Wiederaufbau der französischen Armee (1943-1945)
Militärapparat, politisches Instrument, operative Kontrolle
Von Tristan Lecoq
Generalinspektor für nationale Bildung
Beigeordneter Universitätsprofessor (Zeitgeschichte)
an der Universität Paris Sorbonne
Der Wiederaufbau der französischen Armee, von Anfang 1943 bis zum Sieg 1945, wirft drei Fragen auf. Der Wiederaufbau einer Armee, um das Land zu befreien: das ist der militärische und alliierte Aspekt der Befreiung; der Wiederaufbau der Armee der Republik: die Frage des militärischen “Werkzeugs” auf Befehl der Staatsmacht; der Wiederaufbau der Armee Frankreichs, das bedeutet den Neubeginn des Instruments einer wiederherzustellenden Macht.
Denn die Armee ist vor allem ein politisches Instrument, auf Befehl einer Staatsmacht, im Dienste der Politik eines Staates. Es geht um das Herz der Souveränitätsausübung und damit um deren Mittel. “Die Verteidigung! Denn dies ist die wesentliche Daseinsberechtigung des Staates. Er kann dabei nicht verlieren, ohne sich selbst zu zerstören,” sprach General de Gaulle in Bayeux am 14. Juni 19521.
Wie ist die Lage aus dieser Sicht ab November 1942 und nach der alliierten Landung in Nordafrika? Ein zwischen 11. und 27. November vollkommen besetzter französischer Staat, ohne Empire, ohne Flotte, und mit einer vom Besatzer gedungenen Milizregierung. Ein freies und später kämpferisches Frankreich ab Juli 1942, das von den Alliierten und der UdSSR anders angenommen und anerkannt wird. Ein an das freie Frankreich, dann an das französische Komitee für die Nationale Befreiung angeschlossene Empire, von Juli 1940 bis zum Frühjahr 1943, inmitten der Kämpfe und Streitigkeiten unter den Franzosen.
Eine gespaltene und nach außen schlecht abgesicherte Staatsmacht. Mehrere Streitkräfte in einem völlig unterschiedlichen Zustand. Ambitionierte in Algier, die zwischen November 1942 und Juni 1943 alle versuchen, sich in erster Linie auf militärische Gewalt zu stützen: Darlan, Giraud, De Gaulle.
Daher stellt sich insbesondere die Frage der Verbindung zwischen Politik und Militär, die im Juni 1943 nur mit Mühe gewährleistet ist. Zudem geht es um die Verbindung einer französischen Armee mit einer Militärkoalition, die nach der Befreiung von Paris und der Anerkennung der provisorischen Regierung der Republik Frankreich durch die USA am 23. Oktober 1944 nur schwer, spät und unvollständig geregelt werden kann. Von da an sind der Platz und die Rolle der französischen Armee, die zwischen 1943 und 1945 wieder aufzubauen ist und aufgebaut wurde, Gegenstand heftiger Diskussionen unter den Franzosen, zwischen den Franzosen und den Alliierten und unter den Alliierten selbst2. De Gaulle und Giraud. De Gaulle und die Alliierten. Paris, Straßburg, der Rhein und Deutschland.
Abseits der politischen Frage: welchen Platz soll die Armee bei der Befreiung des Territoriums einnehmen? Militär: welchen Platz soll die Armee bei den alliierten Operationen einnehmen? Zu lösen gilt die Frage der Autonomie oder Abhängigkeit einer französischen Armee gegenüber den Alliierten, denen sie zum Großteil ihre Wiedergeburt und ihre operativen Kapazitäten verdankt.
Die Wiederherstellung der Armee bedeutet auch die Wiederherstellung eines Militärapparats. Frankreich zu befreien und an den Rhein zu marschieren bedeutet, sich der Armee als politisches Instrument zu bedienen, selbst wenn dieses in eine Koalition integriert ist.
