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Welches Gedenken soll es für die Auslandsoperationen geben?

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Festakt zur Ehrung von 13 in Mali getöteten Soldaten, Invalidendom, Paris, 1. Dezember 2019. © Jean-Christophe-Mantrant/Generalstab

Als Generalstabschef achtet General Lecointre darauf, dass die Nation die auf den Schauplätzen der Auslandsoperationen (OPEX) gefallenen Soldaten ehrt. Die im Aufbau befindliche Erinnerung aufzuwerten, verfolgt auch das Ziel, das militärische Engagement Frankreichs in der heutigen Zeit besser zu vermitteln.

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Wie gliedert sich die Ehrung der bei Auslandsoperationen gefallenen Soldaten?

Sie illustriert den Sinn des Einsatzes der französischen Soldaten sehr gut. Ernest Renan bezeichnete in seiner Rede unter dem Titel Was ist eine Nation?, die er am 11. März 1882 an der Sorbonne hielt, die Nation als „große Solidargemeinschaft, getragen vom Gefühl der erbrachten Opfer und jener Opfer, die man noch zu erbringen gewillt ist“.

So veranschaulicht der „Ehrungsplan“ diesen Wunsch, die Solidarität der Nation für die Opfer zu zeigen, die von den Töchtern und Söhnen Frankreichs erbracht wurden, die zum Schutz und zur Verteidigung seiner Interessen gefallen sind. Dieser Plan wird auf Entscheidung des Verteidigungsministers aktiviert, um den Vermissten und ihren Familien die Anerkennung, den Respekt und die Achtung der Nation zu bezeugen. Er ermöglicht die Ehrung der Soldaten, die im Zuge einer operativen Mission getötet wurden, aber bietet auch die notwendige Unterstützung Ihrer Familien und Angehörigen auf materieller, finanzieller und menschlicher Ebene.

Wenn in Frankreich die nationale Ehre erwiesen wird, können alle Waffenbrüder der Einheit des Vermissten eingebunden werden. Oft wird für diejenigen, die noch im Einsatz sind, eine Feier im Einsatzgebiet organisiert, bevor die Leichname heimgeholt werden. Dies ermöglicht den Beginn der individuellen und kollektiven Trauerarbeit, während die Mission fortgesetzt wird. Schließlich schließt sich die gesamte Militärgemeinschaft dieser nationalen Ehrung an, indem sie die Fahnen auf Halbmast setzt.

Renan berief sich bei seiner oben genannten Rede auch auf das Moralbewusstsein als Grundlage der Nation: „[…] Eine große Ansammlung von Menschen, gesunden Geistes und warmen Herzens, erschafft ein Moralbewusstsein, welches sich eine Nation nennt. In dem Maße, wie dieses Moralbewusstsein seine Kraft beweist durch die Opfer, die der Verzicht des einzelnen zugunsten der Gemeinschaft fordert, ist die Nation legitim.“

In diesem Geist wird die nationale Ehrung in der gesamten Einheit, der die getöteten Soldaten angehörten, fortgesetzt. Teil einer Einheit zu sein, welche die kollektive Erinnerung an die Selbstaufopferung ihrer im Kampf gefallenen Vorgänger pflegt, ist ein Beweis moralischer Stärke und gewährleistet, dass sie immer der Nation dient, bis zur Selbstaufopferung, wenn es die Mission erfordert. Die Armee teilt dieses Leid und kultiviert dieses Moralbewusstsein, das die militärische Gemeinschaft zusammenschweißt und die Resilienz der Nation sicherstellt.

Am 11. November wurde ein Ehrenmal für die in Auslandsoperationen für Frankreich Gefallenen eingeweiht. Warum?

Die Kriegsdenkmäler, die unser Land in unseren Städten und Dörfern bedecken, stammen zum Großteil aus 1920. Sie tragen die Namen der für Frankreich in den Jahren 14-18, und später 39-45 gefallenen Soldaten und bilden damit eine Art riesiges Nationaldenkmal, das den Helden der größten Konflikte aller Zeiten errichtet wurde. Die Entkolonialisierungskonflikte haben auch ihre Nationaldenkmäler, in Fréjus für den Indochinakrieg, Quai Branly in Paris für die Konflikte Nordafrikas und den Algerienkrieg. Danach gibt es nichts mehr, als ob es keinen Krieg mehr gäbe. Als ob die Existenz und Geschichte der Welt nicht mehr tragisch wären. Und dennoch kämpfen und sterben unsere Soldaten ständig weiter für Frankreich.

Jedoch, und ich greife wieder Renan auf: „Das gemeinsame Leiden eint mehr als die Freude. Die Trauer wiegt mehr als die Triumphe, denn sie erlegt Pflichten auf, sie gebietet gemeinschaftliche Anstrengungen.“ Als er dies nach der Niederlage von 1870 schrieb, konnte er sich wahrscheinlich nicht vorstellen, dass es einen Umbruch bei der kontinuierlichen Feier der verschiedenen kollektiven Prüfungen geben würde, durch den es weniger Gelegenheiten gibt, die Tragik der Welt zu erfassen, und sogar die Weitergabe der Idee der Nation verblasst.

