L'émancipation des femmes dans la Grande Guerre
Corps 1
Hat der Erste Weltkrieg zur Entwicklung der Emanzipation der Frau beigetragen ?
Corps 2
Das kollektive Gedächtnis vermittelt mit dem Bild der Garçonne oder der weiblichen Arbeit gern die Vorstellung, dass der Erste Weltkrieg die Emanzipation der Frau gefördert hat. Aber um die Frage nach dem Einfluss der Kriege auf die Beziehungen zwischen den Geschlechtern in den Gesellschaften ist viel Tinte geflossen, und die Diskussion ist noch nicht zu Ende. Die ersten Arbeiten über die Geschichte der Frauen (in den Jahren 1960 bis 1970), bestärkt durch Interviews mit Schauspielerinnen der Zeit, zeigten, dass der Krieg nicht nur Männersache ist, dass er die Frauen an Aufgaben heranführt, die Kompetenz und Verantwortung fordern, dass er sie in politische Kämpfe verwickelt, woraus sich häufig in den westlichen Demokratien ihr Zugang zu politischen Rechten ergibt, und es wurde oft dern Schluss gezogen, dass Kriege als Ferment für die Emanzipation der Frau wirken. Dann haben Historikerinnen nach einer neuen, kritischen Lektüre der Quellen und einer mehr auf die Beziehung bezogene Annäherung auf den eher provisorischen, oberflächlichen oder relativen Charakter dieser Änderungen auf Grund der Konflikte hingewiesen. Durch seine Natur, durch das Trauma, das er hervorruft, scheint der Krieg eher konservativ oder rückschrittlich auf die Beziehungen der Geschlechter zu wirken. Neuere Untersuchungen gehen in ihren Interpretationen in eine andere Richtung.
Sie setzen wieder die 20er Jahre, in denen die sexuelle Identität in Unordnung gerät und sich das positive Bild der Garçonnes und der Lesbierinnen durchsetzt, den Verkrampfungen der 30er Jahre gegenüber; sie geben dem Einfluss der Kriege ein geringeres Gewicht innerhalb einer kontinuierlichen emanzipatorischen Entwicklung auf Grund der besseren Lebensverhältnisse und der allgemeinen Entwicklung des Individualismus; oder sie verteidigen die These von einer tief greifenden Änderung in den Beziehungen zwischen Männern und Frauen (Störung der geschlechtlichen Identitäten, Annäherung der Rollen und Schwächung der hierarchischen Ordnung). Diese Meinungen werden von beiden Seiten geäußert, wobei sich in Nuancen die Standpunkte annähern, die heutzutage die Schwierigkeit betonen, eindeutige Schlüsse zu ziehen und auf die Bedeutung hinweisen, die die Ebene der Beobachtung hat (Individuum, Gruppe, Gemeinschaft), die beobachtete Chronologie (kurz, mittel oder langfristig), der Blickwinkel der Annäherung (sozial, kulturell, juristisch...) und vor allem die Unterschiede zwischen den Frauen: Klassenunterschiede, Altersunterschiede, nationale Unterschiede, Unterschiede im Wohnsitz. Die Frauen: Ersatzarbeitskräfte ? Was geschieht mit den französischen Frauen im Augenblick des Waffenstillstands und in den Monaten oder Jahren, die dem Ende der Feindseligkeiten folgen? La Garçonne heißt der erste Band der 1922 erschienenen Romantrilogie La femme en chemin (Die Frau unterwegs) von Victor Margueritte, der zum skandalumwitterten Erfolg wird und Anlass dafür ist, dass der Autor aus der Ehrenlegion ausgestoßen wird. Aber der Sinn dieser "tugendhaften Fabel" (Ausdruck des Autors), in der die Heldin mit Kurzhaarfrisur und wirtschaftlicher und sexueller Unabhängigkeit schließlich die Erlösung im Paar findet, ist zweideutig. Es ist besser, einen Blick auf die sozialen und politischen Realitäten der damaligen Zeit zu werfen. Die Frage der Arbeit muss langfristig gestellt werden. Auf Grund des Mangels an Arbeitskräften war das malthusianistische Frankreich von vor 1914 ein Einwanderungsland, in dem viele Frauen arbeiteten: die Frauen bildeten etwas über ein Drittel (7,2 Millionen) der arbeitenden Bevölkerung. Wie die jungen Leute oder die Arbeitskräfte aus den Kolonien wurden sie ab 1915, häufig gegen ihren Willen, aufgerufen, um die eingezogenen Männer zu ersetzen (über 8 Millionen) und als "munitionnettes" in den Munitionsfabriken zu arbeiten. Die "Mobilmachung" der Frauen ist allerdings begrenzt geblieben, das weibliche Personal in Industrie und Handel übersteigt Ende 1917 nur um 20% sein Niveau von vor dem Krieg. Als das Ende des Konflikts in die Nähe rückte, schlugen die Lobreden in das Thema der profitsüchtigen Frau um, und sie wurde aufgefordert, ihren Platz dem Soldaten zurück zu geben und an den Herd und zu den traditionell weiblichen Berufen zurück zu kehren (insbesondere Schneiderei und Hausarbeit).
