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China im Ersten Weltkrieg

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In der Nähe von Blangy, Pas-de-Calais, Ankunft von chinesischen Arbeitern. Mai 1918. Quelle: Fotograf: Albert Moreau. ECPAD
In der Nähe von Blangy, Pas-de-Calais, Ankunft von chinesischen Arbeitern. Mai 1918. Quelle: Fotograf: Albert Moreau. ECPAD
Corps 1

 

China zwischen 1914 und 1918

 

Die seit 1912 bestehende Republik China beschließt am 6. August 1914 in dem auf ihrem Gebiet stattfindenden Krieg, auf dem verschiedene ausländische Mächte Nutzungsrechte beanspruchen, eine neutrale Rolle einzunehmen. Am 2. September beginnen die Japaner gemeinsam mit den alliierten Franzosen und Engländern, die deutschen Besitztümer in Shandong unter sich aufzuteilen.

 

Das Land befindet sich nunmehr in den Händen der so genannten Kriegsfürsten. Insbesondere die Söldner fühlen sich mit den ausländischen Mächten verbunden, die zumindest teilweise ihre Interessen unterstützen. Dieses Chaos, das jegliche zentrale Autorität schwächte, wird durch den Tod von Yuan Che Kai noch schlimmer: Im Juni 1917 versucht General Zhang Xun vergeblich, Pu-Yi als letzten Herrscher durchzusetzen. Am 25. August desselben Jahres bildet Sun Yat Sen, Gründer der Republik, eine Militärregierung in Canton, was zum Ausbruch eines Bürgerkrieges führt, der bis Ende 1918 anhält.

In diesen schwierigen Zeiten, unmittelbar nach der Auflösung der Nationalversammlung und vor Einberufung eines vorübergehenden Präsidenten, Feng Guozhang, tritt China auf Druck von Premierminister Duan Qirui in das Kriegsgeschehen ein und kämpft an der Seite der Alliierten.

 

 

Duan Qirui, Regierungschef in den Jahren 1913, 1916, 1917 und 1918, und vorübergehender Staatschef von 1924 bis 1926. Quelle: Lizenzfrei.

 

 

Am 14. August 1917 erfolgt die Kriegserklärung Chinas an Deutschland mit der Begründung, Deutschlands Marine hätte ein U-Boot angegriffen.

 

Die Alliierten sagen daraufhin China wirtschaftliche Erleichterungen zu, mit dem Hintergrund, ihre eigene Machtstellung zu halten (im November sagen die Amerikaner im Rahmen des Geheimabkommens von Lansing-Ishii den Japanern sämtliche Rechte über die Mandschurei zu).

 

 

Die chinesische Arbeiterklasse im Ersten Weltkrieg

 

Auch wenn der Kriegsbeitritt Chinas keine militärischen Konsequenzen hatte, so war es dennoch den Franzosen und Engländern durch diesen Beitritt erlaubt, chinesische Arbeiter zu rekrutieren.

 

In Europa weitet sich der Konflikt im Jahr 1915 immer weiter aus. Dies wirkt sich nicht nur auf militärische Strategien, sondern auch auf die Arbeitskräfte hinter der Front aus. Genauer gesagt wurden Tausende von Arbeitern und Landwirten für den Dienst an der Waffe verpflichtet.

 

In Frankreich wurden vermehrt ausländische Arbeitskräfte aus Spanien oder Nordafrika rekrutiert. Und es dauerte nicht lange, bis auch immer mehr auf weiter entfernte Ressourcen zurückgegriffen wurde. Noch im selben Jahr nehmen die französischen Behörden Verhandlungen mit der chinesischen Regierung auf. In diesem Land besitzt Frankreich nicht nur eine Enklave, das Gebiet von Kouang-Tcheou, sondern auch weitere Besitztümer, Büros usw. - allesamt wichtige Ressourcen für die Rekrutierung von Arbeitskräften.

 

Am 14. Dezember 1915 reist eine Abordnung unter Oberstleutnant Truptil nach Beijing, um die Rekrutierung und Verschiffung von Arbeitskräften nach Frankreich zu verhandeln und zu organisieren. Diese Verhandlungen enden am 14. Mai 1916 mit der Unterzeichnung des Vertrags von Truptil-Huimin, benannt nach der privaten Kompanie (oder der Gewerkschaft), die von offiziellen Chinesen gegründet worden war. Diese Kompanie war verantwortlich für die Neuanstellung und sie erhielt für jeden bereitgestellten Rekruten, der den Kolonialmächten zugeteilt wurde, eine entsprechende Entschädigung.

 

Quelle: Le Miroir, Ausgabe 237, Sonntag 9. Juni 1918.


Die zwischen 20 und 35 Jahre alten chinesischen Arbeiter stammen hauptsächlich aus den Provinzen Shandong, Hebei und Jiangsu. Die 5-Jahresverträge werden von den Arbeitern unterschrieben oder per Fingerabdruck besiegelt.

 

In der Nähe von Blangy, Pas-de-Calais, Ankunft von chinesischen Arbeitern. Mai 1918. Quelle: Fotograf: Albert Moreau. ECPAD

 

Diese Rekrutierungen verlaufen jedoch nicht reibungslos: 1916 kommt es in Laoxikai und Tianjin zu anti-französischen Kundgebungen.

 

Chinesische Arbeiter im Ersten Weltkrieg bei ihren Kung-Fu Wushu Übungen im Wald von Crécy. Quelle: Lizenzfrei.

