Frankreich im Golfkrieg
Im November 1989 beendet der Fall der Berliner Mauer 40 Jahre Kalten Krieg. Dennoch hat sich die internationale Lage noch nicht stabilisiert und die innerstaatlichen Konflikte dauern an, sodass sie die Mobilisierung der internationalen Gemeinschaft in Gang bringen. Die französischen Streitkräfte verzeichnen daher eine Vielzahl operativer Einsätze, die vom “ersten Golfkrieg” 1991 eingeleitet werden.
Am 2. August 1990, nach einem langen Krieg gegen den Iran, fällt der Irak von Saddam Hussein im Emirat Kuwait ein und macht ihm die Nutzung der Ölfelder an der Grenze streitig.
Gleich zu Beginn der Feindseligkeiten wird die internationale Gemeinschaft im Rahmen von drei Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen aktiv, um Kuwait zu Hilfe zu kommen. Von da an tritt Frankreich einer Militärkoalition bei, die sich hauptsächlich aus den Verbündeten der Organisation des Nordatlantikvertrags (NATO) zusammensetzt und von den Vereinigten Staaten von Amerika angeführt wird, die allein zwischen 500.000 und 900.000 Mann mobilisiert haben. Den operativen Praktiken des atlantischen Bündnissen entsprechend sieht die Planung lange Phasen des logistischen Aufbaus der Truppen, der Ausbildung, der Zertifizierung und dann der Luftvorbereitung zwischen dem 17. Januar und dem 28. Februar 1991 vor. Anschließend wird das neue amerikanische Konzept “Airland Battle” umgesetzt, das darin besteht, die gegnerischen Truppen allein durch die Stärke der Luftstreitkräfte und chirurgische Schläge zu dezimieren.
Obwohl die Einheiten schon vor Monaten entsandt wurden, beginnt der eigentliche Bodenangriff, der unter dem Namen der Operation “Wüstensturm” bekannt ist, erst am 24. Februar, und endet drei Tage später nach etwa hundert Stunden Kampf. Eine beträchtliche nukleare, biologische und chemische Bedrohung, die von der internationalen Gemeinschaft sehr ernst genommen wird, lastet auf den Streitkräften der Koalition. Alle Soldaten sind daher neben dem ständig getragenen Schutzanzug (S3P) mit dem normalen Schutzgerät (ANP) mit Vollsichtscheibe und Karbonhandschuhen und -strümpfen ausgerüstet.
Die aus mehr als 10.000 Mann bestehende französische “Daguet”-Division vereint die von Frankreich eingesetzten Verbände der Luft- und Seestreitkräfte sowie der Logistik. Neben einem Panzerregiment und zwei Regimentern mit leichten Panzerfahrzeugen wird der Infanterieanteil hauptsächlich vom 3. Infanterieregiment der Marine (RIMa) gestellt, welches durch das 2. RIMa, das 2. Infanterieregiment der Fremdenlegion, Verbände des 1. Infanterieregiments sowie die Fernspähkommandogruppe Commandos de recherche et d'action dans la profondeur (CRAP) verstärkt wird.
Die Hauptaufgabe der “Daguet”-Division bei dieser Bodenoperation ist die Information und Deckung des Hauptteils der alliierten Truppen, die auf der sogenannten “Autobahn des Todes” zwischen Kuwait City und Basra gegen Westen vorrücken. Nach der Eroberung der Ausgangsbasis am 24. Februar um 3.30 Uhr durch die CRAP-Kommandos gibt General Janvier, der die Division befehligt, per Funk um 5.30 Uhr den Befehl aufzubrechen: “An alle, vorwärts und viel Glück!” Die französischen Streitkräfte machen in der Wüste einen Sprung von einigen Dutzend Kilometern, ohne auf nennenswerten Widerstand seitens der Iraker zu stoßen, die ihnen gegenüber stehen. Zwei Panzergruppen dringen in das erste Zentrum des Widerstands “Rochambeau” vor, dessen Name an die französisch-amerikanische militärische Kooperation zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs erinnert. Das Zentrum wird von der Gruppe zwischen 12 und 17 Uhr gestürmt.
Die westliche Gruppe ihrerseits dringt weit in den Westen vor, um die Aktion der Division in Richtung Norden zu decken. Die Befehls- und Logistikmittel der Iraker sind zusammengebrochen. Die Männer ergeben sich zu Tausenden kampflos, wodurch sie die Truppen auf Grund ihrer Anzahl behindern. Am Morgen des 25. Februar treffen die Verbände der beiden Gruppen im Süden des zweiten Ziels, in As Salman, ein, das noch am selben Abend angegriffen wird. Unter dem Druck der internationalen Meinung hält die Offensive schließlich an der irakischen Grenze an. Die im Kuwait geschlagenen Truppen Saddam Husseins treten den Rückzug an, wobei sie Sabotageakte an den Erdölquellen verüben.