Brutaler als die militärische Demobilisierung zeigt die Demobilisierung der Frau den Willen, zur Normalität zurück zu kehren, d.h. zu der vorher bestehenden Situation, auch wenn das bei 1,4 Millionen gefallenen Soldaten, d.h. mehr als 10% der aktiven männlichen Bevölkerung von 1914, ohne die Verwundeten und Kriegsversehrten zu rechnen, gar nicht möglich ist. In diesem Zusammenhang sind die Änderungen der Nachkriegszeit weniger von einem allgemeinen Anstieg der weiblichen Arbeit gekennzeichnet als von der Notwendigkeit neuer Möglichkeiten und der Änderung der geschlechterspezifischen Trennung der Arbeit. Die Zahlen der Volkszählungen, die mit Vorsicht behandelt werden müssen (insbesondere wegen der zu geringen Vertretung von unbezahlten weiblichen Arbeiten), zeigen zwischen den Zwanzigerjahren und den Sechzigerjahren (1962 gibt es nur 6,5 Millionen arbeitende Frauen) eine Verringerung der weiblichen Arbeit, d.h. der Krieg hat die Tendenz des 19. Jahrhunderts, in dem die weibliche Arbeit anstieg, umgekehrt. Aber diese Verringerung, die seit den 20er Jahren auf die abnehmende Arbeit in der Landwirtschaft (Witwen oder unverheiratete Mädchen ziehen in die Stadt) und das Schrumpfen der Alterspyramide der arbeitenden Bevölkerung zurück zu führen ist, verdeckt vor sich gehende Veränderungen. Einerseits verschärft sich die Krise der Dienstmädchen, weil diese Arbeit als zu wesensfremd beurteilt wird. Andererseits wird der Zusammenbruch der Schneiderberufe und der Heimarbeit (außer in Paris) ausgeglichen durch das Anwachsen der Anzahl der Frauen, die in der modernen großen Bekleidungsindustrie arbeiten, wo sie zu gleichförmiger, unqualifizierter Arbeit benutzt werden. Schließlich ist es der Dienstleistungssektor, auf den sich die weibliche Aktivität allmählich konzentriert: in Handel, Banken, Verwaltung, Post, wo es auf freundliche Umgangsformen ankommt, wie auch im sozialen und Pflegebereich, die allmählich professionalisiert werden (Schaffung von Diplomen für Krankenschwestern, Gesundheitsfürsorgerinnen in Fabriken, Fürsorgerinnen), ebenso im Unterrichtswesen und in den freien Berufen. Die Schaffung eines Abiturs für Mädchen 1919 und die Anpassung der männlichen und weiblichen Sekundarschulen 1924 ermöglichen es schließlich den jungen Mädchen, zu studieren und qualifizierte Berufe zu ergreifen. Die Angst, nicht zu heiraten und die Änderung der Vermögensverhältnisse bei der Mittelklasse trägt zu der Feminisierung des Dienstleistungssektors bei und ermöglicht es den jungen Mädchen aus bürgerlichen Familien, einen Beruf auszuüben und ein gewisses Recht auf Arbeit zu erhalten. In dieser Hinsicht sind sie es, die durch den Krieg am meisten gewonnen haben, und sie wissen, dass sie nicht mehr wie ihre Mütter leben werden. Ihre Vorbilder sind aktive und unabhängige Frauen, die Tennisspielerin Suzanne Lenglen, die Forscherin Marie Curie, die Schriftstellerin Colette oder die Kämpferinnen im sozialen Bereich. Allerdings ist die berufliche Gleichstellung im Hinblick auf die Wahlmöglichkeit, die Verantwortung oder Bezahlung noch nicht an der Tagesordnung, und die berufstätigen Frauen unterliegen noch vielen Zwängen, vor allem im Hinblick auf das Benehmen.
