1945 - Die Befreiung von Colmar
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Französisch-amerikanische Feier im befreiten Colmar. Februar 1945
Die Generäle de Lattre de Tassigny, Kommandant der 1. Armee, und Devers an der Spitze der 6. Heeresgruppe (zu der die VII. amerikanische Armee und die 1. französische Armee gehören) am Ende einer Heeresschau und Ordensverleihung, der die soeben von den Alliierten befreite Bevölkerung von Colmar beiwohnte.
©SCA - ECPAD - Fotograf: Henri Malin
Die Befreiung von Colmar bildet die letzte Etappe des Elsass-Feldzugs, die im November 1944 von der 1. Armee gestartet wurde. Der Sieg scheint damals in Reichweite. Aber die logistischen Probleme zwingen die Alliierten gemeinsam mit dem hartnäckigen Widerstand der Deutschen, ihren Vormarsch abzubrechen.
Die Offensive wird im November aufgenommen. Die alliierten Armeen hoffen, so schnell wie möglich nach Deutschland vorzudringen. Sie bilden daher die Heeresgruppe Nr. 6, die unter dem Befehl von General Devers steht und aus der 7. US-Armee gebildet wird, der die 2. Pz. Div. und die 1. Armee angegliedert sind.
Die Amerikaner und die 2. Pz. Div. befreien Straßburg am 25. November. Die 1. Armee erreicht am 18. November den Rhein und befreit am 20. Mulhouse (Mühlhausen).
Die Befreiung von Colmar, das sich in der Mitte des Kessels befindet, der die noch von den Deutschen besetzte Region bildet, scheint daher ganz nahe. Es sollten jedoch noch zweieinhalb Monate an Kämpfen einer seltenen Heftigkeit notwendig sein, bis die 1. Armee den deutschen Widerstand bezwingen konnte.
Die unerwartete Dauer der Operationen liegt zum Teil an der Tatsache, dass das Elsass für die Amerikaner ein sekundärer Sektor ist und dies trotz der Herausforderung, welche die Befreiung des Elsass und von Colmar für die Franzosen bedeutete. Das Elsass stellt auch für die Deutschen eine Herausforderung ersten Ranges dar, die es als Bestandteil des Reichsgebietes betrachten. Folglich steht es außer Frage, dass es die Franzosen zurückerobern sollen. Dazu kommt die Bedrohung, die eine alliierte Präsenz im Elsass für die Lebensader bedeuten würde, die der Rhein für die deutsche Kriegswirtschaft darstellt.
Trotz der Verstärkung, welche die Deutschen erhalten, sind die Mittel, über die sie verfügen, deutlich geringer als jene der Franzosen; jedoch haben sie den Heimvorteil auf ihrer Seite.
Die Vogesen bilden ein schwer zu durchdringendes Massiv, vor allem im Winter, während die Ebene des Elsass bessere Möglichkeiten für Aktionen gegen das deutsche Kontingent zu bieten scheint. Schlussendlich handelt es sich aber um ein für das Manöver ungeeignetes Gebiet, da es von vielen Flüssen und Kanälen durchzogen wird und mit Ballungsräumen und Wäldern übersät ist.
Der erste Versuch zur Schließung des Kessels von Colmar: 5. bis 24. Dezember 1944
Die Offensive beginnt am 5. Dezember, jedoch muss sich die 1. Armee angesichts des deutschen Widerstandes mit einem Vorrücken an den Flanken des Kessels und der Befreiung von Thann im Süden (10. Dezember) und Sélestat im Norden zufrieden geben. Himmler wurde das Kommando der deutschen Streitkräfte im Elsass und am Rhein übertragen. Am 12. Dezember muss General de Lattre schließlich auf einen bescheideneren Plan ausweichen, der darin besteht, von den Bergkämmen der Vogesen aus Richtung Colmar und Cernay vorzugehen und dann, im Falle eines Erfolges, bis zur Ill vorzurücken, bevor er zum Rhein vorstößt.
Durch den Munitionsmangel in Verbindung mit dem deutschen Widerstand können die festgelegten Ziele jedoch nicht erreicht werden. Der Vormarsch kommt am 18. Dezember 8 km vor Colmar zum Stillstand, während beträchtliche Verluste verzeichnet wurden. Diese Ergebnisse irritieren General Devers, der de Lattre drängt, ihn zu Ende zu bringen. Er zieht die 2. Pz. Div. zurück, die ihm zugeordnet wurde und gliedert sie wieder in die 7. US-Armee ein. Angesichts eines deutschen Widerstands, dessen Energie sich durch die anfänglichen Erfolge in den Ardennen, wo sie am 16. Dezember in die Offensive gingen, gewaltig gesteigert zu haben scheint, ist Genral de Lattre gezwungen, die Offensive am 24. Dezember abzubrechen.
