Camillo Benso Comte de Cavour
(Turin, 10. August 1810 - Turin, 6. Juni 1861)
Liberal gesinnter Politiker aus dem Piemont, Mitbegründer der italienischen Nation, Wegbereiter der französisch-italienischen Annäherung, Leiter der Verhandlungen um die Abtretung von Nizza und Savoyen an Frankreich mit dem Vertrag von Turin vom 24. März 1860. Camillo Benso, Graf von Cavour, stammte aus einer alten katholischen Adelsfamilie im italienischen Piemont, während seine Mutter Schweizerin und Calvinistin war. Er wählte zunächst die militärische Laufbahn, trat jedoch 1835 aufgrund seiner liberalen Ideen aus der Armee aus. Danach lebte er zwanzig Jahre lang auf seinem Landgut in Levi. Er interessierte sich lebhaft für alle Neuerungen seiner Epoche wie z. B. landwirtschaftliche Arbeitstechniken, moderne Maschinen, die Eisenbahn, die neuen Kreditinstitute. 1842 gründete er einen landwirtschaftlichen Verband und veröffentlichte 1846 eine Studie über die Eisenbahn in Italien. Auf diversen Reisen vertiefte er seine politische Erfahrung und auch seine französischen Sprachkenntnisse. 1847 gründete er die Zeitschrift "Il Resogimento" in der er sich für die Gründung einer konstitutionellen Monarchie in Italien einsetzte.
1848 wurde er als konservativer, jedoch antiklerikaler Abgeordneter ins Parlament von Piemont gewählt und übte verschiedene Funktionen in der dortigen Regierung aus, u.a. als Landwirtschaftsminister im Oktober 1850 und als Finanzminister 1851. Von da an bildete er eine emblematischen Figur in der Politik des Piemont. Im Bemühen um eine Vergrößerung des Piemont auf Kosten Österreichs schloss er aus der italienischen Niederlage von 1849 gegen Österreich (Vertrag von Mailand, August 1849), dass er eine ausländische Unterstützung benötigte, um die Einigung Italiens unter der Führung von Savoyen-Piemont zu erreichen. Frankreich und Napoleon III. schienen ihm der geeignete Alliierte dafür zu sein. Beim Kongress von Paris im April 1856 im Anschluss an den Krimkrieg nutzte Cavour die Rolle aus, die ihm von den kriegführenden Parteien angeboten wurde (militärische Präsenz, jedoch eher politischer als strategischer Art), um das Problem der italienischen Vereinigung zum Thema zu machen und die politischen Absichten Frankreichs im Ausland zu testen. Daraufhin arbeitete Cavour auf eine wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit hin. So wurde 1857 mit den Arbeiten des Tunnels unter dem Mont-Cenis begonnen. Weiterhin bereitete er den Krieg gegen Österreich vor, indem er insbesondere Alexandria in eine Festung verwandelte und ein Arsenal für die Marine in La Spezia errichtete.
Als Botschafter bei der Konferenz in Plombières mit Napoléon III. im Juli 1858 handelte er in sieben Stunden die Allianz zwischen Frankreich und Sardinien-Piemont aus: Militärisches Bündnis gegen Österreich (im Januar 1859 bestätigt), Schaffung eines italienischen Bundesstaats, Abtretung von Nizza und Savoyen an Frankreich, Heirat des Prinzen Jérôme Bonaparte mit der Tochter des Königs von Sardinien-Piemont de Victor-Emmanuel II. Da Cavour bei der Befreiung Italiens von der österreichischen Besatzung persönlich stark beteiligt war, trat er im Juli 1859 aus Protest gegen den Waffenstillstand von Villafranca zwischen Frankreich und Österreich von seinem Amt zurück. Der Sieger Victor-Emmanuel II. verfolgte seine Politik der nationalen Vereinigung der italienischen Halbinsel durch die Annexion der aufständischen Regionen in Mittelitalien. Cavour, der im Januar 1860 in die Regierung berufen wurde, erhielt die Aufgabe, über die Ratifizierung als Gegenleistung für die Abtretung von Nizza und Savoyen zu erreichen (Vertrag von Turin vom 24 März 1860).
Besorgt über das verhalten Frankreichs und Österreichs, unterstützten Cavour und Victor-Emmanuel II. insgeheim den Marsch des Freiheitshelden Garibaldi nach Rom. Nach der Niederlage der sardischen und römischen Truppen wurden durch den Grafen die Gesetze und das Verwaltungssystem von Piemont-Sardinien auf ganz Italien übertragen. Und er erlebte am 14. März 1861 den krönenden Abschluss seines Lebenswerks: Die Wahl von Victor-Emmanuel II. von Piemont zum König von Italien durch das erste italienische Parlament.