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Daguet vor 30 Jahren

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Chapeau

 

Anlässlich des 30. Jahrestages der Operation Daguet überlässt die Redaktion Géraud Burin des Roziers das Wort, dem Regisseur und Sonderkorrespondenten, der über die wochenlange Vorbereitung der französischen Soldaten vor der Offensive vom 17. Januar 1991 berichtet hat. 

Soldaten richten eine Lebensmittelverteilungskette in der Wüste ein. Sie reihen Kartons mit Nahrungsmitteln und Wasserflaschen auf. 23.09.1990-28.02.1991. © Christian FRITSCH/ECPAD/Verteidigung
Texte

Saudi-arabische Wüste, November 1990, Kommandoposten der Division Daguet

Gerade hat eine Granate mitten auf dem Waffenplatz eingeschlagen. Scud-Alarm! In der Dunkelheit ziehen sich die Soldaten ihr normales Schutzgerät (ANP) und ihren S3P-Anzug (Anm. d. Red.: zum Schutz vor giftigen Chemikalien) an. Die Boden-Luft-Abwehrabteilung hat bereits ihre Raketen gegen den Himmel ausgerichtet, um den irakischen Angriff abzuwehren. AMX10RC-Panzer sind rund um den Schutzwall des Lagers angeordnet. Fehlalarm!
Vor zwei Wochen habe ich die Neuigkeit erfahren: nur wenige Wochen, nachdem ich zum Établissement cinématographique et photographique des armées (ECPA, Film- und Fotoeinrichtung der Armee) gekommen bin, werde ich an der Spitze eines Reporterteams nach Saudi-Arabien geschickt, um über den Golfkrieg zu berichten.

Ankunft in der Stadt von König Khalid

Meine Aufgabe ist es, in den Norden Saudi-Arabiens zu gelangen. Der den Franzosen zugewiesene Verteidigungsabschnitt, „Miramar“ genannt, liegt 40 km nördlich der König Khalid Militärstadt (KKMC). Ich lande mit einer Handvoll aufgebrachter Journalisten in Yanbu. Die Einschränkungen des Service d’information et de relations publiques des armées (SIRPA, Dienst für Information und Öffentlichkeitsarbeit der Armeen) verbieten ihnen, abgesehen von einigen stark kontrollierten Reisen, sich an die Front zu begeben.

1200 km von dort, bei Hafar al-Batin, verschwinden die Militärberichterstatter in der Masse, jedoch müssen sie Überzeugungskraft und Diplomatie unter Beweis stellen, um arbeiten zu können. Um nicht in Riad zu versauern, wo sich der Generalstab und das Pressezentrum befinden, oder auf der Luftwaffenbasis As Salman, bleibe ich dem Leiter der Logistik unaufhörlich auf den Fersen.

Drei Tage später erhalte ich meine Beute: einen Peugeot P4, der bei der Militärpost requiriert wurde. Fortan können wir uns fortbewegen und die verschiedenen Einheiten begleiten, um mehr Reportagen zu machen. Eine erste über das 5. Kampfhubschrauberregiment. Es folgen jene über die Panzer und Minenräumungspioniere der Legion, den Gesundheitsdienst, die ABC-Teams, die für die Dekontaminierung verantwortlich sind, die Artilleristen, die Logistiker usw. Unser Ziel: über die Operation „Wüstenschild“ zu berichten.

„Bericht über das Alltagsleben des Soldaten“

Für uns Menschen der Bilder bietet dieser Krieg ein atemberaubendes Schauspiel: einerseits die Wüste mit ihrem Licht und ihrer Rauheit, andererseits die Männer mit ihrem Charisma, ihrer Opferbereitschaft, ihrem Mut, aber auch ihren Problemen. Unter dem Kamera-Objektiv sind die Gesichter gezeichnet und staubig. Die Motoren, Maschinen und Waffen sind vom Sand zerfressen. Hier gibt es das Intrigenspiel wie im Theater, mit den Zweifeln und der Unsicherheit am Tag des nahenden Kampfes. Das Kommando hält die Männer für die Schlacht ständig einsatzbereit. Wie unsere Kameraden müssen auch wir uns vorbereiten und trainieren. Wenn es soweit ist, müssen wir in der Lage sein, uns leicht in die Einheiten einzufügen. Wir sind bereit, starke Bilder heimzubringen, aber auch von diesem Krieg zu erzählen, indem wir über das Alltagsleben des Soldaten berichten.

