindenburglinie und den deutschen Verteidigungsanlagen, die bis in den Norden reichten. Die Mission wurde vorbereitet, überdacht, geplant wie nie eine andere Mission zuvor. Am 20. März 1917 beginnt die Bombardierung, die den Weg ebnen sollte. Der Angriff beginnt am Ostermontag, den 9. April 1917. Die zum ersten Mal zusammengelegten vier Divisionen waren im Laufe des Nachmittags Herr der Lage. Weitere drei Tage später hatten sie zwei weitere Stellungen der Deutschen eingenommen.

Gesamtansicht des Monuments, verfügbar in Großformat im Bereich Ressourcen. Quelle: Foto Jean-Pierre Le Padellec

10.600 kanadische Soldaten bezahlen mit dem Leben, weitere 3.500 werden getötet, aber auch die Deutschen verlieren während dem 10 km langen Rückzug 4.000 Männer an die Alliierten. Der Erfolg dieser Operation ist auf die rationelle und präzise Planung und Vorbereitung, jedoch auch auf die Tapferkeit der Kanadier zurückzuführen.
Die Schlacht von Vimy hat heutzutage in Kanada denselben Stellenwert wie der am 11. November unterzeichnete Waffenstillstand. 1988 erinnert Premierminister Brian Mulroney daran, dass heute noch viele die Meinung vertreten, dass das heute moderne Kanada den Schützengräber von Vimy nachempfunden sei. Soldaten aus Montréal oder Ottawa kämpfen gemeinsam als Kanadier und nicht als einzelne Subjekte seiner Majestät Georges V. Es war vielmehr in Vimy als es die Kanadier geschafft haben, aus dem Schatten Großbritanniens zu treten. Diese Soldaten wurden nicht länger als Kolonisten betrachten. Vielmehr gilt der 9. April 1917 als der Tag, an dem sich die kanadischen Bürger vereint und gemeinsam große Opfer gebracht haben.
Im Laufe des darauffolgenden Sommers erhält das Korps erstmals einen kanadischen Kommandanten: Arthur Currie. Aufgrund der steigenden Verluste lässt der Premierminister am 24. Juli 1917 das Gesetz über die Konskription ändern: Alle Ledigen oder Verwitweten ohne Kinder, zwischen 20 und 35 Jahren, müssen sich melden. Diese Maßnahme führt in Québec zu erheblichen Tumulten. Nahezu 50% der Kontingente in Québec verweigern den Dienst. Anschließend beteiligen sich die kanadischen Truppen an den Kämpfen um Passchendaele, die weitere äußerst hohe Verluste (15.650 Soldaten) mit sich bringen. Die Schlacht um Lens (nahezu 10.000 Tote) im August 1917 bringt weitere Verluste.
Aus der Schlacht um Cambrai gehen die Briten dank eines gelungenen Panzerangriffs als Sieger hervor. Die kanadische Kavalleriebrigade und das Regiment Neufundlands waren daran nicht unbeteiligt und machten ihrem Ruf alle Ehre. Dem neufundländischen Regiment wurde anschließend der Titel “königlich” verliehen, eine einmalige Ehrung während des Ersten Weltkriegs. Im Frühjahr 1918 starten die Deutschen ihren letzten Großangriff, den die Alliierten jedoch abwehren und zu ihrem Vorteil nutzen.
Da das kanadische Korps wesentlich zum Voranschreiten der Alliierten beitrug, ist der Zeitraum vom 4. August bis 11. November 1918 auch als die “100 Tage Kanadas” bekannt. Am 8. August gelingt den Kanadiern infolge ihres Angriffs ein deutlicher Vormarsch in der Region um Amiens. Dem Angriff ging keine Bombardierung voraus und die Kanadier hatten erfolgreich eine Truppenbewegung vorgetäuscht, wodurch der Feind vollkommen überrascht wurde. Flankiert von Australiern und Franzosen und mit vorausfahrenden Panzern gelingt den Kanadiern binnen drei Tagen ein Vormarsch von mehreren Kilometern. Für Ludendorff wird dieser Tag zum “Trauertag” der deutschen Armee.
Nach dem Einmarsch in Amiens teilen sich die Kanadier rasch in der gesamten Region von Arras auf. Ihr Ziel ist die Zerstörung der Hindenburglinie, dem Hauptverteidigungssystem der Deutschen. Am 2. September gelingt den kanadischen Truppen der Durchbruch und die Befreiung von Arras. Das 22. Bataillon von Québec nimmt Chérisy ein und verliert dort sämtliche Offiziere. Am Abend des Kampfes zählt die Einheit nur noch 39 Männer. Anschließend befreien die Kanadier Valenciennes, den Mont Houy und treffen am Tag des Waffenstillstands in Mons ein. Zwischen 1914 und 1918 zählen die kanadischen Streitkräfte 619.639 Männer und Frauen (450.000 in Frankreich und Belgien). Über 65.000 bezahlen den Einsatz mit dem Leben.

externen Websites :

Anciens combattants canadiens

Musée canadien de la guerre

monuments aux mort :

62_Vimy_Mémorial

62_Vimy