Der Algerienkrieg der Harkis
Von den aus der französischen Präsenz in Algerien stammenden Wörtern sind wenige so stark emotional belastet wie der Begriff "Harki". Fünfzig Jahre nach der algerischen Unabhängigkeit leidet die Geschichte der algerischen Hilfstruppen der französischen Armee immer noch unter einer Reihe von Voraussetzungen.
Streng genommen waren die Harkis Hilfssoldaten, die von der französischen Armee in den Algerienfeldzügen zwischen 1955 und 1962 rekrutiert wurden. Diese Männer sind in gewisser Weise die Erben der indigenen Soldaten, die seit 1831 an der Seite der Einheiten Kontinentalfrankreichs an der Eroberung des Gebietes und später an der Aufrechterhaltung der Kolonialordnung teilnahmen. Frankreich rekrutierte während des Unabhängigkeitskrieges neben den Harkis bis zu vier weitere algerische Hilfsgruppen, deren Rolle schwer einzuschätzen bleibt.
Die mobilen Einheiten der lokalen Polizei (Groupes mobiles de police rurale, GMPR) waren die ersten Hilfseinheiten, die in Algerien gebildet wurden (Januar 1955). Sie wurden vorwiegend aus Veteranen rekrutiert und zählten 10.000 Männer im Jahr 1958 – eine Truppenstärke, die später nicht mehr wesentlich steigen sollte. Die GMPR erfüllten leichte Aufgaben bei Eingriffen zur Absicherung von Feldzügen, Märkten und Verkehrsachsen.
Neu rekrutierte Harkis trainieren in La Cherrata in der Region Constantine, Februar 1960. © Ecpad/Klerzkowski
Ab 1955 bildete die Armee eine zweite Art von Hilfseinheiten: die Mokhaznis. Diese dienten in „Makhzen“ zu ca. 30 Mann und standen den Offizieren zur Verfügung, welche die spezialisierten Verwaltungsabteilungen (Sections Administratives Spécialisés, SAS) kommandierten, die neu gegründet wurden, um die Schwächen der Verwaltung in den Algerienfeldzügen auszugleichen. Man zählte ca. 20.000 Mokhaznis gegen 1958-1959. Ihre täglichen Aufgaben hingen vom leitenden Offizier der SAS ab und waren zwischen lokalen Polizeiarbeiten, der Informationsgewinnung und der Teilnahme an Einsätzen des Sektors angesiedelt.
Die gleichzeitige Bildung der Harkis und Selbstverteidigungsgruppen erfolgte später (1956). Diese Gruppen wurden von der Verwaltung aus bewaffneten Dorfbewohnern gebildet, damit sie zu ihrer eigenen Sicherheit beitragen. Bis zu 30.000 Waffen wurden an sie verteilt, obwohl der operative Beitrag dieser Art von Einheit ziemlich gering bleiben sollte. Die Harkis waren Algerier, die kurz rekrutiert wurden, um der Armee bei Einsätzen zu helfen, die in der Nähe ihres Dorfes, dem Douar, stattfanden. Auch wenn ihr vorübergehender Charakter nach der Intensivierung des Krieges nicht andauerte, blieben die Harkis dennoch bis November 1961 satzungsgemäß „Tagelöhner“
Ursprünglich schwach bewaffnet, wurden sie nach und nach mit Kriegswaffen ausgerüstet – vorwiegend Gewehre und Maschinenpistolen. Ihre Zahl stieg weiterhin und erreichte zwischen 1959 und 1961 ca. 60.000 Mann. Diese Zeit, in der General Challe Oberbefehlshaber in Algier war, bildete den Höhepunkt der Rekrutierung algerischer Hilfstruppen durch die französische Armee auf dem gesamten Kolonialgebiet. Die Harkis bildeten also die zahlenmäßig stärkste und einsatzfähigste Gruppe – das heißt, dass sie in die militärischen Einsätze zur „Aufrechterhaltung der Ordnung“ am meisten eingebunden war. Für die Offiziere, die sie befehligten, stellten sie eine unterstützende Kraft bei der Gewährleistung der Sicherheit der Sektoren dar, indem sie das Hinterland überwachten. Patrouillen, Bewachungen, Durchkämmungen, Einsätze usw., während denen die Harkis als Aufklärer oder Springer dienen und eine Sektion verstärken oder auch eigene Sektionen bilden konnten.
Wie die Mehrheit der anderen Hilfstruppen wurden die Harkis prinzipiell auf lokaler Ebene rekrutiert. Viele Offiziere erwarteten von ihnen, dass sie sie über die nationalistischen Aktivitäten ihres Sektors informieren. Eine Minderheit der Harkis nahm übrigens an Infiltrations- oder „Nomadisierungs-“Missionen im Hinterland teil – insbesondere innerhalb der „Jagdkommandos“ zwischen 1959 und 1961 oder dem berühmten Georges-Kommando. Ca. 3.000 von ihnen verloren bei diesen Missionen das Leben; das zeigt, wie heftig diese Kämpfe waren.
