Lage der Franzosen am 6. Juni 1944
Lage der Franzosen am 6. Juni 1944
Das Kieffer-Kommando am Vorabend der Landung Quelle: Museum 4. Kommando
Am 6. Juni 1944 startet an den Küsten der Normandie die Operation Overlord, bei der erste alliierte Armee eintreffen, um den Westen Europas vom Nazi-Joch zu befreien. Die an diesen Kämpfen beteiligten französischen Kräfte waren bereits auf 209 Männer geschrumpft, die in der Infanterie dienten, darunter 177 als Kommando und 32 Fallschirmspringer. Weiterhin beteiligt waren ungefähr 100 Soldaten der Jagd- und Bombenflieger sowie nahezu Hundert Marinesoldaten mit Kriegsschiffen. Trotz ihrer zahlenmäßigen Unterzahl im Vergleich zu den Flotten ihrer Mitstreiter, die in Frankreich landeten, waren diese Soldaten bereit, ihr Leben für ihr Land zu lassen. Ihre hervorragenden Leistungen und ihr Patriotismus wurden von ihrem Vorgesetzten, General de Gaulle, nach der Befreiung Frankreichs mit dem Verdienstkreuz ”Croix de Lorraine des Français” geehrt.
Inschrift der Mütze des französischen Marinakommandos. Quelle: Persönliche Sammlung
Das Kieffer-Kommando
Diese Einheit des 1. Bataillons der Marineinfanteristen wurde vom Korvettenkapitän Philippe Kieffer zusammengestellt. Sie war Teil des französisch-britischen 4. Kommandos unter Leutnant Dawson, der 1. Special Service Brigade unter General Lovat.
Die Operation Overlord sah vor, dass diese Brigade als erste an Land ging, bevor dann die 3. Division der britischen Infanterie am Strand von Sword als 4. Kommando landen und Ouistreham angreifen sollte. Das 1. B.F.M. hatte die schwere Aufgabe, das große Blockhaus einzunehmen, das im alten Casino von Riva Bella errichtet wurde. Dieses war eingebettet in eine Kluft aus Panzern, Kanonen und Maschinengewehrposten, die als Schussposten genutzt wurden. Die Franzosen gingen in der Nähe von Corksmouth in zwei Truppen bei den LCI (Landing Craft Infantry) 526 und 527 an Land, um dann beim Wechsel der Gezeiten und unter feindlichem Beschuss nach La Brèche, der Gemeinde von Colleville, vorzudrängen. Es ist 7.31 Uhr. Der Angriff erfolgt gegen 11.15 Uhr.
Das Kieffer-Kommando: Quelle: Museum 4. Kommando
Bereits nach 15 Minuten sind 4 Offiziere verletzt, darunter auch Leutnant Dawson und Kommandant Kieffer. Weitere 30 Männer sind tot oder verletzt. Die Episode ”Casino von Riva-Bella” hat auch heute noch einen beachtlichen Stellenwert: Das auf dem alten Casino von den Deutschen errichtete Bauwerk wurde unaufhörlich von den Grünhelmen unter Beschuss genommen. Der Arzt und Hauptmann Lion sowie der Unterleutnant Hubert wurden getötet. Kommandant Kieffer, der sich Unterstützung durch die kurz zuvor gelandeten Panzer holte, kehrte an den Schauplatz zurück und nahm die feindliche Stellung nach und nach ein, bevor es dem Feind gelang, sein Kommando vollständig auszulöschen.
Gegen 12.30 Uhr versammelten sich die Überlebenden, um sich mit den Fallschirmjägern der 6. britischen Luftwaffe in Bénouville zu vereinen. Aufgabe dieser Einheiten war es, zwei Brücken und eine Schleuse zu halten, um die Deutschen daran zu hindern, Verstärkung in den Westen von Orne zu schaffen. Im Laufe des Nachmittags überwinden die Kommandos an der Brücke von Bénouville (”Pegasus Brücke”) die Orne, um gegen 20.00 Uhr bis Amfréville vorzurücken. In den folgenden Tagen folgten Patrouillen und Kämpfe an vorderster Front und die feindlichen Gegenangriffe konnten am 9. und 10. Juni gestoppt werden. Der nach England geflüchtete Kieffer kehrt am 14. Juli mit Verstärkung an den Kriegsschauplatz zurück, wo ihm General Montgomery das Kriegsverdienstkreuz verleiht. Die französischen Kommandos kämpfen im Wald von Bavent vor Dives. Am 24. August gelingt ihnen die Befreiung von Pont-L'Évêque. Der Feldzug und die Kämpfe gegen den Feind in der Normandie dauern 83 Tage an. Von den 117 gelandeten Männern blieben nur 24 unversehrt.
