Roland Garros
Roland Garros, der berühmte Unbekannte
Es gibt Namen, die jeder kennt, von denen aber nur wenige Menschen das Schicksal ihrer Träger kennen. Der Name Roland Garros ist vielleicht eines der besten Beispiele, da der Bekanntheitsgrad des gleichnamigen Tennisturniers mittlerweile die Erinnerung an die exemplarische Laufbahn dieses Flugpioniers, der in den letzten Wochen des ersten Weltkriegs ums Leben kam, praktisch völlig ausgelöscht hat.
Garros, ein Kind aus Übersee, wurde am 6. Oktober 1888 auf La Réunion geboren und wuchs in Saigon auf, bevor er mit zwölf Jahren ins Internat nach Paris kam. Der gesundheitlich gezeichnete Garros setzt seine Schulbildung in Cannes und dann in Nizza fort, wo er seine Leidenschaft für den Sport entdeckt. Radsport und Fußball nehmen einen Großteil seiner Energie in Anspruch, wobei auch sein Studium nicht zu kurz kommt.
Nachdem er ein Diplom in Handelswissenschaften absolviert, eröffnet Garros einen Autohandel, wo er auch ein Sportmodell anbietet, das er selbst entwickelt hatte. Sein rascher kommerzieller Erfolg gestattet es ihm, sich ein Flugzeug anzuschaffen, mit dem er sich im Frühjahr 1910 selbst das Fliegen beibringt. Die Faszination, die er ein Jahr vorher beim Flugmeeting in Reims angesichts der zerbrechlichen Maschinen empfunden hatte, ließ ihn nicht mehr los. Der Autohandel gehört schnell der Vergangenheit an und er widmet sich nunmehr ausschließlich der Luftfahrt.
Alles geht sehr schnell, schon im Sommer erhält er seine ersten bezahlten Aufträge für Flugshows in der Provinz, anschließend begibt er sich in die Vereinigten Staaten, wo er vom Piloten John Moisant unterrichtet wird, und im Oktober eine Tournee mit dessen Flugshow antritt. 1911 kehrt Garros nach Frankreich zurück und nimmt an den damals sehr beliebten Luftmeetings teil. Unermüdlich beginnt er Ende des Jahres eine neue Tournee in Brasilien.
Kaum nach Paris zurückgekehrt, gewinnt er mit Bravour den Großen Preis des Aero-Club und schenkt sogar sein Flugzeug, ein Blériot XI, der Armee, die es dem Kapitän de Rose, dem ersten Offizier mit einem militärischen Pilotenschein anvertraut.
Das Schicksal dieser beiden Männer, Gründungsväter des Jagdflugs, sollte sich ständig kreuzen. Auch wenn das Datum ihrer ersten Begegnung unbekannt ist, wissen wir, dass sie sich rasch anfreundeten und im Laufe eines Jahres zusammenarbeiteten, um das Problem der Synchronisation des Maschinengewehrs mit dem Propeller zu lösen. Gleichzeitig nimmt Garros auch ständig neue Herausforderungen an, wie zum Beispiel an Bord seines Morane-Saulnier den Weltrekord auf Niveau der Höhe zu brechen, dann erfolgreich am 23. September 1913 das Mittelmeer zu überfliegen. Es folgen viele Wettbewerbe in ganz Europa und Garros entdeckt, ganz wie Pégoud, alle Geheimnisse des Loopings.
Als der Krieg ausbricht, kann er zwar nicht mobilisiert werden, aber er zögert nicht, sich am 4. August als MS 23-Pilot zu engagieren. Er führt zahlreiche Missionen aus, und erhält die Zustimmung der Kommandantur, ab dem Herbst mit Unterstützung des Hauptmanns seine Forschungen zum Schießen durch die Propeller weiterzuführen. Mit der Hilfe von Jules Hue, seinem treuen Mechaniker, gelingt es Garros, ein System von Deflektoren an den Flügeln des Propellers zu entwickeln, mit dem es ihm gelingt, am 1. April 1915 sein erstes Flugzeug abzuschießen.
Leider muss er 18 Tage später auf Grund einer Panne hinter den deutschen Linien landen. Das Flugzeug, das er nicht ganz zerstören konnte, fällt in die Hände des Feindes. Es erwarten ihn drei lange Jahre im Gefängnis, während derer der hochgebildete Mann, Freund von Jean Cocteau, seine Memoiren verfasst.
Am 15. Februar 1918 gelingt ihm schließlich zusammen mit Leutnant Marchal die Flucht und er gelangt nach einer langen beschwerlichen Reise nach Frankreich. Er verlangt sofort, wieder in seine Einheit MS 26 eingezogen zu werden und verweigert den technischen Posten, der ihm angeboten wird. Ab Mai trainiert er wieder in Pau, um die neuen Kampfmethoden des Flugzeugs SPAD XIII zu erlernen, bevor er am 20. August zu seiner Einheit zurückkehrt. Schön langsam kehrt sein Gefühl zurück, und auch wenn seine Sehprobleme ihm einige Schwierigkeiten bereiten, erlangt er schließlich am 2. Oktober einen Sieg. Drei Tage später stirbt er, als sein Flugzeug von einer Fokker abgeschossen wird.