Neu aufgenommene Harkis patrouillieren im Sektor der Region Palestro, September 1959. © Ecpad/Berges
Die Frage der Motivation der Hilfstruppen bleibt stark umstritten. Seit 1962 wurden hintereinander mehrere Gründe vorgebracht, die sich tatsächlich ergänzen: der Patriotismus (die Treue zu Frankreich – oder allgemeiner zur Ordnung), der von der französischen Armee ausgeübte Druck (Zwangsrekrutierungen), das Streben nach einem Sold (wirtschaftliche Motivation) und die Reaktion auf die Übergriffe der Nationalen Befreiungsfront (Front de libération national, FLN). Um zu verstehen, warum Zigtausende Algerier beschlossen, sich der Aufrechterhaltung der Kolonialordnung anzuschließen, ist es notwendig, diese Erläuterungen zu ergänzen und sie wieder in ihren sozioökonomischen Kontext einzubinden. Die Berücksichtigung der sozialen und familiären Umstände scheint wesentlich, um den Schritt zur Tat besser erfassen zu können – ob sie Oberhäupter oder Unterstützer der Familie waren –, inmitten einer stark hierarchischen, ländlichen Gesellschaft. Außerdem war diese Gesellschaft durch die von Frankreich in Algerien angewandte Militärstrategie geprägt. Um nur ein Beispiel zu nennen: Die massive Umsiedlung der Bevölkerung, die durch die Praxis von Sperrzonen und der Zusammenlegung von Bevölkerungsgruppen bedingt war, führte zu einem Umbruch des traditionellen gesellschaftlichen Gefüges und verschärfte die Verarmung am Land, die bereits vor dem Krieg beträchtlich war. In dieser Situation scheint der Sold für die Hilfstruppen eines von mehreren Elementen zu sein, welches eine Hilfestellung für die ländliche Gesellschaft in Algerien bot.
Ein ebenso sensibles Thema sind die Berichte über die Gewalttaten, die in Algerien zum Zeitpunkt der Erlangung der Unabhängigkeit begangen wurden und die viele Fragen bis heute im Dunkeln lassen. Trotz eines ersten Rückgangs der Truppenstärke im Laufe des Jahres 1961 blieben 40.000 Harkis im März 1962 bei der Unterzeichnung der Verträge von Évian bewaffnet. Ihre Demobilisierung erfolgte im Chaos, zwischen Fahnenfluchten, Entwaffnungen und Übergriffen. Zwischen März und Juli 1962 nimmt die französische Armee in ihren Lagern in Algerien mehrere Tausend „bedrohte Algerier“ auf – vorwiegend ehemalige Harkis und ihre Familien, aber auch ehemalige Abgeordnete, Beamte und andere Hilfskräfte. Diese Aufnahme führte Ende Juni zur Verlegung von ca. 10.000 „französischen Muslimen“ nach Frankreich, nur wenige Tage vor der Unabhängigkeit. In der selben Zeit jedoch taten sich mehrere Ministerien zusammen, um die Niederlassung ehemaliger Harkis in Frankreich zu beschränken. Sie machten der Reihe nach die Furcht der OAS (Organisation der geheimen Armee) geltend, die Notwendigkeit einer Migrationskontrolle oder ihre schwierige Integration in Frankreich. So richteten die Minister Pierre Messmer (Armee), Louis Joxe (Algerien), Robert Boulin (Heimkehrer) und Roger Frey (Inneres) verschiedene Weisungen an ihre Untergebenen, die dazu beitrugen, dass die Migration der ehemaligen Hilfstruppen (vor allem Harkis und Mokhaznis) beschränkt wurde.
Die Übergriffe begannen im Frühling. Sie blieben anfangs beschränkt und betrafen nur ehemalige Hilfstruppen, jedoch auch ehemalige Abgeordnete, Beamte oder ihre Familien. Im allgemeinen Sprachgebrauch – insbesondere in der de Gaulle feindlichen Presse, die über diese Gewalttaten berichtet – verändert der Begriff „Harki“ daher seine Bedeutung und bezeichnet jeden Franzosen, der in Nordafrika geboren ist (Français de souche nord-africaine, FSNA) und aufgrund seiner Haltung im Krieg von der FLN bedroht wird.
Harkis nehmen am Einholen der Fahne teil, Ausbildungszentrum von Hammam Meskoutine in der Gegend von Constantine, November 1959 © Ecpad/Antoine
Nach der Unabhängigkeit weiten sich die Übergriffe in Algerien aus. Der Osten scheint von der Gewalt bis Ende 1962 am stärksten betroffen zu sein. Eine genaue Bilanz dieser Zeit ist bis heute nicht möglich. In den ersten Monaten der algerischen Unabhängigkeit werden mehrere Zigtausend Algerier getötet, enteignet oder gefangen genommen. Von Letzteren kommen mehrere Tausend bei der Entminung der von der französischen Armee wenige Jahre zuvor an der marokkanischen und tunesischen Grenze errichteten Absperrungen zum Einsatz. Im September festigt Ahmed Ben Bella seine Macht in Algier. Die Gewalt geht im Winter nach und nach zurück. Die französische Armee setzt ihre Betreuungs- und Transportaufgaben fort. Insgesamt werden 27.000 Algerier mit militärischen Mitteln bis Ende 1963 verlegt. In derselben Zeit sollten jedoch weitere 30.000 bis 40.000 bedrohte Menschen mit eigenen Mitteln oder mit Hilfe ehemaliger Offiziere – die Zeugen des unzureichenden Plans der offiziellen Verlegung waren – Frankreich erreichen. Die Flüchtlinge werden in eilig adaptierten Lagern untergebracht, die für einen längeren Aufenthalt ungeeignet sind. 41.000 „Harkis“ sollten solche Lager passieren. Mit einer Verordnung vom 21. Juli 1962 wird ihnen die französische Staatsbürgerschaft aberkannt. Um wieder Franzosen zu werden, müssen die „Harkis“ eine „Deklaration zur Bestätigung der Staatsbürgerschaft“ unterzeichnen, die von einem Richter für gültig erklärt wird. Von einem streng rechtlichen Standpunkt aus gesehen waren sie daher „aus Algerien heimgekehrte Franzosen“. Tatsächlich wurden ihnen jedoch durch verschiedene gesetzliche Vorschriften bis in die 1980er-Jahre dieselben Rechte vorenthalten, die für die „Pieds Noirs“ („Schwarzfüße“) galten.