Am Ende der Operation hat Frankreich keine Verluste im Kampf zu beklagen, mit Ausnahme von zwei Soldaten der CRAP, die bei einem Unfall getötet wurden. Die vorsorglich auf der Luftwaffenbasis Orléans-Bricy eingelagerten Särge, wo man die sterblichen Überreste hinbringen hätte sollen, wurden daher schlussendlich nicht gebraucht.
Auch wenn diese Operation ein Erfolg für Frankreich war, zeigte sie das Problem der Anpassung seiner Verteidigungsmittel an die Realität solcher Einsätze auf. Denn die Lage vor Ort erforderte einen schnellen Aufbau der Truppen der “Daguet”-Division. So sahen sich alle Einheiten der Landstreitkräfte gezwungen, Personal bereitzustellen, einschließlich Freiwilliger, die einen Einsatzvertrag “für die Dauer des Krieges” unterzeichnet hatten. Die Staatsmacht war damals der Ansicht, dass die Wehrpflicht nicht mehr ermöglichte, auf die Sicherheits- und Verteidigungsherausforderungen zu reagieren und dass es Zeit war, die Professionalisierung der Streitkräfte zu erörtern, die ab 1997 schließlich mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Abschaffung der Wehrpflicht umgesetzt wurde.
Oberstleutnant Paul Rascle - CFT / DIV FPE / B.FORM, Leiter des Bereichs PILFORM
Augenzeugenbericht
Oberstleutnant Jacques A.
(Landstreitkräfte, Golfkrieg)
“1991 nehme ich als Hauptmann des Kommandos der 1. Staffel des 4. Dragonerregiments mit der Daguet-Division an der Operation “Wüstensturm” teil. Beim Verlassen Frankreichs wird mir bewusst, welche Verantwortung ich trage: alle meine Männer lebend zurückzubringen! Kaum dass wir vor Ort angekommen sind, führen uns die allgegenwärtigen Gasmasken die Realität vor Augen. Uns wird klar, dass wir uns tatsächlich auf einen Panzerkampf in der Wüste vorbereiten.
Wir wissen noch nicht, ob wir den Krieg gewinnen werden, aber die Dragoner sind entschlossen, bis zum letzten Opfer in den Kampf zu ziehen. Während der Offensive müssen wir Artilleriebeschuss einstecken. Wir hören die Granaten pfeifen. Wir schießen auch unsere 105 mm-Kanonen ab, wobei wir Gefahr laufen, chemische Munition zu treffen. Jede Besatzung der AMX30-Panzer wird zu einer Einheit, um die Mission zu einem guten Ende zu führen. Als der Waffenstillstand verkündet wird, sind wir stolz und erleichtert, dass beim Appell niemand fehlt. Diese Euphorie, diese immense Freude und dieses unbeschreibliche Glück werden uns immer in Erinnerung bleiben.”
Augenzeugenbericht
Hauptmann Brigitte E.
(Luftstreitkräfte, Golfkrieg)
“1991 breche ich ohne Furcht und Bangen nach Riad auf. Als Leiterin des Verbandes bin ich für drei weitere Flight Nurses verantwortlich. Ich bin sehr engagiert bei meiner Arbeit und fühle mich für die beförderten Personen voll verantwortlich. Meine Rolle besteht darin, die verwundeten Soldaten so schnell wie möglich nach Riad zu evakuieren. Es kann sein, dass manche von ihnen nicht lebend von ihrer Mission zurückkehren... Zwischen 5. Februar und 26. März führe ich 105 Stunden Flugeinsätze über dem ganzen Gebiet durch, um die Verbindung zu den Stützpunkten zu gewährleisten. Dort lebt man abgekapselt und im Rhythmus der chemischen Bedrohungen durch die SCUD-Raketen.
Mehr als 20 Jahre später erinnere ich mich noch genau an den ersten Flug, den ich nach der Befreiung des Emirats nach Kuwait City durchgeführt habe. Die Überquerung der ersten Frontlinien war sehr gefährlich, da die Erdölquellen brannten. Zu Mittag war es wie in der dunkelsten Nacht und von den vier gestarteten Flugzeugen konnten nur zwei landen, darunter dasjenige, in dem ich mich befand. Als ich aus dem Flugzeug stieg, war ich stolz, aber auch erschüttert angesichts dieser verwundeten und zerstörten Stadt.