Die neue Offensive am 1. Januar, welche die Deutschen zwischen Bitche und Sarreguemines beginnen, veranlasst Eisenhower, einen Rückzug zu den Bergkämmen der Vogesen zu planen: das gesamte befreite elsässische Gebiet läuft Gefahr, verloren zu gehen. Durch Intervention von General de Gaulle verzichten die Amerikaner auf diesen Plan. Doch lässt der deutsche Druck erst Mitte Januar unter dem Einfluss der sowjetischen Offensive nach und General de Lattre kann neuerlich eine Wiederaufnahme der Operationen im Abschnitt von Colmar planen.
Die zweite Phase der Schlacht von Colmar: 20. Januar bis 9. Februar 1945
General de Lattre startet die Offensive erneut, nachdem er die Mittel aufgebracht hat, die ihm eine deutliche Überlegenheit sichern. Die acht Divisionen der 1. Armee (der sich die 2. Pz. Div. angeschlossen hat) wurden durch mehrere FFI-Einheiten verstärkt, so dass er nunmehr über 350.000 Mann gegen 100.000 Deutsche der 19. Armee verfügt.
Der Plan von General de Lattre besteht neuerlich darin, die deutschen Verteidigungsstellungen in die Zange zu nehmen, indem er über das Ill-Tal im Süden vorrückt und von den Anhöhen nördlich von Colmar herabkommt. Die Offensive beginnt am 20. Januar unter extremen Wetterbedingungen. Der Schnee schränkt die Sicht ein und macht eine Unterstützung der Infanterie durch Panzer unmöglich. Die Temperatur fällt bald auf -20°, sodass die Panzer und die Artillerie funktionsunfähig werden und keine Munition und kein Nachschub mehr kommen.
Im Norden gelingt es der 2. AK, die durch zwei amerikanische Divisionen verstärkt wurde, ab dem 22. einen Brückenkopf an der Ill einzurichten, jedoch ist der Vormarsch der taktischen Verbände der 2. und 5. Pz. Div. in dieser von Wasserläufen unterteilten und mit Minen gespickten Zone äußerst schwierig. Der Kanal von Colmar wird erst am 28. Januar erreicht. Angesichts der Schwierigkeiten forderte de Lattre bei General Devers Verstärkung an und erhielt am 25. Januar die Angliederung des 21. amerikanischen Armeekorps. Erstmals wird eine amerikanische Einheit dieses Grades dem Befehl des Chefs der 1. Armee unterstellt.
Dieser Vertrauensbeweis seitens der Amerikaner trägt zur Hebung der Moral der Kämpfer bei und ermöglicht, die Aktion gegen den Nordteil des Kessels erneut zu starten. Im Süden gelingt es der 1. Armee nicht, die Verteidigungsstellungen des Abschnitts Cernay zu durchbrechen. Sie ist daher gezwungen, ihre Stoßrichtung nach Ensisheim zu verlagern. Da das Einkesselungsmanöver kaum von der Stelle kommt, beschließt de Lattre, das Hauptaugenmerk auf die Befreiung von Colmar zu legen.
Die Kämpfe, bei denen man bedacht ist, die Zerstörungen gering zu halten, führen zur Befreiung der Stadt. Die französischen Panzertruppen von General Schlesser dringen als erste in Colmar ein, wo der Feind immer noch heftigen Widerstand leistet. Verblüfft strömen die Bewohner Colmars aus ihren Häusern und vergessen die Kämpfe, um die Befreier jubelnd zu begrüßen. Am 3. Februar sichern die Kommandobataillons und die Fallschirmjäger des 1. Fallschirmjägerregiments die Stadt. Auf Befehl von General de Lattre wird Colmar, seine Garnisonsstadt zwischen 1919 und 1939, in das 152. Infanterieregiment eingegliedert. Am 8. Februar halten die Befreier mit einem großen Aufmarsch auf der Place Rapp feierlich Einzug in der Stadt.
Die Kämpfe um den Kessel und die Stadt Colmar waren äußerst hart. Sie forderten 4.800 Tote und 18.000 Verletzte, Verschollene und Gefangene der 1. Armee. Trotz der Schwierigkeiten konnten sich die Franzosen mit diesem Feldzug weiterhin gegenüber ihren Alliierten behaupten, indem sie selbst den letzten wichtigen Teil des Staatsgebietes befreiten, der noch von den Deutschen besetzt war.
Im Februar 1945 sind die Kessel am Atlantik und an der Nordsee sowie ein kleiner Teil der Alpen die einzigen Teile Frankreichs, die noch in der Hand des Feindes sind. Die Angliederung mehrerer amerikanischer Divisionen und später eines Armeekorps an die 1. französische Armee beweist die Anerkennung der Erneuerung der französischen Armee durch die Alliierten.
Quellen: DPMA