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Gedenken als Live-Darbietung

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Historische Nachstellung 2018 – Feldlager © Gedenkstätte von Verdun/Jean-Marie Mangeot

Die beiden Weltkriege, welche die Welt durchlaufen hat, sind nach wie vor die größten Tragödien des 20. Jahrhunderts und gleichzeitig eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration, um die Geschichte zu bewahren und sie besser vermitteln zu können. In den letzten Jahren fanden historische Nachstellungen immer mehr Anhänger und Zuschauer, die damit die Geschichte in der Absicht des Gedenkens „nachspielen“ oder „nochmal sehen“ wollen.

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Die moderne historische Nachstellung - oder auch die lebendige Geschichte - hat einen bemerkenswerten Einzug in der „Ära der Gedenkfeiern“ gehalten, die ganz Europa seit den Achtzigerjahren bewegt. Die sich als körperliche Rückkehr der Geschichte präsentierende historische Nachstellung richtet sich an ein breites Publikum, um diesem alle Gefühle durch spektakuläre Bilder zu vermitteln.

Die Darsteller von nachgestellten Szenen nehmen in dieser Hinsicht ihre pädagogische Rolle und ihre Fähigkeit, neues Wissen über die Geschichte zu vermitteln, ernst. Die Vervielfachung ihrer Aktivitäten (Nachstellung von Schlachten, Feldlagern, Teilnahme an Gedenkfeiern usw.) fasziniert ein großes Publikum und vor allem die Jüngsten, die solchen visuellen Vorführungen viel Beachtung schenken. Die Hundertjahrfeiern des Sezessionskriegs in den USA von 1961-1965 waren der Ausgangspunkt dieser Entwicklung, nachdem mehr als 6.000 Darsteller an einer Veranstaltung zum 125. Jahrestag teilgenommen hatten. Der 100. Jahrestag von 14-18 hat seinerseits in Frankreich unaufhörlich Darstellerverbände mobilisiert, insbesondere im August 2018 bei der Gedenkstätte von Verdun, zusammen mit dem Ausschuss für die Hundertjahrfeier des Ersten Weltkriegs, im Beisein von fast 1000 Teilnehmern aus 18 verschiedenen Nationen mit ihren Geräten und Ausrüstungen.

 

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Historische Nachstellung 2018 – Treiben am Schlachtfeld © Gedenkstätte von Verdun/Jean-Marie Mangeot

 

Frieden stiftende Veranstaltungen

Die Aufführungen dieser begeisterten Gruppen und ihre zunehmende Präsenz im Mittelpunkt aktueller Gedenkstrategien sind ein Anlass, über das Gedenken an sich nachzudenken. Im vorliegenden Fall wird die Entscheidung, eines Ereignisses zu gedenken, zumeist in den Praktiken kleinerer Gruppen, in Vereinen zur Nachstellung von Schlachten deutlich, die auf diese Weise ihre Absicht zeigen, Formen der Geselligkeit aufzubauen und das Bedürfnis nach Identität und Identifikation zu erfüllen. Ihre Nutzung zu Gedenkzwecken erfüllt perfekt die drei großen Funktionen der Gedenkhandlung: die Erinnerung an ein Ereignis, seine Aktualisierung und die Möglichkeit der Umwandlung der eingebundenen Gemeinschaft ebenso wie eine starke Mobilisierung der Bevölkerung.