Manche Szenen sind inszeniert und mit dem Ziel produziert, bleibende Spuren zu hinterlassen. Diese symbolischen Bilder sollen vor allem die Verlegefähigkeit der Luftfahrzeuge unserer Streitkräfte zeigen: um schnell, weit und stark zuschlagen zu können. Dank der Mitwirkung eines Offiziers finden wir uns inmitten eines Hubschrauberangriffs wieder. Zehn Puma fliegen dabei in einer Reihe, nur wenige Meter über dem Boden. Einen Augenblick lang ziehen sich die Maschinen zurück und reihen sich in der Perspektive unserer Kameras auf. Nach der Landung verlassen wir sie bis zum nächsten Abend; diese Zeit ist erforderlich, um zu Fuß unauffällig 10 km bis zur irakischen Grenze vorzudringen. Die Kompanie gräbt sich zur Beobachtung über Nach ein.

Unsere Aufgabe besteht in diesem Krieg auch darin, das Wort des Soldaten zu protokollieren. Manchmal öffnet er sich und vertraut sich uns an. Er spricht über Frau und Kinder, die er in Frankreich zurückgelassen hat, über sein Land, für das zu sterben er bereit ist. Dieses rustikale Leben würde er gegen nichts in der Welt tauschen wollen. Er hat es gewählt und liebt es. Er spricht auch über die Langeweile und drückt seine Ungeduld aus, in den Kampf zu ziehen. Er drückt seine Zweifel über die Pyridostigmin-Pillen aus, die er jeden Tag als Prävention gegen Chemiewaffen schlucken muss und die im Falle einer Kontamination seine Überlebenschancen erhöhen sollen. Er murrt über die Monotonie seiner Einmannpackung und ist von den Zeichnungen und Briefen der Schulkinder gerührt, die aus weiter Ferne bei ihm eintreffen. Zwiespältig und mürrisch bedauert er das mangelnde Interesse, das man ihm in Frankreich entgegenbringt. Aber wenn die Journalisten zu ihm kommen, verunglimpft er sie und zögert nicht, darüber auf liebenswürdige Weise zu spotten.

Weihnachten 1990

Am Weihnachtsabend schlagen die Soldaten die Zeit tot und machen sich über ihre Heldentaten lustig. Denn sie strotzen vor Kreativität. Für den traditionellen Krippenwettbewerb hat ein Legionär des 2. Infanterieregiments der Fremdenlegion (REI) im Sand eine Darstellung der Geburt geformt. Ein anderer bringt aus der Erde ein täuschend echtes Kamelmaul hervor. Im 1. Regiment der Spahi umsorgen die Soldaten ihr Maskottchen: Yusuf, einen jungen Schafbock, der nach seiner Rettung aus einem Stacheldrahtzaun aufgenommen und gepflegt wurde. Es gibt auch die von der Kamera festgehaltenen vergänglichen Augenblicke der Anmut, wie diesen Gazelle-Piloten, der vor dem Hintergrund des brennenden Himmels und trotz des ohrenbetäubenden Lärms der Helikopter weiterhin für die Jungs seines Geschwaders Saxofon spielt.

Wie könnte man die Feldbäckerei vergessen, die von einem Legionär in der KKMC geführt wurde. Wie jeder Bäcker, der etwas auf sich hält, schlief er wenig. Ihr hättet den Erfolg seines kleinen Unternehmens sehen sollen. Jede Nacht wurden die Brote händisch geknetet und in den Ofen geschoben. Am Morgen wurden die knusprigen, noch rauchenden Brote in die sorgfältig mit Planen bedeckten Renault TRM-Kleinlaster geladen. Dann ging es Richtung Wüste zu den französischen Einheiten. Dazu musste man einen schlechten Weg voller Fech Fech [Anm. d. Red.: lockerer Sand] nehmen. Eine chaotische Fahrt, die bei der Ankunft mit der unverhohlenen Freude der Soldaten belohnt wurde. Die Arbeit dieses Legionärs ist ein Detail der Vorbereitung und der zunehmenden Bedeutung dieses Krieges, jedoch machte sie es möglich, die Moral der Truppen aufrechtzuerhalten und stellte ein logistisches Husarenstück dar. Um dieses französische Know-how wurden wir übrigens von allen Amerikanern beneidet. Das französische Brot und die Croissants zum Frühstück, das war Klasse!

Ende Dezember lassen sich die Anfänge der Operation „Wüstensturm“ erkennen. In KKMC begegnen mir kilometerlange, endlose amerikanische Konvois. Hunderte Fahrzeuge und Helikopter treffen jeden Tag ein und sammeln sich. Es besteht kein Zweifel: die große Bodenoffensive steht bevor.

 


Auteur
Géraud Burin des Roziers - Filmregisseur, Sonderkorrespondent

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