Das Fort de Queuleu
Im Zuge ihrer weiteren Gedenkreise nach Osteuropa besuchten die Gymnasiasten aus Metz das ehemalige Internierungs- und Durchgangslager Queuleu. Dabei konnten sie die europäische Geschichte mit jener ihrer Region und den Widerstandskämpfern, die dort gefangen waren, in Einklang bringen.
Das Fort de Queuleu, ein zwischen 1868 und 1870 errichtetes militärisches Bauwerk des inneren Befestigungsrings von Metz, wurde von der Gestapo während des Zweiten Weltkriegs als Internierungs- und Durchgangslager verwendet. Wir besuchen es im April. Die Besichtigung wird von einer Reiseleiterin geführt, die Mitglied der Vereinigung der Feste Goeben (Fort de Metz-Queuleu) zur Erinnerung der Internierten und Deportierten sowie zum Erhalt der Gedenkstätte ist. Sie beginnt ihre Ausführungen mit der Erinnerung daran, dass 1500 bis 1800 Gefangene zwischen 1943 und 1944 hier befragt und interniert wurden, bevor sie in die Konzentrations- bzw. Erziehungslager oder Gefängnisse geschickt wurden. Im Sonderlager von Fort de Queuleu werden Widerstandskämpfer, Saboteure, Schlepper, Fahnenflüchtige, Geiseln und russische Gefangene interniert.
Im Juni 1941 entsteht die Widerstandsgruppe „Mario“ im Departement Moselle, das von Deutschland annektiert worden war. Sie wurde von Jean Burger gebildet und besteht aus etwa dreitausend Widerstandskämpfern. Sie wird für die in der Region anwesenden Nationalsozialisten zur Bedrohung, als sie ab 1943 Sabotageaktionen und Waffendiebstähle durchführt. Die verhafteten Widerstandskämpfer werden im Fort de Queuleu eingesperrt und von etwa zwanzig Jugendlichen aus der Hitlerjugend bewacht.
Am Beginn unseres Besuches steigen wir die große Treppe hinab, wobei unsere Augen offen sind, im Gegensatz zu jenen der Gefangenen, die verbunden waren. Wir kommen in einen großen, kalten und düsteren Korridor, der uns zu einem Raum bringt, in dem die Ankunft der Gefangenen mit Plastikpuppen in der damaligen Kleidung mit erhobenen Armen und verbundenen Augen nachgestellt ist. Wenn die Widerstandskämpfer nicht in dieser Haltung blieben, wurden sie von der SS geschlagen. Anschließend wurden sie in einem kleinen Raum von der Gestapo befragt. Wenn sie redeten und Informationen über ihre Gruppe und ihre Kameraden preisgaben, wurden sie direkt in das Konzentrationslager geschickt, da sie als unnütz betrachtet wurden, andernfalls wurden sie gefoltert, bis sie gestanden. Die durch den Besuch hervorgerufene Stimmung ist gedrückt.
Es folgt die Besichtigung des rekonstruierten Büros von Georg Hempem, dem SS-Leiter des Lagers. Dann sehen wir die Einzelzellen für die Anführer der Widerstandsbewegung sowie die Gemeinschaftszellen, wo die Gefangenen zusammengepfercht wurden. Die Haftbedingungen waren unmenschlich: den ganzen Tag zusammengebundene Hände und Füße sowie verbundene Augen, die Internierten wurden nur mit Suppe oder Kaffee ernährt und es wurden lediglich etwa zehn Schüsseln ausgeteilt, sodass nur die zehn Gefangenen, die der Tür am nächsten waren, die Nahrung schlürfen konnten. Vor der Zelle von Jean Burger, dem Anführer der Gruppe „Mario“, versuchen wir ihn uns vorzustellen, wie er tausend Schritte machte, um nicht wahnsinnig zu werden.
Bei ihrer Ankunft im Lager werden die Gefangenen ihrer Identität beraubt und erhalten eine Nummer, die sie erkennen müssen, wenn sie in Deutsch ausgesprochen wird. Octave Lang, ein im Oktober 1943 verhafteter Lehrer aus Saint-Avold, erzählt: „Wir wurden einzeln in eine Art Büro geworfen, in dem uns ein Feldwebel der Gestapo nach unseren persönlichen Daten fragte. ‚Schau, ein Lehrer... Bringen wir ihm die Methoden der SS-Schule bei!‘ Er drehte sich zu mir um und schrie mich an: ‚Vergiss vor allem nicht, dass du nicht mehr Hr. Lang bist, sondern dass du ab heute Nummer 124 heißt!‘“. Dieses Internierungslager wird im August 1944 geräumt und die Gefangenen werden in Konzentrationslager geschickt.
Dieser Ort ganz in unserer Nähe erinnerte uns an das, was wir einige Wochen zuvor in Polen sehen konnten. Die Wirklichkeit der Repression und der Deportation hat viele Gesichter. Sie findet in verschiedenen Gebieten statt, in Europa und inmitten unserer Stadt.
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