 
Corps 2

Insgesamt werden nahezu 140.000 chinesische Arbeiter an der europäischen Ostfront eingesetzt. Ungefähr 96.000 werden von der britischen Armee verpflichtet, 37.000 unterstehen der französischen Armee und wiederum andere sind bis Kriegsende beim amerikanischen Fremdenkorps im Einsatz.

 

Oudezeele, Nord, chinesische Arbeiter bei Straßenarbeiten und in Schützengräben. Juni 1918. Quelle: Fotograf: Lorée. ECPAD


Die Chinesen werden in den bewaffneten Gebieten und auch im Landesinneren eingesetzt. Zu ihren Arbeitsstätten zählten Lager in den Häfen, Werkstätten und Fabriken im metallverarbeitenden Gewerbe, Bahnhöfe, Waffenlager und Waffenhersteller, Bauunternehmen für Munitionslager, Straßenbau usw.

 

Ein chinesischer Arbeiter in der Nähe der Front im Jahr 1917 gönnt sich eine kleine Auszeit. Quelle: Lizenzfrei.

 

Am Morgen nach dem Waffenstillstand werden sie in den befreiten Regionen eingesetzt und sie sind insbesondere für den Wiederaufbau zuständig. Ein Großteil dieser Menschen wurde gemäß Anweisung des Militärstaates dafür eingesetzt, auf den Schlachtfeldern nach sterblichen Überresten zu suchen und Militärfriedhöfe zu errichten.

 

Nach Ablauf der jeweiligen Arbeitsverträge war vorgesehen, sie im Jahr 1921 in ihr Heimatland zurückzuschicken.

 

Ungefähr 3.000 chinesische Arbeiter bevorzugen es, in Frankreich zu bleiben. Viele lassen sich in Paris in der Nähe des Gare de Lyon (12. Arrondissement) nieder, wo schon kurze Zeit später das erste chinesische Viertel in Paris entsteht. Eine Tafel gegenüber der rue Chrétien de Troyes erinnert an diese Tage.

 

Gedenktafel zum Gedächtnis an die Chinesen, die zwischen 1916 und 1918 für Frankreich gestorben sind. Quelle: Licence Creative Commons.

 

Als Beispiel für viele chinesische Arbeiter, die ihr Leben für Frankreich gelassen haben, sind auf dieser Tafel folgende Namen eingraviert: Wang Tsuen Sing, gestorben am 18. Oktober 1918 im Krankenhaus Fontainebleau, 29 Jahre; Tien Tchen Yen, geboren in Tchou Man Tsoung, Arbeiter in der Sprengstofffabrik in Bouchet, gestorben am 16. September 1917 im Militärkrankenhaus Villemain in Paris, 26 Jahre; Li Kouang Chan, geboren in Tien-Tsin, Arbeiter in der Waffenfabrik in Châtellerault, gestorben am 8. Oktober 1918 im Krankenhaus in Châtellerault, 24 Jahre.

 

80 dieser Arbeiter fanden auf den französischen Militärfriedhöfen eine letzte Ruhestätte. 43 von ihnen sind auf nationalen Soldatenfriedhöfen begraben, wie z. B. in Choloy (Meurthe-et-Moselle) oder in Dünkirchen (Nord).

 

 

 

Chinesische Kämpfer in der französischen Armee

 

Sechs Chinesen haben sich für die gesamten Kriegsjahre für den Dienst in der französischen Armee verpflichtet. Sie kämpften unter der Flagge des Marschregiments der Fremdenlegion.

 

Einer von ihnen, der für Frankreich gestorben ist, war der Fremdenlegionär Ma Yi Pao.

 

Die sterblichen Überreste von Ma Yi Pao ruhen auf dem nationalen Soldatenfriedhof in Vic-sur-Aisne in einer Säule für Muslime. Quelle: Association Soissonnais 14-18

 

Der 1894 in Kunming (Provinz Yunnan) geborene Ma Yi Pao ist am 2. September 1918 für Frankreich gestorben. Seine sterblichen Überreste sind auf dem Soldatenfriedhof in Vic-sur-Aisne (Aisne), Bereich F, Grab 59, begraben.

Der in der Militärschule von Nankin ausgebildete junge Mann verlässt diese Ausbildungsstätte 1913 als Offizier der Armee der Republik China.

Im Alter von 23 Jahren begibt er sich 1917 nach Hanoi (Tonkin), wo er freiwillig der französischen Armee beitritt dort bis Kriegsende seinen Dienst ableistet. Als Ausländer wird er als einfacher Legionär in das Marschregiment der Fremdenlegion eingebunden. Nach seinen Einsätzen in Marokko und Algerien wird der junge Legionär 1918 an der Front eingesetzt.

Während den Kämpfen in Ancre, Somme im März 1918 erleidet er eine Kopfverletzung. Geheilt kehrt er dann wieder zu seiner Einheit zurück und nimmt im Juni an der Schlacht um Oise teil, wo er Opfer eines Giftgasangriffs und sodann evakuiert wird. Er wird zur Behandlung nach Paris gebracht und erhält das Kriegsverdienstkreuz.

Nach erneuter Heilung kehrt er wieder an die Front zurück. Am 2. September 1918 stirbt er an neuen Verletzungen im Krankenwagen Nr. 3/55 auf der Fahrt nach Jaulzy, Oise.

 

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