In der Frage einer operativen Kontrolle der französischen Truppen durch das alliierte Kommando vereinen sich die beiden Seiten derselben politischen, militärischen und kriegerischen Komplexität: es geht um die militärische Abhängigkeit, Verflechtung und Unabhängigkeit der französischen Streitkräfte bei Gefechten zwischen 1943 und 1945.
1. Wiederaufbau der französischen Armee: die Frage des Militärapparats
Die wiederentstandenen Landstreitkräfte setzen sich aus der Armee des kämpfenden Frankreichs, der afrikanischen Armee und gleichzeitig einer neuen Armee zusammen.
2. Die Befreiungsangriffe: die Armee als politisches Instrument
Paris und Straßburg, also Leclerc und eine einzelne Einheit inmitten der alliierten Streitkräfte: die 2. Panzerdivision. Rhein und Donau, das bedeutet De Lattre und die Afrika-Armee, in das Generalmanöver der alliierten Streitkräfte integriert. Die vergessenen Angriffe sind am Rande des Sieges die Widerstandsnester im Atlantik, die Kämpfe in den Alpen und die indochinesischen Reisfelder.
Die “2. DB”, die in Temara in Marokko gebildet und in Aintree in England trainiert wurde, landet im August 1944 in Frankreich. Als Erbin der “Colonne Leclerc” und der “Force L”, die nach amerikanischer Art ausgerüstet, trainiert und betreut wurden, wird sie aufgrund ihrer Geschichte, ihrer Zusammensetzung und ihres Geistes zu jener großen französischen Einheit des zweiten Weltkriegs, die am stärksten gaullistisch und politisch ausgerichtet ist.
Die Soldaten des Freien Frankreichs kämpfen hier neben Kürassieren, afrikanischen Jägern, Spahi ...16 und Marinesoldaten. Spanische Republikaner der 9. Kompanie des 1. Marschbataillons des Tschad überwachen die Sicherheit von General De Gaulle bei der Parade am 26. August. Unter den Fahnen der Republik Spanien und der Republik Frankreich. Unter dem Befehl eines Herrn aus der Picardie, der von der Ausbildung her Offizier, von der Tradition her Franzose und von der Bestimmung her Rebell ist17.
Die Herausforderungen sind gleichermaßen die Befreiung des Territoriums, die Kontrolle der Staatsmacht und der militärische Sieg.
Die DB, die in drei schweren GT und einem leichten GT organisiert sowie perfekt in die Armee von General Patton und die amerikanischen operativen Abläufe integriert ist, kämpft in der Normandie und erweist sich sehr schnell als besondere Einheit mit besonderen Soldaten und einem besonderen Anführer. Auch und vielleicht gerade auf Grund dieser militärischen Anerkennung sollte die amerikanische Führung, bestehend aus den Generälen Eisenhower, Bradley und Patton, nicht ohne Bedenken, der 2. DB erlauben, den alliierten Zielen eine andere Richtung zu geben. Es geht um Paris und seine Befreiung, zumal die Stadt nicht mehr von strategischem Interesse sowie die Schlacht um die Normandie beendet ist und sich die deutsche Armee nach Osten zurückgezogen hat.
Im Zuge dieser Analyse ergibt sich hier in den Augen der Alliierten, dass General De Gaulle eine französische Einheit zumindest vermehrt zu politischen und militärischen Zwecken nutzt. Leclerc, der auf materieller, logistischer und operativer Ebene völlig in die amerikanischen Streitkräfte integriert ist, befreit sich auf politischer Ebene. Am 24. August 1944 steht er außerhalb der Hierarchie. Völlig abhängig, völlig voneinander abhängig, völlig unabhängig18.
Die Befreiung von Paris ist eine Schlacht mit geringem Aufwand gegen einen Feind, der ohne Entschlossenheit kämpft und einen ehrenvollen Abgang anstrebt. Im Zuge derselben spielen sich am häufigsten schwierige Beziehungen ab, zwischen der französischen Regierung und ihrer Armee, den Resten von Vichy, den Amerikanern, der Front National und den Kommunisten, dem inneren Widerstand und dem Nationalrat des Widerstands. Dies ist das Ergebnis eines politischen Unternehmens, dessen Instrument die 2. DB ist, die von der amerikanischen 4. DI unterstützt wird. Nichtsdestotrotz: auch wenn es von De Gaulle gewollt und von Leclerc ausgeführt wurde, ist es die alliierte Führung, die es ermöglichte, in erster Linie General Eisenhower19.