Die Probleme, die das 21. Jahrhundert durchdringen und auf die großen Tragödien der beiden Weltkriege oder die Entkolonialisierung zutreffen, führten zu einer Vervielfachung der Gedenkfeiern, die vor allem von Veteranen getragen wurden, zu Inschriften auf den Gedenkstätten des Staatsgebietes, welche an die Schrecken des Krieges, die Massaker oder Genozide (Historial de la Grande Guerre in Péronne, Gedenkstätte von Caen) erinnern. Einige Veranstaltungen der heutigen Zeit beziehen sich auf tragische Geschichten, stiften Frieden in der Zukunft und finden an oft unverzichtbaren Gedenkräumen statt. An erster Stelle ist ein Verein aus Pressins im Département Isère zu nennen, der 2014 mit einer naturgetreuen Nachstellung der Szenen des Ersten Weltkriegs begann. In diesem Dorf des Département Isère, das weit von den Kampflinien von 1914-1918 entfernt liegt, wurden drei Schützengräben angelegt, Militärposten eingerichtet und ein historisches Schauspiel zum Gedenken des 100. Jahrestages geplant. So entstand das Projekt „Regards de mémoire“ - in Verbindung mit einer Ausstellung über den Krieg von 14-18 unter der Schirmherrschaft des Verteidigungsministeriums. Dabei stellte man mit Unterstützung des Ausschusses für die Hundertjahrfeier den Alltag in den Schützengräben nach und mobilisierte auf lokaler Ebene Freiwillige in einem historischen Schauspiel, das einem Geschwisterschicksal im Krieg gewidmet war, „Les frères Joseph“. Die Ausführungen der Organisatoren über den Konflikt haben in erster Linie einen universellen Charakter: „Braucht man einen Krieg, um ein Mann zu sein? (…) Schauen Sie sich diese „Verletzten“ des Krieges von 14-18 an, mit den schrecklich verwüsteten Gesichtern. Schauen Sie sich die Millionen Frauen und Kinder an, die durch Antipersonenminen (dieser Waffe der Feiglinge) verstümmelt, vergewaltigt, abgeschlachtet, massakriert wurden, in den meisten Ländern der Welt, von Afrika bis Europa, von Asien bis Südamerika! Sehen Sie nochmals hin und sagen Sie immer noch, der Krieg ist schön! Wagen Sie das zu behaupten. (…) Dieses Schauspiel soll zum Nachdenken über den Krieg anregen und vermitteln, dass eine Armee, auch wenn sie heute noch notwendig ist, vor allem im Dienste des Friedens stehen muss. Dieses Schauspiel ist den Millionen von Menschen gewidmet, die in der Lebenskraft getroffen wurden, den Millionen anonymer Helden, die für nichts gestorben sind, für so wenig, für einen Flecken französischer oder deutscher Erde, für eine Erde, die heute Europa geworden ist.“ Die Stätte hat sich ganz dem Ziel der Vermittlung an die jungen Generationen verschrieben, bei welcher sich die Erinnerung an den Krieg in eine pazifistische Ethik verwandeln soll: „Dieses Schauspiel ist der Jugend von heute und morgen gewidmet, um ihnen zuzurufen, dass der Krieg niemals eine Antwort war und der wahre Mut im unermüdlichen Streben nach Frieden liegt.“ Die pädagogische Dimension des Schauspiels wird somit zu einem Interpretationsschlüssel und verweist auf die emotionale Dimension, die durch die Dramaturgie die Gefühle des Publikums ansprechen soll.

Ein Erlebnis rund um das Leben der französischen Frontsoldaten

Immer noch vermittelt die unvergessliche Show „Von den Flammen zum Licht“ aus dem Jahr 1996, die anlässlich des 80. Jahrestages der Schlacht von Verdun im Steinbruch von Haudainville mit seinen Kalköfen aufgeführt wurde, diese Sichtweise. Die Website des Projekts präsentiert die Show als das größte Event über den Ersten Weltkrieg in Europa, das von mehr als 530.000 Zuschauern umjubelt wurde. Klang- und Lichtspiele lassen den Zuschauer in das Kampfgeschehen eintauchen und vermitteln die Botschaft des Friedens und Gedenkens: „Gegen das Vergessen... Das ist das Unterfangen der Show „Von den Flammen... zum Licht“. Sie lässt die schwierige Zeit der Schlacht von Verdun aufleben, von der Belle Époque bis zum Stellungskrieg, die schrecklichen Winter in Schlamm und Kälte, Deutsche und Franzosen, denen es gleich erging, auch das schwierige Leben im Hinterland, die Evakuierung der Zivilbevölkerung und schließlich den Waffenstillstand... den wieder eingekehrte Frieden und die neu entstehende Hoffnung...“ Der Begriff des Gedenkens setzt sich für diese Zeiten durch, als ob die kollektive Trauer noch nicht beendet wäre. Woran man sich erinnert, ist das Leben der Männer in den Schützengräben, egal welcher Nationalität sie angehörten, in einem Europa, das nun durch die deutsch-französische Allianz zusammengeschweißt ist. Halten wir ein Erlebnis fest, in dessen Mittelpunkt mehr das Leben der französischen Frontsoldaten steht und das von dem in Epernay ansässigen Verein „Le Poilu de la Marne“ 1991 erstmals aufgeführt wurde. Abgesehen von den Nachstellungen nehmen die Mitglieder an Paraden teil und zeigen Ausstellungen auf Grundlage einer großen Sammlung von Uniformen, Geräten oder Dokumenten. Sie treten in Kurzfilmen oder Fernsehsendungen auf und würden sich durch diese Beiträge echte Aufmerksamkeit von Seiten der Historiker verdienen. Sie nehmen schließlich eine „Gedenkpflicht“ für sich in Anspruch. Dieser Begriff wurde anfänglich von den Überlebenden des Holocaust verwendet und mittlerweile weitgehend von allen Zielgruppen einverleibt sowie für alle großen Tragödien der Geschichte verwendet. Im Gegensatz zu früheren Aufführungen, in denen Frauen mitwirken, die zum Beispiel Verletzte pflegen oder abseits der Front ihr Schicksal in die Hände nehmen, hebt dieser Verein die Rolle der typischen Soldaten, die schwer mitteilbare Erfahrungen durchmachten, durch ihr Leiden und die Brutalität des Krieges hervor. Der Verein „Le poilu de la Marne“ stellt anlässlich der Tage der offenen Tür der Armee in der Garnisonsstadt Mourmelon ein Heerlager des Ersten Weltkriegs wie eine Art Stück im Stück nach. 2019 hat sich schließlich in der Nähe von Toulouse ein Verein mit der Nachstellung der Demobilisierung der Soldaten nach dem Waffenstillstand von 1918 beschäftigt. Am Vortag der Gedenkfeier vom 11. November hat die begeisterte Gruppe Szenen der Demobilisierung in Montespan im Süden des Départements Haute-Garonne nachgestellt und damit die Soldaten des Ersten Weltkriegs auf einzigartige Weise geehrt. Diese Geschichteliebhaber stellen hunderte Kilometer von der Front entfernt nochmals die Szenen der Demobilisierung der Soldaten zu Ende des Ersten Weltkriegs in Lebensgröße nach.

