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Die Veteranen der Wehrmacht im Nachkriegsdeutschland

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Prozess gegen Kriegsverbrecher in Nürnberg vor dem Alliierten Militärgericht (20. November 1945 bis 1. Oktober 1946). © akg-images

Nach 1945 stellte sich in Deutschland angesichts der Verbrechen der Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs die Frage nach der Stellung der Generalstabsoffiziere in den deutschen Streitkräften und der deutschen Gesellschaft, während das Land durch den Kalten Krieg in zwei Teile gespalten war.

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In Deutschland galt das Kriegsende 1945 lange Zeit als „Stunde Null", ein historischer Bruch, auf den ein Neuanfang folgte. Auf den ersten Blick schien sich diese Annahme zu bestätigen: Das Deutsche Reich hatte bedingungslos kapituliert, die Armee war vernichtet und ihre hohen Militärs entmachtet. Bei näherer Betrachtung erwies sich die Stunde Null jedoch als ein weitaus geringerer Bruch, als zunächst angenommen. Einem Großteil der alten Eliten gelang es, in der Folge einflussreiche Positionen im Staat und in der Gesellschaft zu erreichen. Die Generalstabsoffiziere der Wehrmacht beliefen sich auf 3.191 Mann, darunter 291 Admirale. Trotz schwerer Verluste, die insbesondere im letzten Kriegsjahr auch unter hochrangigen Offizieren erlitten wurden, hatten etwa 2.800 die Kämpfe überlebt. Nach 1945 befanden sie sich zunächst in Gefangenschaft, da die Kriegsverbrecher auf ihren Prozess warteten. Nach der Gründung der beiden deutschen Staaten im Jahr 1949 hatten die meisten von ihnen jedoch bereits ihre Freiheit wiedererlangt.

Zwischen Kontinuität und Umbrüchen

In der Zwischenzeit hatte sich der Konflikt zwischen den Westmächten und der UdSSR verschärft. Während des Kalten Krieges erstellten die USA und die UdSSR daher Pläne für die Wiederaufrüstung der beiden 1949 gegründeten deutschen Staaten. Zwar sahen sich die Deutschen in erster Linie als Opfer des Krieges, doch war vielen bewusst, dass das nationalsozialistische Deutschland schreckliche Verbrechen begangen hatte. Die von den Alliierten angestrengten Kriegsverbrecherprozesse, bei denen 37 Generalstabsoffiziere zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden, haben dies deutlich gezeigt.

 

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Prozess gegen Kriegsverbrecher in Nürnberg vor dem Alliierten Militärgericht (20. November 1945 bis 1. Oktober 1946). © akg-images

 

Die neue westdeutsche Armee sollte also einen Neuanfang verkörpern. In Bezug auf die Truppenstärke war jedoch eine gewisse Kontinuität erkennbar. 1957 wurden 44 General- und Admiralstabsoffiziere der Wehrmacht in die Bundeswehr übernommen. Bundeskanzler Konrad Adenauer soll die Kluft zwischen Neuanfang und Kontinuität äußerst nüchtern kommentiert haben: „Ich glaube, dass die NATO keine Generäle aufnimmt, die erst 18 Jahre alt sind". Um nur unbescholtenes Personal einzustellen, wurde eigens ein Kontrollorgan geschaffen, das die Bewerber für hohe Positionen einer kritischen Prüfung unterzog. Kontinuität und Umbrüche gab es auch in der DDR. Beim Aufbau der Streitkräfte wurden viel weniger ehemalige hochrangige Offiziere der Wehrmacht in die Streitkräfte integriert als in der Bundesrepublik. Obwohl sich der sozialistische Staat als antifaschistisch betrachtete, konnte er zunächst auch nicht auf militärische Erfahrungen verzichten. Bei der Gründung der ostdeutschen Nationalen Volksarmee, NVA im Jahr 1956 wurden vier ehemalige Generalstabsoffiziere der Wehrmacht rekrutiert, was 14 % der - zu diesem Zeitpunkt noch kleinen - Gruppe hochrangiger Offiziere ausmachte. Besonders auffällig ist das Beispiel von Generalleutnant Vinzenz Müller, der zum Chef des Hauptstabs der NVA wurde. Da die politische Zuverlässigkeit der Streitkräfte in der DDR jedoch von größter Bedeutung war, wurden diese vier Generalstabsoffiziere bereits 1958 abberufen.