Richtung Ostfrankreich, weiterhin innerhalb der amerikanischen Streitkräfte und unter ihrer operativen Kontrolle: Dompaire am 13. September, der Col du Dabo am 19. November, Straßburg am 23. Der Kufra-Eid wird gehalten.
Das abschließende Allegro vivace führt die Soldaten Leclercs im Mai 1945 bis nach Berchtesgaden20.
Wie sehr unterscheidet sich diese einzelne Einheit von der 1. Armee von General de Lattre! Sie entstammt in direkter Linie der Afrika-Armee, ihrer Regimenter und Traditionen, mit einem Anführer an der Spitze, der nach Frankreich zurückgekehrt ist, das nach der Besetzung der sogenannten “freien” Zone kämpft. Am 11. November 1942 ist sie ebenfalls nach amerikanischem Muster ausgerüstet, organisiert und trainiert, und ihre Ziele sowie Operationen sind vollkommen in die Gesamtplanung der alliierten Operationen integriert.
General De Gaulle erkennt dies in seinen Memoiren an, als er schreibt, dass “...uns die Angelsachsen nie wie echte Verbündete behandeln werden. Sie konsultieren uns nie von Regierung zu Regierung über irgendeine ihrer Anordnungen (...) sie versuchten, die französischen Streitkräfte für die von ihnen festgelegten Ziele einzusetzen, so als ob diese Streitkräfte ihnen gehörten, unter der Behauptung, dass sie zu ihrer Bewaffnung beitragen würden”21.
Wenn es außerdem stimmt, dass General De Gaulle sein ganzes Gewicht für eine französische Landung in der Provence eingesetzt hatte, während die Briten und besonders Winston Churchill über den Balkan nachdachten, war es sehr wohl eine alliierte, das heißt amerikanische Entscheidung, auch wenn die militärische Beteiligung Frankreichs an der Landung im August 1944 jene alliierte Operation des Krieges war, an der die Franzosen am stärksten beteiligt waren. Eine vom Generalstab der 7. US-Armee vorbereitete Operation, deren Angriffsebene die Armee B war.
Angesichts des großflächigen Einsatzes der 19. deutschen Armee, die ohne Luftunterstützung ist und der Adolf Hitler am 18. August den allgemeinen Rückzug befiehlt, verlaufen die alliierten Operationen in der Provence nicht nur wie vorgesehen, sondern mit erheblichem Spielraum: Marseille fällt 16 Tage vor dem geplanten Termin, Toulon 7 Tage vorher, was einem schönen Manöver der Truppen von de Lattre zu verdanken ist22
Das Vorrücken im Rhonetal führt die Armee B, die am 19. September 1944 zur 1. Armee wurde, in den Osten Frankreichs. Sie sollte dort eine taktische Autonomie erreicht haben, wie die großen britischen, kanadischen und amerikanischen Einheiten, während sie weiterhin unter der engen operativen Kontrolle des alliierten Kommandos blieb.
An den Rhein kommen und in Deutschland einmarschieren: dies sind die anderweitigen schwierigen Ziele, die General De Gaulle dann de Lattre zuweist und wie gewohnt schriftlich zusammenfasst, dass “... es alles in allem nur galt, das Wesentliche zu tun, das heißt den Rhein zu überqueren”23.
Die letzten sechs Kriegsmonate waren auf allen Seiten die verlustreichsten, wie die besonders harten Kämpfe des Winters 1944-1945 beweisen24. Operationen wie der Angriff auf den Brückenkopf Elsass von 23. Januar bis 10. Februar 1945, die von de Lattre beschlossen wurden, kommen Opfermissionen gleich. Außerdem erleidet die 2. DB, die der 1. Armee zur Verfügung gestellt wurde, im Laufe dieser Operationen schwere Verluste, da sie entgegen ihrer Bestimmung in die Schlacht geschickt wurde. Man wird verstehen, dass es General Leclerc lieber gewesen wäre, Krieg mit den Amerikanern zu machen25.
