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Gedenken im Ausland

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Festakt zum 100. Jahrestag des Waffenstillstands des Ersten Weltkriegs, 11. November 2018, Friedhof von Gulele, Addis Abeba, Äthiopien © Französische Botschaft in Äthiopien

Oberst Stéphane Richou war bis zum Sommer 2020 Verteidigungsattaché in Äthiopien. Neben den Aufgaben zum Schutz und zur Förderung der französischen Interessen im Verteidigungsbereich organisierte er in dieser Funktion zahlreiche Gedenkaktionen, um das gemeinsamen Gedenken der beiden Länder zu stärken.

Corps 1

 

Le lieutenant-colonel  Stéphane Richou

Oberstleutnant Stéphane Richou. © DR

 

Frankreich verfügt über ein steinernes Gedenkerbe in Äthiopien. Worin besteht der Grundpfeiler für das gemeinsame französisch-äthiopische Gedenken?

Das steinerne Erbe Frankreichs in Äthiopien besteht vor allem aus dem Ort der französischen Botschaft selbst, die ein wahrer Zeuge der jahrhundertealten Freundschaft ist, die unsere beiden Länder verbindet. Sie wurde nach dem Ersten Weltkrieg im August 1919 Sitz einer Militärmission. Als erste auf dem afrikanischen Kontinent ist sie seit einem Jahrhundert ein Symbol der Kontinuität unserer Verteidigungsdiplomatie. Wir konnten am 24. September dieses hundertjährige Jubiläum im Beisein von 300 Gästen aus Frankreich und Äthiopien feiern.

Darüber hinaus wurde am 16. Dezember 2018, dem Jahrestag des Verschwindens der letzten Besatzung der Aden-Staffel, ein französischer Abschnitt am Soldatenfriedhof von Addis-Abeba eingeweiht. Mit entscheidender Unterstützung der Direktion für Kulturerbe, Erinnerung und Archive sowie der äthiopischen Sektion der Union nationale des combattants fanden die im Kampf gefallenen Flieger der freien französischen Luftstreitkräfte schließlich, 78 Jahre nach ihrem Tod, eine letzte Ruhestätte.

Es gibt aber mehrere gemeinsame Gedenken, wie jenes an den Koreakrieg. Wirkt sich diese gemeinsame Geschichte auf diplomatischer Ebene aus?

Die Wiederentdeckung der Verbindungen, die unsere französischen und äthiopischen Vorfahren im Laufe des Koreakriegs aufbauen konnten, waren ein tolles Mittel, um sich heute wieder kennenzulernen. Als die 12 Mitglieder des Veteranenverbandes des Koreabataillons der UNO die Einladung nach Addis-Abeba im Juni 2018 annahmen, organisierten wir ihren Aufenthalt rund um die Themen der Brüderlichkeit der Kämpfer, der heutigen Fortsetzung des Einsatzes im Dienste des Friedens mit Blauhelmen und der Zeitzeugenberichte gegenüber den jungen Studierenden der Universität Addis-Abeba. Die bei einer solchen Veranstaltung geknüpften Verbindungen zählen mehr als monatelanger Verwaltungsaufwand in den Gängen der Botschaft!

Sie haben außerdem anlässlich der Hundertjahrfeier des Ersten Weltkriegs viel Arbeit im Hinblick auf französische und deutsche Schüler geleistet...

Wir wollten die Hundertjahrfeiern des Ersten Weltkriegs in Addis-Abeba nach einem mehrdimensionalen Konzept gestalten. Im Nationaltheater der Stadt wurde im Beisein eines breiten Publikums der internationalen Gemeinschaft und der äthiopischen Zivilgesellschaft der Film „Merry Christmas“ mit anschließender Diskussion gezeigt. Es ging darum, als Europäer und Afrikaner gemeinsam über das Thema der Versöhnung nachzudenken, indem gemeinsame Merkmale zwischen der deutsch-französischen Freundschaft, die nach den Weltkriegen aufgebaut wurde, und der von beiden Ländern 2018 angestrebten Versöhnung zwischen Äthiopien und Eritrea gesucht wurden. Dann legten wir mit der Gründung eines „deutsch-französischen Clubs“ im französischen Gymnasium und dem Gymnasium der deutschen Botschaft den Schwerpunkt auf die Jüngsten. Die Arbeiten dieser Schülergruppe, die von einigen motivierten Professoren betreut wurde, konzentrierten sich auf das Gedenken an den Ersten Weltkrieg. Anschließend wurden die Zusammenfassungen und Ergebnisse anlässlich eines großen Tages zum hundertjährigen Jubiläum des Waffenstillstands im französischen Gymnasium einem breiten Publikum präsentiert.

 

cérémonie Éthiopie

Militärische Feier anlässlich des hundertjährigen Jubiläums der französischen Mission in Äthiopien, bei der die engen Beziehungen zwischen der französischen und der äthiopischen Armee im Rahmen einer bilateralen militärischen Kooperation betont wurden, die nach der Unterzeichnung mehrerer wichtiger Verträge beim Besuch des französischen Staatspräsidenten im März 2019 verstärkt wurden, französische Botschaft in Äthiopien, 24. September
© Französische Botschaft  

 

Wie lässt es sich verhindern, in eine Art Gedenkwiederholung an den wichtigen Jahrestagen wie dem 8. Mai und dem 11. November zu verfallen?

Die Ehrung der Kämpfer an diesen Jahrestagen ermöglicht die Förderung von Werten wie Einsatz, Mut und Patriotismus, während sie gleichzeitig sowohl an die Auslandscommunity als auch an unsere Partner sehr positive Botschaften übermittelt. Im Ausland ermöglichen diese Feiern mehr denn je, Brücken zwischen den Generationen und unseren Ländern zu bauen. Ich bin beeindruckt, wie sehr diese Aufmärsche in der französischen Botschaft von den Äthiopiern geschätzt werden.

Das Jahr 2020 ist im Hinblick auf das Gedenken sehr wichtig. Wie wird sich das in Äthiopien äußern?

Ich möchte im Laufe der nächsten Monate den heldenhaften Weg des Freien Frankreich anlässlich des 80. Jahrestages seiner Gründung hervorheben. Ich bereite daher eine große Veranstaltung in Gondar in den Schlössern Kaiser Fasilides‘ vor. General Monclar, Chef der freien französischen Ost-Brigade, der auf Seiten der äthiopischen Patrioten und englischen Streitkräfte an der Befreiung der Stadt teilnahm, wird gewürdigt werden. Neun Jahre später befehligte derselbe legendäre Offizier das französische Bataillon der UNO in Korea, das 1951 von den Äthiopiern des Bataillons Kagnew in Crèvecoeur abgelöst wurde. Der 70. Jahrestag des Koreakrieges bietet neuerlich eine Gelegenheit, die französisch-äthiopische Waffenbruderschaft zu feiern.

 
Gespräch mit Oberst Richou - Verteidigungsattaché in Äthiopien