Daniel Cordier : Der grüne Hut ist immer grün
Sich den Rängen des BCRA anzuschließen, bedeutet für einen freien Franzosen, die Priorität auf die geheimen Aktionen in Frankreich zu richten. Die Dienstaufträge zeugen von den verschiedenen Formen, die diese Aktion annehmen konnte. Die Archive der Nachrichtendiensten die vom historischen Dienst der Verteidigung aufbewahrt werden, halten noch einige Überraschungen bereit, selbst für Daniel Cordier, der seit den 1980er Jahren einen guten Ruf als Entdecker für Archive genießt.
Ende der 70er Jahre, als er eine lange Studie des Lebens und Schaffens von Jean Moulin begann, wollte sich Daniel Cordier eher auf Dokumente als auf Zeugenaussage verlassen. In seinem Besitz waren zahlreiche Dokumente, die er zum Zeitpunkt aufbewahrt hatte, als er die DGER verließ, wo er sich um die Sortierung der Archive und einen Teil der Redaktion des Weißbuchs des BCRA kümmerte. Sein Status als ehemaliger Sekretär von Jean Moulin und als Compagnon de la Libération gewährten ihm zusätzlich einen privilegierten Zugang zu gewissen Archiven, die den anderen Forschern verwehrt blieben, insbesondere zu jenen des BCRA, die in den Nationalarchiven aufbewahrt werden. Er hat auch ganz Frankreich auf der Suche nach unbekannten Archiven durchreist. Kurz gesagt, nichts ist ihm entkommen. Wobei…bis vor kurzem war Daniel Cordier sein Dienstauftrag nicht bekannt, es existiert scheinbar keine Kopie davon außer in den Archiven der Nachrichtendienste von Vichy, in Vincennes (siehe Tonbildschau).
Ein Pianist
Dieser Dienstauftrag, unterzeichnet von General de Gaulle, wurde am 24. Juni von Bruno Larat, Mitglied der Abteilung Action Missions (A/M) des BCRA verfasst, der ein Jahr später zugleich mit Jean Moulin verhaftet wurde, und während der Deportation starb. Wie üblich handelt es sich um ein sehr kurzes Dokument, das das Prinzip einer Mission bestätigt, ohne die Details zu erklären: Der Aspirant Daniel Cordier wird als Funker in die nicht besetzte Zone versetzt - man spricht damals von Pianisten (siehe Die Übermittlungen im Dienst der Aktion) - im Auftrag des Commissariat national à l'Intérieur (CNI).
Von Beginn an wundert sich der Leser über die Verwendung des Namens Cordier, in der Überzeugung, dass die Missionsbefehle der Geheimdienste unter einem in London angenommenen Decknamen verfasst werden. Der richtige Name des jungen Mannes ist der seines Vaters, Bouyjou; Cordier ist der Name des zweiten Ehemannes seiner Mutter, Charles Cordier. Die Freiwilligen des Freien Frankreichs haben aus Sicherheitsgründen die Möglichkeit, einen Decknamen zu wählen, und Daniel Bouyjou ergreift diese Gelegenheit, um einen lang gehegten Traum zu erfüllen und wählt den Namen Cordier, der viel häufiger ist. Seit 1946 ist sein offizieller Name Daniel Bouyjou-Cordier.
Der Missionsbefehl ist nur der sichtbare Teil eines viel kompletteren Missionsdossiers, das das BCRA dem Generalstabschef (EMP) vorlegt. So wird präzisiert, dass die Mission des Funkers Cordier auf Anfrage von Jean Moulin die Sendungen des ”Bureau Information-Propagande” übernimmt, das er in der Südzone wenige Wochen vorher eingerichtet hatte, um die Presse des Freien Frankreichs mit Informationen der Widerstandsbewegungen zu versorgen und umgekehrt. Es handelt sich in Wirklichkeit um ein Informations- und Pressebüro (BIP) unter der Leitung von Georges Bidault, der selbst den Decknamen Bip trägt. Wie dem auch sei, Daniel Cordier wird zu BipW, ein Deckname, der das Akronym BIP und den Zusatz W vereint, der dazu dient die Funker zu bezeichnen. Die Ausbildung, die er in England erhalten hatte, befähigt ihn auch, geheime Luftoperationen für die Royal Air Force (RAF) zu organisieren, insbesondere die Landung eines Lysander auf einem abgelegenen Feld.
Daniel Cordier wird schließlich in der Nacht vom 25. auf den 26. Juli 1942 mit zwei anderen Agenten des BCRA per Fallschirm in der Nähe von Montluçon abgesetzt. Alle drei werden von einem anderen Agenten, Paul Schmidt, empfangen, der einige Wochen vor ihnen eingetroffen war. Unter den vor seiner Abreise festgelegten Anordnungen befindet sich ein Satz -“der grüne Hut ist immer grün” - mit dem er antworten musste, falls London ihm die folgende Frage stellte: ”Ist Darnaud noch immer am gleichen Ort?” Jede andere Antwort bedeutete, dass er nicht mehr in Freiheit war.
Befehle und Wirklichkeit
Ein Missionsbefehl ist nur der Beginn eines Abenteuers, dessen unvorhergesehene Ereignisse oft weit davon abwichen, was in den Büros in London vorgesehen war. Der Fall von Daniel Cordier ist ein perfektes Beispiel dafür. Wie für viele seiner Kameraden war vorgesehen, dass BipW ”nach ungefähr drei Monaten” nach England zurückkehren sollte, fall es ihm gelang ”einen oder mehrere Funker” auszubilden.
Tatsächlich wurde diese Frist niemals eingehalten. Daniel Cordier kehrte erst im Mai 1944 endgültig nach London zurück. Vor Allem entsprach seine Arbeit in Frankreich nicht im Geringsten dem, was auf seinem Missionsbefehl stand. Schuld daran war Jean Moulin, der ihn bei sich behielt anstatt ihn zu Bip zu schicken und ihn damit beauftragte, sein Sekretariat zu organisieren, anstatt die Sendungen nach London auszuführen. Und so unterhielt Daniel Cordier das Sekretariat von Jean Moulin alias Rex, nacheinander in der Süd- und Nordzone... zum Leidwesen des BCRA, dem Funker fehlten, und es nicht verstand, wie Rex die Rolle eines Agenten, der monatelang ausgebildet worden war, verändern konnte.
Sébastien Albertelli
Doktor der Geschichte
WEITERE INFORMATIONEN
Der Missionsbefehl von Daniel Cordier wird in den Archiven des BCRA aufbewahrt und in der Untersektion GR 28 P 4 (Akten der Netzwerkagenten) abgelegt.
Seine Akte als Widerstandskämpfer, die unter dem Aktenzeichen GR 16 P 85797 abgelegt ist, ist im Lesesaal einsehbar.
Seine mündliche Aussage (siehe Von den Archiven der BCRA bis zum Weißbuch) wird unter dem Aktenzeichen GR 3 K1 40 aufbewahrt und ist frei einsehbar.