Wir heben auch hervor, dass sich für die französische Armee zwei Probleme gleichzeitig stellen: die Integration der Kämpfer der Französische Streitkräfte des Inneren (FFI) und die “Bleichung” der französischen Einheiten der 1. Armee durch die Rückkehr der aus Schwarzafrika stammenden Soldaten nach Hause. Bleiben noch die aus Nordafrika stammenden Soldaten (AFN).
Die Entwaffnung aller nicht-militärischen Gruppen wurde von General De Gaulle ab 28. August 1944 aus politischen und militärischen Gründen beschlossen. Es sollte keine Volksarmee mehr geben, sondern eine Armee der Republik.
Von fast 300.000 Widerstandskämpfern der FFI werden 190.000 eingegliedert, davon 137.000 in die 1. Armee im Herbst und Winter 1944. Die Freischützen und Partisanen (FTP) finden sich im 151. RI wieder (das von de Lattre kommandiert wurde!) und Oberster Berger (alias André Malraux) im Kommando der “Brigade Elsass-Lothringen”. Sie kommen zu den 250.000 Soldaten dieser großen Einheit hinzu und kompensieren den Abgang der schwarzafrikanischen Soldaten, zu dem sich ein Gefühl der Verlassenheit sowie physisches und seelisches Leid gesellen.
Unter Befehl von General Devers (6. amerikanische Waffengruppe), dem auch die 7. amerikanische Armee von Genral Patch untersteht, kämpft de Lattre in Ostfrankreich. Dort erhält er im Januar 1945 den Befehl von General De Gaulle, die französischen Truppen in Straßburg, das im November 1944 von der 2. DB befreit wurde, zu halten, zumal dies ein schwieriger Moment der Ardennenschlacht war.
Der zweite politische Eingriff des französischen Regierungschefs in den Ablauf der alliierten Operationen, die Annahme der französischen Argumente durch das alliierte Kommando, die weitere Unterordnung unter dieselbe 1. Armee während eines alliierten Einsatzes, der auf allen Ebenen, materiell, logistisch und operativ, vollkommen integriert war. De Gaulle erkennt das nüchtern: “... unsere Angriffskräfte waren für Operationen innerhalb des strategischen westlichen Systems aufgestellt”26.
Der dritte Eingriff des Generals im April-Mai 1945 bezieht sich auf die Rolle der 1. Armee in der Schlussoffensive.
So übermittelt es General De Gaulle: “Unsere Truppen sollten auch den Rhein überqueren. Sie hätten es im gemeinsamen alliierten Rahmen gemacht, wenn dies möglich gewesen wäre. Wenn es das nicht gewesen wäre, hätten wir es auf eigene Faust gemacht. Sie sollten auf jeden Fall am rechten Ufer eine französische Besatzungszone einrichten”27.
Die militärischen Realitäten der verlangtermaßen gemeinsamen alliierten Operationen, die harten Kämpfe der Wehrmacht, die operativen Fähigkeiten der Franzosen und die Mischung aus Ungeduld, Verzweiflung und Bewunderung in der Beziehung zwischen General de Lattre und seinen amerikanischen Vorgesetzten sollten für eine andere Entscheidung sorgen. Bis zum Ende des deutschen Angriffs sollte die 1. Armee, trotz der Reibereien und Auseinandersetzungen, unter der operativen Kontrolle der Amerikaner bleiben28.
Bleiben noch die vergessenen Angriffe.