Die Seestreitkräfte Frankreichs
Operation Neptune war Teil der Overland-Operation, an der sich die französische Marine tatkräftig beteiligte, einschließlich der alliierten Seestreitkräfte unter Admiral Ramsay.
Die Combattante, ein legendäres Schiff, das seinen Namen zu Recht trägt - Foto ECPAD
In Ergänzung zu den Marineinfanteriekommandos landeten am 6. Juni die so genannten Free French Forces im Juno Beach mit dem Torpedoschiff La Combattante. Ihr Ziel waren die Batterien und das Blockhaus von Courseulles, während die Fregatte La Découverte und der Korvettenkapitän d'Estienne-d'Orves die kanadischen Truppen eskortierten. Entlang der gesamten Goldküste war die Fregatte La Surprise im Einsatz, um die britischen Operationen zu schützen. Gegenüber dem Utah Beach lagen die Fregatten L'Aconit und La Renoncule auf Beobachtungsposten, um feindliche U-Boote aufzuspüren. In Omaha (Sektor Vierville, Saint-Laurent, Colleville) hatten die Fregatten Escarmouche Stellung bezogen. Die Aventure und die Korvette Roselys begleiteten die amerikanischen Konvois des 5. amerikanischen Armeekorpses. Im Bereich der Manche waren acht französische Schnellboote der 23. Staffel auf ständiger Patrouille. Die am 3. Juni aus Irland eingetroffenen beiden Kreuzer Georges-Leygues und Montcalm mit 7.500 Tonnen und einem Versorgungsschiff mit 10.000 Tonnen, dem Kreuzer Duquesne, standen unter der Befehlsgewalt von Admiral Jaujard. Sie unterstützten die Bombardierung und Verteidigung der Omaha-Zone, indem sie in vier Tagen mehrere Tausend Granaten abfeuerten. Am 16. Juni ziehen sie sich aus dieser Operation zurück.
Die Korvetten und Fregatten pendelten unaufhörlich zwischen den englischen Häfen und der französischen Küste. Sie überwachten und beschützten die Landung der Frachtkähne, die Verladung von Soldaten und Material, sie nahmen auf der Rückfahrt Verletzte und Evakuierte mit und hauptsächlich die Schnellboote, Torpedoboote, U-Boote und die schwimmenden Minen griffen auch bei feindlichen Angriffen ein. Während der Landung spielte auch ein weiteres Schiff indirekt eine wichtige Rolle: Am 9. Juni wurde der alte und nicht mehr mit Waffen bestückte Panzerkreuzer Courbet, sowie weitere Schiffe, insbesondere Hermann, als Wellenbrecher genutzt.
Die Luftstreitkräfte Frankreichs
Blenheim der Lorraine-Gruppe. Quelle: Foto SHD
Sie erfüllten ihre Mission und ihre Einsätze waren sehr effizient. Der Gruppe der legendären Bomber Lorraine 1/20 gelang es mit einer Rauchwand, die deutsche Verteidigung am Omaha Beach deutlich zu behindern. Hierzu gehörten auch die Schwerbomber der tunesischen Touraine-Gruppe sowie die Jagdgeschwader des Elsass. Durch die Unterstützung der alliierten Luftstreitkräfte gelang es Ile-de-France, Cigognes und Berry, ihre Angriffe erfolgreich fortzusetzen. Die Luftstreitkräfte standen unter der Befehlsgewalt von Marschall Leigh-Mallory. Unter den ersten Toten am “Tag J” waren auch die französischen Luftstreitkräfte: Die im Morgengrauen gemeinsam mit der Lorraine-Gruppe aufgebrochene Truppe Boston, Teil der Besatzung der Boissieux-Canut-Henson, kehrte von ihrer Mission nicht mehr zurück.
Die S.A.S.
Die Landung in der Normandie polarisierte einerseits die Aufmerksamkeit der Akteure, dennoch waren andere Franzosen bereits an diversen Aktionen beteiligt. In der Nacht vom 5. auf den 6. Juni wurden zwei Gruppen des 2. Fallschirmjägerregiments unter Kommando von Leutnant Bourgoin und Teil der S.A.S. (Spécial Airborne Service) oberhalb der Bretagne abgesetzt. Ihre Mission war es, eine Basis für weitere Fallschirmjäger aufzubauen und Sabotagen zu verhindern, um letztendlich die deutschen Verstärkungstruppen am Vormarsch in Richtung Normandie zu hindern. Die Männer unter dem Kommando von Leutnant Botella und Leutnant Deschamps errichteten im Wald von Duault, südlich von Guingamp eine Basis (Operation Samwest).
