Perspektive der Lehrkraft: Gespräch mit Régine Phisel
Régine Phisel ist Professorin für Geschichte und Geografie an der Sekundarschule Marie Marvingt in Tallard (Hautes-Alpes). Mit einem Schulprojekt, das von der Direktion für Kulturerbe, Erinnerung und Archive im Verteidigungsministerium unterstützt wurde, hat sie die Schüler für das Gedenken an die Deportation sensibilisiert, indem sie diese einlud, über die Spuren der Geschichte im ehemaligen Lager Natzweiler-Struthof nachzudenken.
Régine Phisel inmitten ihrer Schüler. © G. Petit-Blanc
Welchen Platz nimmt die Geschichte der Deportation heute in den Lehrplänen der Schulen ein?
Die Geschichte der Deportation wird in der 3. Klasse behandelt, wo sie im Thema über „Europa, ein Hauptschauplatz der totalen Kriege“ eingebunden ist. Dadurch ist es möglich, zu Beginn des Schuljahres den Zeitraum 1914-1945 zu erarbeiten.
Die Darstellung der Deportation von Widerstandskämpfern, Juden sowie Sinti und Roma ist im Kapitel über den Zweiten Weltkrieg integriert und ermöglicht eine Beschreibung des Vernichtungskriegs, den das Nazi-Deutschland in Europa führte. Dieses Thema wird später in der ersten Klasse vertieft und das Gedenken an die Deportation wird in der letzten Klasse des allgemeinbildenden Gymnasiums durchgenommen.
In Geschichte können daher vier Unterrichtsstunden der Darstellung des Zweiten Weltkriegs gewidmet werden. Jedoch ist eine Projektarbeit, insbesondere fächerübergreifend mit Französisch, ein Mittel, um das Thema zu vertiefen. Denn der autobiografische Bericht, der im Zentrum des Literaturlehrplans der 3. Klasse steht, bietet die Gelegenheit, verschiedene Berichte durchzugehen. Während einige Schüler das Buch von Primo Lévi Ist das ein Mensch? entdeckt haben, wurde meinen Schülern der 3. Klasse von ihrem Französischprofessor die Lektüre von Une vie von Simone Veil vorgeschlagen.
Was hat der Besuch von Struthof Ihrem Unterricht und Ihren Schülern gebracht?
Der Besuch von Struthof ist eine Verlängerung des schulischen Unterrichts über die Deportation. Die in der Klasse vorbereitete Besichtigung der Stätten ermöglicht den Jugendlichen heute, sich diese harte Realität bewusst zu machen. Emotionen sind genug vorhanden. Unsere Schüler erzählen vom Schaudern, das sie empfinden. Die Stimmung ist gedrückt. Es ist kein gewöhnlicher Ort. Die Menschen haben gelitten.
Konzentrationslager Natzweiler-Struthof im Elsass. © Roger-Viollet
Die Schüler wurden zweifellos durch die Erinnerung an das Leben im Lager und das Lesen der Archivdokumente an den Orten, an denen die Menschen gelitten haben, mehr geprägt, als durch die einfache Lektüre im Unterricht. Über den Boden des Konzentrationslagers zu gehen, konkret die Lebensbedingungen und den Tod der Deportierten zu realisieren, irritiert die Schüler und konfrontiert sie mit einer Realität, die sie dazu bringt, die Geschichte der Zeit und die Geschichte der Orte in Erinnerung zu behalten sowie ihre Gedanken über die Geschichte des 20. Jahrhunderts und dessen Gewalt weiterzuentwickeln. Es trägt auch dazu bei, dass sie das Ausmaß des Engagements vieler Widerstandskämpfer erfassen, die ihr Leben riskiert haben, um die Werte zu verteidigen, die heute zu den Grundlagen unserer Republik gehören.
Warum haben Sie Ihre Schüler aufgefordert, ein Foto von diesem Ort zu machen?
Die unseren Schülern angebotene Reise gehört zu der Arbeit, die für den Concours national de la Résistance et de la Déportation (nationaler Wettbewerb zum Widerstand und zur Deportation) zum Thema „Engagement für die Befreiung Frankreichs“ begonnen wurde und hat uns naturgemäß veranlasst, die freiwillig teilnehmenden Schüler aufzufordern, am Wettbewerb des besten Fotos einer Gedenkstätte teilzunehmen, der von der Fondation de la Résistance, der Fondation pour la Mémoire de la Déportation und der Fondation Charles de Gaulle veranstaltet wurde.
Diese fotografische Arbeit, die den Schülern vor allem ermöglichen sollte, ihre künstlerische Sensibilität auszudrücken, half auch für der gesamten Gruppe dabei, zu berichten, die besuchten Orte in Erinnerung zu behalten und eine kleine Diashow zum Thema unserer Reise vorzubereiten. Das Projekt „Kriege, Frieden und die aktuelle Welt“ bot die Gelegenheit, zuerst Verdun kennenzulernen, dann das Konzentrationslager Struthof und anschließend den Rhein auf der Europabrücke in Straßburg zu überqueren sowie das Europäische Parlament zu besuchen. Unsere gesamte Vorgehensweise sollte den Schülern Anregungen zu unserem Arbeitsthema über das Engagement bieten, das in ihrem Kunst- und Kulturunterricht (PEAC) und in ihrer Bürgerkunde integriert ist. Auf diese Weise sollten sie die Möglichkeit bekommen, ihre Gedanken über das Engagement im Rahmen der mündlichen Teile der Abschlussprüfung zur Mittleren Reife zu präsentieren.
Foto des ehemaligen Lagers Natzweiler-Struthof, aufgenommen von Jean Plugia, Schüler der 3. Klasse der Sekundarschule Marie Marvingt. © J. Plugia
Für einige Schüler waren die Aufnahmen eine Neuheit, vor allem mit einer echten Spiegelreflexkamera. „Aber warum soll ich Fotos machen? Ich kann die Fotos der Kollegen bekommen...“ Wir erklärten noch einmal den persönlichen Charakter, der für diese fotografische Arbeit gefordert war, sodass der Schüler begann, auf andere Weise um sich zu blicken. Er nahm den Fotoapparat der Schule in Anspruch und fand Freude daran, regelmäßig die gemachten Fotos zu zeigen.
Zwei andere Schüler entschieden sich sofort, die ihnen zur Verfügung gestellte Spiegelreflexkamera zu verwenden, denn sie hatten bereits einen stärker künstlerischen Blick übernommen. Es war eine echte Freude, sie bei diesem Vorhaben zu begleiten.
Glauben Sie, dass es notwendig ist, die Spuren einer so dunklen und schmerzhaften Geschichte in der Landschaft zu erhalten? Sind diese gezeichneten Landschaften ein sachdienliches Lehrmittel für den Lehrer?
Der Blick, die Haltung, die Empfindungen der Schüler, die uns an diesen Gedenkstätten begleiten, bestärken mich in der Idee, dass es notwendig ist, die Spuren der Vergangenheit in unserer Landschaft zu erhalten. Man muss die bemerkenswerte Arbeit unserer Tage hervorheben, die gemacht wird, um diese Orte, die Zeugen der dunklen Stunden unseres Landes sind, für alle zugänglich zu machen. Durch die Erhaltung eines Teils der Stätten, die Erinnerung an den historischen Hintergrund und den ermöglichten Denkprozess werden diese Orte für die jungen Bürger sehr einprägsam. Die Bemühungen der Museen an verschiedenen Stätten, die wir mit unseren Schülern besucht haben (Struthof aber auch das Camp des Milles oder Verdun) ermöglichen wirklich diese unerlässliche Gedenkarbeit.