In den Alpen werden die Pässe von den französischen Truppen, die aus den FFI hervorgingen und unzureichend ausgestattet, trainiert und betreut sind, abwechselnd befreit, verloren und wiedererobert. De Gaulle drängt sie zum Tenda-Pass, nach La Brigue und ins Aosta-Tal: diese Ziele stehen genauso mit der militärischen Gratlinie wie mit Gebietsansprüchen und der Nachkriegsfrage in Verbindung. Auch wenn die operative Kontrolle der Amerikaner weniger stark als zuvor ist, gibt die US-Regierung mit ihren Generälen der französischen Regierung deutlich zu verstehen, dass ihr Handlungsspielraum begrenzt ist, und spielt sogar auf ein mögliches Abreißen der Versorgungskette und eine Unterbrechung der Wiederbewaffnung an.
Dies ist nicht so an der “Atlantikfront”. General de Larminat, Kommandant der französischen operativen Streitkräfte verhandelt dort direkt mit dem alliierten Kommando über die Vorbereitung und Durchführung der Operationen, indem er erforderlichenfalls die alliierten Streitkräfte hinzuzieht. Insgesamt eine französische, sekundäre Angelegenheit. Der Großteil der Kämpfe bis Mai 1945 wird von den französischen Einheiten der vorwiegend aus der FFI hervorgegangenen Land- sowie der Luft- und Seestreitkräfte durchgeführt. Die 1. DFL und die GT der 2. DB greifen an dieser Front unter der operativen Kontrolle der Franzosen ein, um die deutschen Widerstandsnester zu verringern. For once and for all!
In Indochina führen die japanische Besetzung dieser unerlässlichen Verbindung zwischen Malaysia und Japan, die operative Schwäche des in die GPRF zurückgekehrten französischen Militärpersonals, die Unwahrscheinlichkeit alliierter Hilfe und vor allem der “Dolchstoß in den Rücken” vom 9. März 1945, nach einem kurzen, aber blutigen Angriff im März und April, zu einem militärischen Vakuum Frankreichs. Die Frage der militärischen Zukunft der Kolonie für die Alliierten sollte von Admiral Lord Louis Mountbatten, dem Oberbefehlshaber des South East Asia Command, behandelt werden.
Eine französische Armee, die mit der Sorgfalt und nach Art der britischen und vor allem amerikanischen Alliierten wiederaufgebaut wurde. Eine französische Armee, die den materiellen und logistischen Möglichkeiten, den operativen Zwängen und Einsatzkonzepten der Alliierten untergeordnet ist. Eine von Anfang bis Ende der Befreiung unter operativer Kontrolle der Alliierten integrierte französische Armee.
Drei Mal: Paris, Straßburg, der Rhein, General De Gaulle versteht es, die politische Autorität seiner Regierung bei den Alliierten durchzusetzen, indem er sich auf Argumente stützt, die diese gerne hören. Dennoch zieht er 1945 die Konsequenzen eines Kriegsapparats für Frankreich, das ihm weder die nationale Unabhängigkeit, noch die strategische Autonomie oder auch die Teilnahme an der Planung der Operationen erlaubt.
Eigentlich passt sich die operative Bevormundung einer französischen Armee, die sich die militärische Achtung der Alliierten wiedererkämpft hat, in Paris wie in Straßburg oder am Rhein, in Deutschland, in Italien und in Indochina auf taktischer Ebene an die nationalen Forderungen von General De Gaulle an. Unter der Bedingung, dass die operative Planung der Alliierten nicht bedroht wird. Noch dass keine Präjudizien für die Zeit nach dem Sieg geschaffen werden, vor allem da sich das Kriegsende nähert.
Die Befreiung ist ein militärischer Sieg der alliierten Streitkräfte unter Teilnahme einer französischen Armee, die in das Generalmanöver integriert ist und deren innere Ordnung von General De Gaulle und seiner Regierung gewährleistet wird. Die französische Armee ist die Armee der Befreiung.
Aber der Schatten vom Juni 1940, von Vichy und der militärischen Kollaborationen, von vier Jahren Kampf unter den Franzosen führen zu einer politischen und militärischen Säuberung. Die Verfahren der Befreiung betreffen die Armee. Nicht nur der Pétain-Prozess, sondern auch jene der Admiräle und Generäle, die Vichy und Deutschland gedient haben. Auch wenn der Bürgerkrieg vermieden wurde, können dennoch die Auseinandersetzungen unter den Franzosen stärker als ein in vielerlei Hinsicht zwiespältiger Sieg sein, dessen militärische Dimension ziemlich schnell zu verblassen scheint.