Was geschieht im Bereich der bürgerlichen und politischen Rechte? Der mächtige und vielseitige Feminismus der Belle Epoque war ein Feminismus der Rechte, der nach der Ausbildung der Frau und ihrem Recht auf Arbeit die Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches (die verheiratete Frau ist juristisch eine Minderjährige) und das Wahlrecht forderte. Als Höhepunkt einer seit mehreren Jahren aktiven Suffragettenkampagne hätte das Jahr 1914 zum Jahr der Frau werden können, denn die Französinnen hofften, an den Gemeindewahlen von 1916 teilnehmen zu können. Aber der Krieg macht dieser Dynamik ein Ende und setzt die Prioritäten neu: die feministische Bewegung setzt ihre Forderungen aus und nimmt an dem patriotischen Elan der Union sacrée teil, bevor sie umsonst eine Belohnung für den weiblichen Patriotismus fordert. Der Code civil wird erst 1938 geändert, wobei die gesetzliche Bestimmung, die verheirateten Frauen die volle Rechtsfähigkeit zuerkennt, noch durch die Güterstandsregelungen eingeschränkt wird. Als Zeichen einer demographischen Obsession betreffen die gesetzlichen Maßnahmen aus dem Beginn der 20er Jahre (Gesetze vom 31. Juli 1920 und 27. März 1923, in der jede Information über Geburtenregelung unterbunden und der Schwangerschaftsabbruch unter Strafe gestellt wird) nicht das Wahlrecht der Frauen, sondern die Kontrolle ihres Leibes, um sie zu zwingen, Mütter zu werden. Trotz des Beispiels der europäischen Nachbarn (Großbritannien, Deutschland, Österreich, Niederlande...) und anderer Staaten auf der ganzen Welt (138 Millionen Frauen wählen 1920 in 24 Staaten), trotz des Aktivismus der militanten Feministinnen (Petitionen, leere Stimmzettel, internationale Konferenzen) muss das berühmte dreifarbige Plakat der Suffragetten in Europa Frankreich in Schwarz darstellen (keine weibliche Stimme), ebenso wie die weit entfernte und archaische Balkanhalbinsel. Nach einer widersprüchlichen Debatte im Mai 1919 über die Gemeindewahl der Frauen und in Anbetracht der Auswirkungen der Gemeindewahl auf die Wahlen zum Senat stimmen die Abgeordneten mit großer Mehrheit (334 Stimmen gegen 97) für den Gegenplan von Andrieux-Bon-Dumont, in dem das volle Wahlrecht der Frauen gefordert wird. Aber die Senatoren weigern sich, das Problem auf die Tagesordnung zu setzen, bevor sie im Oktober 1922 dagegen stimmen(1).
Einerseits die Reserven der Rechten, wenn es um Frauen auf der politischen Bühne geht, andererseits die Angst der radikalen Partei, dass die Frauen konservativ wählen könnten, dies ist das Szenarium, das sich zwischen den Kriegen mehrmals wiederholt und erst spät zur Einführung des allgemeinen Wahlrechts führt (1944). Allerdings wird das politische Monopol der Männer nach dem Krieg von 1914-1918 teilweise erschüttert: das öffentliche Leben wird für die Frauen zugänglicher, wie sich z.B. an der Wahl von Frauen in den Gemeinderat (mit beratender Stimme) zeigt, an der Anerkennung des Fachwissens weiblicher Vereinigungen zu Themen der Gesundheits- und Sozialpolitik und an der Aufnahme von drei Frauen als Unterstaatssekretärinnen in die Regierung der Volksfront. Emanzipation? Als Teil einer Demokratisierung der Mode scheint die auffälligste und umfassendste Neuerung die Freiheit in Gang und Bewegung zu sein, die in der Einsamkeit und der Ausübung von Verantwortung gelernt wurde. Befreit von den Zwängen des Korsetts, langer und enger Kleider, störender Hüte und Haarknoten (Herrenschnitt), kann sich der weibliche Körper nun bewegen. Allerdings gelten die unabhängigen Verhaltensweisen bestimmter Frauen, die aus der Erfahrung des Krieges entstanden sind oder sich auf die modernen Ansichten der Zwanzigerjahre berufen, nicht für alle, sie werden durch politische und kulturelle Manifestationen des Traumas erstickt, das das französische Volk erlebt hat. Da wir diese Untersuchung nicht weiter vertiefen können(2), erinnern wir nur kurz an das Gewicht der Trauer und der Frontsoldaten oder auch die Bedeutung sozialer und politischer Gedanken über die notwendige Unterschiedlichkeit der Geschlechter. In dieser Hinsicht lassen tief greifende Änderungen länger auf sich warten...
Notes : (1) Wir möchten auf andere erfolglose Vorschläge hinweisen: Familienwahl (Stimmenzahl proportional zur Größe der Familie), Wahlrecht für die Toten (Wahlrecht für die Kriegswitwen und die Mütter gefallener Soldaten). (2) Eine ausführliche und mit Anmerkungen versehene Fassung dieses Artikels ist erschienen in 1914-1918: combats de femmes (Kampf der Frauen) (Herausg. Evelyne Morin-Rotureau). Autrement, 2004 (unter dem Titel: "La guerre, et après?" (Der Krieg, und dann?)