1848 schreibt Georges Kastner, Autor eines allgemeinen Handbuchs für die Nutzung der Musik in der französischen Armee: “Die Musik ist die älteste und weltweit am meisten verbreitete aller Künste”. In der Geschichte der Menschheit nimmt sie einen ganz speziellen Platz ein. Sie löst nicht nur angenehme Stimmungen aus, sondern sie hat auch die Macht, im Menschen gewisse Entwicklungen zu fördern und tiefe, lang anhaltende, edelmütige und manchmal auch überwältigende Gefühle auszulösen.
Nächtliche Feier des 1. RTM während der Siegesparade 1945, Paris Quelle: 1. R.T.
Die Armeen nutzen diese Kunst, um Soldaten zu Höchstleistungen anzuspornen und sie zu begeistern, indem die Kampfhandlungen verherrlicht werden und die Soldaten furchtlos dem Tod gegenüber treten. Dennoch ist es nicht das einzige Ziel der Musik, die Kampfleidenschaft der Soldaten und ihren Siegesdrang zu wecken: Auch während den Manövern, Übungen und in den Quartieren ist es die Musik, die den Ton bestimmt. Sie unterstreicht Entwicklung, Aktionen, Befehle und sorgt im Alltag für Harmonie. Während den langen Märschen bietet sie den Soldaten Unterstützung, die Arbeit wird leichter durch die Musik, sie bietet Entspannung und die Anstrengung weicht schneller mit musikalischer Untermalung. Fern ab vom Schlachtfeld oder Quartier gilt die Musik als wichtige Verbindung zwischen Zivilisten und Militärs. Sie ist nicht nur Aushängeschild der Streitkräfte, sondern insbesondere auch eine Quelle des Vergnügens und der Ablenkung.
Egal in welchem Zeitalter und in welchem Land ist die Musik ein wichtiger Bestandteil sämtlicher Militäreinrichtungen. Sie drückt sich aus in Schreien, Gesängen, Geräuschen und unterschiedlichen Instrumenten verschiedener Zivilisationen. Weitere Ausdrucksweisen sind eher geregelt, harmonisch, voller Charme oder auch feierlich und mit perfekt abgestimmten Rhythmen. Im Militärbereich der Antike und zu Beginn des Christentums wurde die Musik ausschließlich für den Kampf oder als Übertragungsmedium genutzt. Die Instrumente ließen sich in drei Hauptgruppen unterteilen: Flöten, einschließlich Quer- und Panflöten; Leier oder Zither, Chélys-Leier oder Phorminx; Trompeten, die jedoch noch nicht ausgereift und somit schwer zu spielen waren. Diese drei Gattungen wurden ergänzt durch weitere Instrumente, die für Rhythmus und mehr Volumen sorgten.
Während des französischen Königreichs, dem Mittelalter und insbesondere in der Renaissance wurde die Trompete immer mehr zum bevorzugten militärischen Instrument. Die Trommel war sehr beliebt bei der Infanterie, wohingegen die Pauke hauptsächlich von der Kavallerie genutzt wurde. Mit den Kriegsschiffen des Königreichs landeten auch Musiker an den Schauplätzen und sorgten dafür, dass das Ansehen des Kommandanten entsprechende Achtung erhielt. Trommeln, Trompeten und später auch die Querpfeifen sind die Instrumente, die hauptsächlich auf Kriegsschiffen zum Einsatz kamen.
Nächtliche Feier des 4. Regiments der tunesischen Infanterie, Aquarell von A. Brenet. Quelle: 1. R.T.
Dem Hofmusikanten Philidor l'Aîné ist es zu verdanken, dass 1705 eine sorgfältige Sammlung entstand, die erste dieser Art, in der Märsche für Schlagzeug und Trommel, Melodien für Querpfeife und Oboe, Signale für Trompeten, Märsche für Trompeten und Pauken sowie Appelle und Signalfanfaren archiviert wurden.
In dieser Zeit entstand auch die Tradition, Melodien für bestimmte Gelegenheiten zu komponieren, die den Alltag der Soldaten beschreiben. Aus dieser Epoche stammen beliebte Märsche wie z. B. “La marche de Turenne”, “Auprès de
ma blonde” und “Malbrough s'en va t-en guerre”. In den folgenden Jahrhunderten entstehen verschiedene Texte, um die Bedeutung der Musiker weiter zu stärken. Die Texte erzählten von den Uniformen, der Ausrüstung, der instrumentalen Nomenklatur der musikalischen Formationen innerhalb der Armeen. Es entstehen Militärorchester, die sich immer mehr von den ersten Musikern unterscheiden, die ursprünglich hauptsächlich für die Signale im Einsatz waren.
Ziel der Marine war es, den Seeleuten Unterhaltung zu bieten und ihr Prestige zu gewährleisten. Sie setzten hauptsächlich auf Instrumente, die angenehme Stimmung verbreiten, z. B. Klarinette, Fagott, Oboe, Horn. Sie bedienten sich außerdem regional ansässiger Musiker, wie z. B. Dudelsackspieler für die Kriegsschiffe in der Bretagne oder Flöten- und Tamburinspieler auf den Kriegsschiffen, die vor der Küste der Provence im Einsatz waren. Diese Einbindung von regionalen Musikern ist auch heutzutage sehr beliebt, besonders für Bagad und Tamburin.
Die Melodien der Militärmusik, die Instrumente und ihre Verwendung unterliegen einer ständigen Entwicklung. Auf diese Weise wird auch der so genannte Pas redoublé geboren. Er basiert auf dem Modell des Menuetts, ein französischer Tanz aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Er verwendet nach einem bestimmten Schema zwei vollkommen unterschiedliche Stücke und fügt diese ohne Unterbrechung zusammen, wobei das erste Stück am Ende des zweiten Stückes vollständig eingefügt wird, wodurch ein so genanntes Trio entsteht.
Das Repertoire der Batterien sowie die Signale der Infanterie und Kavallerie werden vollständig neu gestaltet und kodiert. David Buhl, Trompeter der konsularischen Garde, komponiert 1806 neue Signale. 1825 werden sie nochmals geändert und seine Werke finden teilweise noch heute Verwendung. Die für taktische Operationen oder Befehle genutzten Instrumente - Trommeln, Trompeten, Querpfeifen - werden mit den von Militärorchestern verwendeten Instrumenten gemischt, wodurch kontinuierlich ein militärischer Musikstil entstand, der auch heute noch verbreitet ist.
Anfang 1822 entdecken die Regimente ein neues Instrument für die Signalgebung: Das Bügelhorn. Es ersetzt das Horn und die Querpfeife. 1831 nimmt es schließlich eine maßgebliche Rolle ein. In einem Rundschreiben von 1827 wird mitgeteilt, dass die Gründung zweier Militärmusikkorps genehmigt wurde. Eines entsteht in Brest, das andere in Toulon. Bereits seit Anfang des 19. Jahrhunderts gibt es große Zusammenkünfte von Musikkorps und auch nach der Julirevolution sind sie an der Tagesordnung.
Fanfarenbatterie der republikanischen Garde. JP le Padellec