Welch Unterschied zwischen den beiden Kriegsausgängen von 1918 und 1945! 1918 eine amerikanische Armee, die von den Franzosen und nach französischer Art ausgerüstet, betreut und trainiert sowie in den alliierten Einsatz integriert war, aber der das alliierte Kommando, nach den Verschlägen von General Foch, einen erheblichen Spielraum beim Ablauf der Operationen lässt. Nachdem die Amerikaner 1917 mit der drittgrößten Kriegsmarine der Welt, jedoch ohne echte Luftwaffe in Frankreich angekommen waren, verlassen sie es 1918 wieder mit einem kompletten militärischen Instrumentarium29. Die französische Armee von 1945 ist auf materieller, logistischer und operativer Ebene vollkommen von den Amerikanern abhängig.
In diesem Kontext stellt sich für die französische Armee die Frage der Zeit nach dem Krieg. Die Bildung eines Kriegsapparats, die Erfahrung seiner Kampfeffizienz sowie seine Abhängigkeit von den Alliierten zwischen 1943 und 1945 hängen zusammen. Wozu eine Armee? Mit welchem Material, in welchem Rahmen, mit welchen Einsatzkonzepten? Innerhalb welcher Allianzen?
Der Krieg bestätigte die Rolle der auf amerikanische Weise organisierten Panzereinheiten und ihrer Luftunterstützung an der Westfront. Der Aspekt der Marineflieger bei der Vormachtstellung auf den Meeren drängt sich auch auf, so wie die Notwendigkeit von Streitkräften für Interventionen und die Überseepräsenz. Soll man eine französische Armee auf diesen Grundlagen neu aufbauen oder die Streitkräfte so wie sie sind, das heißt integriert und abhängig, in gutem Zustand halten?
Der Kriegsapparat, die Stärke und der Rang Frankreichs hängen direkt voneinander ab. Frankreich ist weder in Dumbarton Oaks, noch in Jalta, noch in Potsdam dabei. Die Frage der französischen Besatzungszone wird erst im Juli 1945 geregelt, auch wenn de Lattre im April nach Stuttgart und Karlsruhe zurückgekehrt ist und für Frankreich am 8. Mai 1945 in Berlin gegengezeichnet hat. Gleichzeitig dauert der Krieg im Pazifik noch an, wo die Aufstände von Sétif und die Nahostkrise ausbrechen.
Für Frankreich stellen sich 1945 so viele Fragen, deren militärischer Aspekt offensichtlich ist. So viele politische Fragen, aus deren allfälligen Antworten man die militärischen Entscheidungen Frankreichs in der Nachkriegszeit ablesen kann.
Mangels einer Antwort, die seinen Vorstellungen entsprach, ist es der Zweck des Abgangs von General De Gaulle im Januar 194630. Es ist auch der Zweck der tiefgreifenden militärischen Reformen, die er nach seiner Rückkehr an die Macht durchführt. Schließlich ist es eines der Elemente der Entscheidungen, die er zum Zwecke der nationalen Unabhängigkeit zwischen 1958 und 1966 trifft.
1 Charles de Gaulle, Discours et messages Tome II Dans l'attente 1946-1958 Paris, Plon, 1970, S.527
2 Stiftung Charles de Gaulle, De Gaulle chef de guerre. De l'appel de Londres à la Libération de Paris 1940-1944 Tagungsbericht der 8; 19. Und 20. Oktober 2006 Paris, Stiftung Charles de Gaulle, Plon, 2008
3 Général Henri Giraud, Un seul but, la victoire ! Alger 1942-1944 Paris, Julliard, 1949
4 André Martel (dir.), Histoire militaire de la France, Tome 4, De 1940 à nos jours, Paris, PUF, 1994, insbesondere Kapitel IV La Libération et la Victoire: “Quoi? Les Français aussi?” S. 175-237
5 Marcel Vigneras, “Rearming the French” in US Army in World War II Special Studies, Washington DC, Center of Military History United States Army 1956/1989