Insgesamt wurde jedoch nur ein kleiner Teil der ehemaligen General- und Admiralstabsoffiziere in die Bundeswehr und die NVA integriert. Viele Generalstabsoffiziere und Admirale „i.R." arbeiteten in der Industrie, im Handel und im öffentlichen Dienst oder führten ein Leben als Rentner und tauchten nicht mehr auf. Einige hatten jedoch Schwierigkeiten, die Vergangenheit zu akzeptieren, und versuchten daher, ihre eigene Sicht der Geschichte in der öffentlichen Meinung festzuschreiben.

Natürlich war dies in der DDR nur in sehr begrenztem Umfang möglich. Dort konnten die Veteranen nur unter staatlicher Aufsicht tätig werden. Friedrich Paulus, der von Hitler kurz vor der Kapitulation der 6. Armee in Stalingrad 1943 (die er befehligte) zum Generalfeldmarschall befördert worden war, kam zehn Jahre später aus der sowjetischen Gefangenschaft frei und wurde in die DDR gebracht. Dort sollte er, von der Staatssicherheit überwacht, Propaganda für das sozialistische Regime machen. Paulus, dem es offensichtlich an politischer Erfahrung fehlte - und dessen Redemanuskripte von General Müller regelmäßig im Sinne des Sozialismus überarbeitet wurden -, wollte damit sein umstrittenes Vorgehen in Stalingrad legitimieren. Er war gegen die Wiederaufrüstung der BRD, was voll und ganz dem Geist Ostberlins entsprach. Insgesamt blieben die Versuche der DDR, über den Generalfeldmarschall Einfluss auf die westdeutschen Veteranen zu nehmen, jedoch erfolglos.

Rehabilitierung der ehemaligen Soldaten

In der Bundesrepublik Deutschland war die Situation anders. Bonn rehabilitierte die ehemaligen Militärangehörigen, um sie in die neue politische Ordnung einzubinden und sie für die Wiederaufrüstung zu gewinnen. Obwohl es in der DDR ähnliche Versuche gab, gingen sie nicht so weit wie im Westen, wo ehemalige Generalstabsoffiziere sogar bei Bundeskanzler Adenauer auftauchten, um sich für die Freilassung von verurteilten Kriegsgefangenen in alliierter Gefangenschaft einzusetzen. Eine ganze Reihe von Initiativen ehemaliger hochrangiger Militärs zielte offensichtlich ins Schwarze und war erfolgreich: 1949 verabschiedete der Bundestag ein Amnestiegesetz, dem 1951 ein Gesetz folgte, das es ehemaligen Berufssoldaten ermöglichte, erhebliche Sozialleistungen wie Renten und Zulagen zu erhalten und ihren ehemaligen Dienstgrad mit dem Zusatz „i.R." zu tragen.

In der Bundesrepublik Deutschland konnten sich Veteranen mit zahlreichen Aktivitäten auf (erinnerungs-)politischer Ebene einbringen und waren in rund 1.000 verschiedenen Organisationen zusammengeschlossen. Einige Generalstabsoffiziere, wie Hermann-Bernhard Ramcke, nutzten die Treffen dieser Organisationen, um unverhohlen an die Ideen und Werte der nationalsozialistischen Zeit anzuknüpfen. Im Jahr 1952 sorgte seine Rede vor Veteranen der Waffen-SS für einen Skandal. Andere hingegen - wie Paulus in der DDR - versuchten, ihr Verhalten während des Krieges in Form von Publikationen zu legitimieren. So erschienen 1955 die Memoiren des Generalfeldmarschalls Erich von Manstein unter dem programmatischen Titel Verlorene Siege. Das Werk, das die Generäle von der Schuld an der Niederlage und den Kriegsverbrechen freisprach, wurde zum Bestseller. Während der Aufbauphase der Bundeswehr arbeitete der Autor als Berater des Verteidigungsministeriums.

 

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Generalfeldmarschall Erich von Manstein, ehemaliger Offizier der Wehrmacht, damals Berater im Verteidigungsministerium, Bonn, 20. Juni 1956. © akg-images

 

Nach 1945 führten viele ehemalige Generalstabsoffiziere und Admirale der Wehrmacht ein Leben als Rentner. Dennoch war das Jahr 1945 keine Stunde Null: Nach dem Krieg gelang es einigen, einflussreiche Positionen im Militär, in der Wirtschaft und in der Gesellschaft zu erreichen, wobei sie von der durch den Kalten Krieg eingeleiteten Wende profitierten. Während ihr Erfolg in der DDR nur von kurzer Dauer war, boten ihnen die liberale Gesellschaft und die Integrationspolitik Adenauers Möglichkeiten, gegen ihre angebliche „Diffamierung" vorzugehen und das Bild der Vergangenheit zu beeinflussen.

 

Christoph Nübel - Historiker am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissentschaften der Bundeswehr (ZMSBw)
Aus dem Deutschen übersetzter Text