Spécial Air Service - Die S.A.S. Quelle: Foto DMPA
Die Truppen unter Hauptmann Marienne und Hauptmann Desplante, stationiert oberhalb des Waldes von Saint-Marcel (Operation Dixon) wurden kurz nach ihrer Ankunft auf dem Boden entdeckt. Der verletzte Obergefreite Bouëtard wurde von einem Ukrainer der deutschen Armee getötet. Er war der erste Franzose, der im Befreiungskampf getötet wurde. Dennoch gelang der Gruppe die Flucht. Es gelang ihnen, einen Sammelpunkt zu errichten, wo sich die Anführer des bretonischen Widerstands treffen konnten. Weitere “Sticks”, jeweils bestehend aus 3 - 5 Männern, konnten sich in der Nacht vom 6. auf den 7. Juni und zwischen dem 9. und 17. Juni retten. Nach und nach trafen immer mehr Widerstandskämpfer ein und dank der Unterstützung der englischen Flieger führten erste Guerilla-Aktionen zum gewünschten Erfolg. Am 11. und 12. Juni griffen die Deutschen den Sektor Duault an. Sie konnten aber von den Widerstandskämpfern und den Fallschirmjägern zurückgedrängt werden, bevor diese dann die Basis evakuierten. Die Basis von Saint-Marcel wird am 18. Juni nach erbitterten Kämpfen zerstört. Nach wochenlangen offenen Kämpfen folgte eine unbarmherzige Unterdrückung, gefolgt vom Auseinandersprengen der Fallschirmjäger, Widerstandskämpfer und F.F.I. Hauptmann Marienne wird am 13. Juli von einem Franzosen getötet, der für die Gestapo agierte.
Die Ankunft von General de Gaulle
Aufgrund der angespannten Beziehung zwischen ihm und dem amerikanischen Präsidenten Roosevelt, wurde die Ankunft von General de Gaulle erst am Vorabend bekannt. Am 14. Juli 1944 betritt er am Strand zwischen Courseulles und Graye-sur-Mer erstmals wieder französischen Boden.
General de Gaulle in Courseulles. Quelle: Foto: Gedenkstätte von Caen
Der Panzerkreuzer La Combattante verlässt um 8.15 Uhr Portsmouth und trifft um 12.30 Uhr am Juno Beach ein. Eine Stunde später wird der Chef des Freien Frankreichs in einem Amphibienfahrzeug abgeholt, gefolgt von einer 14 Mann starken Gruppe, darunter General Koenig und General Béthouart (Kommandant der F.F.I. und Stabschef der französischen Streitkräfte), Admiral Argenlieu (Kommandant der F.N.F.L.), François Coulet, zukünftiger Regionalkommissar der Republik, Leutnant Chevigné, Militärbeauftragter der vorübergehend provisorisch eingesetzten Regierung,
Im Jeep wurde de Gaulle ins Hauptquartier von General Montgomery, Oberbefehlshaber über die Bodentruppen (1. amerikanische Armee und 2. britische Armee), gebracht, das im Schloss von Creullet in Creully untergebracht war. Die Unterredung zwischen den beiden Generälen dauerte von 14.15 Uhr bis 15.00 Uhr. Anschließend begibt sich de Gaulle nach Bayeux. Die Reaktion und der Empfang der Bevölkerung waren Legitimation genug für sein Handeln. Seine Rede, ähnlich der, die er in Isigny gehalten hat, war sinnbildlich für seine politische Durchsetzungskraft. Noch am selben Abend kehrt er nach Courseulles zurück, jedoch nicht ohne vorher seine Männer mit bestimmten administrativen Aufgaben zu instruieren. Am selben Tag betreten die Überlebenden des 1. Bataillons der Marineinfanteristen an der Front von Caen einen sensiblen Sektor, nämlich den zwischen Caen und Amfréville. Nahezu vier Jahre nach dem Waffenstillstand vom Juni 1940 gehört der nationale Boden wieder zu einem freien Frankreich.
Erste Ansprache von General de Gaulle in Bayeux am 14. Juni 1944. Regionalrat der Basse-Normandie / Nationalarchive der USA
sites internet externes :
Musée de la Paix
Site du Musée Mémorial d'Omaha Beach
Normandie44 la mémoire