6 Siebenundzwanzig Jahrgänge, von 1919 bis 1945, werden einberufen.
7 Christine Levisse-Touzé, L'Afrique du Nord dans la guerre, 1939-1945, Paris, Albin Michel, 1998.
8 Kent Roberts Greenfield, Robert R. Palmer and Bell I. Wiley, “The Organization of Ground Combat Troops” in US Army in World War II, Center of Military History United States Army Washington DC, 1987
9 Jacques Vernet, Le réarmement et la réorganisation de l'Armée de terre française (1943-1946), Vincennes, SHAT, 1980
10 Patrick Facon, L'Armée de l'air de la victoire, 1942-1945, Paris, Economica, 2006
11 Etudes marines Nr. 4, “L'histoire d'une révolution. La Marine depuis 1870”, Paris, Centre d'études supérieures de la marine, März 2013
12 Richard Hough, Former Naval Person: Churchill and The Wars at Sea, London, Weidenfeld and Nicholson, 1985
13 Philippe Masson, La Marine française et la guerre, 1939-1945, Paris Tallandier, 2000
14 Julie Le Gac, Vaincre sans gloire. Le corps expéditionnaire français en Italie (novembre 1942-juillet 1944), Paris, Les Belles Lettres, 2013
15 Colonel (ER) Pierre Le Goyet, La campagne d'Italie. Une victoire quasi inutile, Paris Nouvelles Editions latines, 1985
16 Ein Viertel der 2. DB besteht aus Truppen nordafrikanischer Herkunft.
17 Christine Levisse-Touzé, Du capitaine de Hauteclocque au général Leclerc, Tagungsbericht von 19.-21. November 1997, Paris, éditions Complexe, 2000; Olivier Forcade, “Du capitaine de Hauteclocque au général Leclerc” in Vingtième siècle. Revue d'histoire, Nr. 58, Paris, 1998, S. 144-146
18 André Martel, Leclerc. Le soldat et le politique, Paris, Albin Michel, 1998
19 Jean-François Muracciole, La libération de Paris, 19-26 août 1944, Paris, Tallandier, 2013
20 Le général Leclerc vu par ses compagnons de combat, Paris, éditions Alsatia, 1948
21 Charles de Gaulle, Mémoires de guerre. L'unité 1942-1944, Paris, Plon, 1956 p.260
22 La libération de la Provence. Les armées de la liberté, Actes du colloque international de Fréjus des 15 et 16 septembre 1994, Paris, Institut d'histoire de la défense/SIRPA, 1994
23 Charles de Gaulle, Mémoires de guerre. Le salut 1944-1946, Paris, Plon, 1959, p.155
24 Zwischen der Einschiffung 1944 und Mai 1945 haben die französischen Streitkräfte dem Feind etwa 570.000 Tote und Verwundete zugefügt sowie 300.000 Gefangene gemacht.
26 Général Jean Compagnon, Leclerc maréchal de France, Paris, Flammarion, 1994
26 Charles de Gaulle, op. cit. p.131
27 Charles de Gaulle, op. cit. p. 158-159
28 Jean-Christophe Notin, Les vaincus seront les vainqueurs. La France en Allemagne, 1945, Paris, Perrin, 2004
29 Claude Franc, Le Haut commandement français sur le front occidental, 1914-1918, Paris, Soteca, 2012 ; François Cochet, La Grande Guerre : fin d'un monde, début d'un siècle, Paris, Perrin, 2014
30 De Gaulle et la Nation face aux problèmes de défense, Tagungsbericht vom 21. und 22. Oktober 1982, Paris, Institut Charles de Gaulle und Plon, 1983
Tristan Lecoq
Generalinspektor für nationale Bildung
Beigeordneter Universitätsprofessor (Zeitgeschichte)
an der Universität Paris Sorbonne
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