Dieses Denkmal hat also wieder Schwung in die Ehrerbietung gebracht, nicht für die „4. Kriegsgeneration“, sondern für all jene, die seit 1963 zur Verteidigung Frankreichs starben, und auch für all jene, die in den kommenden Jahren weiterhin sterben werden. Dieses Denkmal wird daher das Moralbewusstsein wieder beleben und in Erinnerung rufen, wie sehr die Soldaten Anteil an der Nation haben: sie schreiben die Geschichte.

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General François Lecointre, Generalstabschef. © W. Collet/EMA

 

Heute betrifft die Feuerprobe nicht mehr ganze Generationen, sondern freiwillige Soldaten, die sich für Frankreich zum Dienst mit der Waffe verpflichten. Gleichzeitig ist die militärische Welt aus dem Alltag der Franzosen immer mehr verschwunden, was die Gefahr mit sich bringt, dass das durch die Erlebnisse geprägte Moralbewusstsein immer schwächer wird.

Diese Gefahr wird darüber hinaus durch die Tatsache verstärkt, dass die Operationen im Ausland durchgeführt werden, wodurch die Rückkehr kriegerischer Taten und die Gefahren, die den Weltfrieden bedrohen, weniger wahrnehmbar sind. Auch wenn es ein schmerzliches Erwachen durch die Terroranschläge seit 2015 gab, findet dieses nur teilweise statt und führt dazu, dass unsere Nation künftigen Prüfungen wehrlos ausgesetzt ist.

Daher ist es unerlässlich, dass dieses Denkmal an einem öffentlichen Ort den Bürger auf die Gefährlichkeit der Welt aufmerksam macht: Frankreich setzt seine Streitkräfte in Kriegen ein, von denen manche immer noch andauern und in denen unsere Soldaten für die Verteidigung der republikanischen Werte weiterhin mit ihrem Leben bezahlen.

Wie lässt sich dieses junge Gedenken vermitteln?

In einer Zeit, in der es keinen großen Konflikt gibt, ist es unerlässlich, weiterhin das Gemeinschaftsgefühl zu fördern. Das Opfer jedes einzelnen Soldaten im Einsatz muss für unsere Mitbürger sichtbar gemacht werden

Diese Vermittlung der Geschichte der Auslandsoperationen (OPEX) kann durch Einbindung einer politischen Dimension der Verteidigung in den Geschichtsunterricht und die geopolitische Bildung erfolgen, indem die Herausforderungen der Militäroperationen vermittelt werden. Das Erlernen dieser Einsätze Frankreichs, bei denen es den Verlust von Soldaten in Kauf nimmt, soll das Moralbewusstsein der jungen Generationen anregen, das heißt ihr nationales Empfinden.

In einem gewissen Maße lässt sich diese Vermittlung der jüngsten Geschichte nicht ohne gründliche Studie der Geschichte der Auslandsoperationen durchführen. Diese reicht von der spezialisierten Forschung über Kolloquien, den historischen Verteidigungsdienst (Service historique de la Défense), das Angebot von Unterrichtsthemen durch Historiker, qualitativ hochstehende Publikationen, Berichte bis zur größtmöglichen Verbreitung bestimmter „Erfahrungsberichte“, deren persönlicher Wert jeden Bürger ansprechen kann.

Wie lässt sich die öffentliche Meinung bei den Gedenkfeiern der Auslandsoperationen sensibilisieren?

So wie der Verlust eines Kameraden eine Gemeinschaft innerhalb der Einheiten schafft, beeinflussen meiner Meinung nach die Streitkräfte, durch das Wachhalten der Erinnerung an die für Frankreich Gefallenen, die Gesellschaft und fördern das bessere Verständnis der Gefahren der heutigen Welt, in der es wichtig ist, vereint zu bleiben. Das ist „die“ Funktion des OPEX-Denkmals.

Gewiss geht die Einführung des 11. November als nationaler Tag für alle für Frankreich Gefallenen auf diesen Einfluss der operativen Einsätze zurück. Es trägt unbestreitbar dazu bei, dass uns der Preis unserer Freiheit bewusst wird, wenn wir den Namen eines Bewohners unserer Stadt oder unseres Dorfes, der im Laufe vergangener Kriege gestorben ist, alljährlich auf einem öffentlichen Platz ausgesprochen hört, oder die Namen der im vergangenen Jahr im Kampf Gefallenen.

Dennoch ermöglicht vor allem das OPEX-Denkmal, die öffentliche Meinung weit über die Feierlichkeiten des 11. November wachzuhalten und zu mobilisieren. Es trägt öffentlich dazu bei, diese unerlässliche Erinnerung zu formen und zu nähren, um das Gespenst einer Rückkehr des Krieges auf dem französischen Staatsgebiet zu vertreiben. Denn diese Erinnerung an unsere Einsätze hat eine heilsame Wirkung: Sie erinnert daran, dass der Friede eine Dividende des Krieges ist, wobei man Ersteren in Ehren halten und sich die Schrecken des Zweiten vergegenwärtigen sollte, jedoch muss man auch akzeptieren, dass man kämpfen und Krieg führen muss, wenn unsere Freiheit bedroht ist.

 

Gespräch mit General Lecointre - Generalstabschef