 

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Show „Von den Flammen zum Licht“, die am 11. Juli 2015 im Steinbruch von Haudainville, Verdun, aufgeführt wurde. © Frédéric Bisson

 

Genau am Vorabend der Gedenkfeiern zum Waffenstillstand, am 10. November 2019, haben drei Vereine mit Anhängern historischer Nachstellungen - „Les Diables bruns“, „Les Poilus de Vaucluse“ und die „Oies sauvages“ - ein Verfahren in Gang gesetzt, das jenem der Demobilisierung der Soldaten zu Ende des Ersten Weltkriegs ähnlich ist: Erfassung der Soldaten, Pflege der Verwundeten in einem Feldlazarett, Gottesdienst, Demobilisierung...

Die Entstehung eines wahren Marktes

Es gibt viele Anhänger der Militärgeschichte (Sammler von Figuren, Abzeichen, Waffen und manchmal sogar Fahrzeugen), die zu den Nachstellungen kommen, und die Zeitschrift „Militaria“ ist eine der begehrtesten für Berichte über diese Veranstaltungen, bei denen der Kriege in Lebensgröße nachgespielt werden. Diese historischen Gedenkveranstaltungen hängen außerdem von einer öffentlichen Finanzierung ab, die im Rahmen einer touristischen und schützenswerten Entwicklung oder von Sponsoren vergeben wird, die sich eine Sichtbarkeit auf lokaler kultureller Ebene leisten. Der gemeinsame Ausgangspunkt dieser Aktivitäten liegt mit großer Mehrheit in der Vereinsform nach den Statuten des Gesetzes von 1901, die Freiwillige oder Gelegenheitsschauspieler in Gruppen unterschiedlicher Größe - von einem Dutzend bis mehreren Hunderten - für die Aufführungen mobilisiert. Der Einsatz der Vereinswelt stellt eine wesentliche Besonderheit in der jüngsten Entwicklung unserer Gesellschaften in verschiedensten Bereichen dar, zu der ganz normale Geschichtsinteressierte gehören. Aus dieser Perspektive verstand es Christian Bromberger, die Idee der Leidenschaft wiederaufleben zu lassen: „Die Leidenschaft wird nun nicht mehr als erlittenes Phänomen oder als Beeinträchtigung des Willens verstanden und wahrgenommen, sondern im Gegenteil als dessen Ausdruck, als Bekundung der schöpferischen Freiheit, eine konstruktive Wahl, die vom Gewissen gebilligt wird und einem authentischen Dasein Sinn gibt.“ Die eindrucksvolle Form bei den Nachstellungen, die eine Aufeinanderfolge historischer Bilder und eine Wiederherstellung von Kostümen oder Objekten erfordert, führt in verstreuten Haushalten, die von diesen neuen Geschichtsvermittlern legitimiert wurden, zu einer Dramaturgie, einer Erzählung oder einer Form der Visualisierung der Vergangenheit, die sich stark von jener unterscheidet, die von akademischeren Einrichtungen angeboten werden. Nachstellungen und Shows benötigen schließlich eine starke wirtschaftliche Organisation für die Verwaltung von Vereinen und Projekten. Um der steigenden Nachfrage nach Spezialobjekten, die vor allem online erhältlich sind, für diese Nachstellungen gerecht zu werden, hat sich mittlerweile ein wahrer Parallelmarkt entwickelt. Die Liste dessen, was man erwerben kann, ist umfangreich: Waffen, Rüstungen und Schutzvorrichtungen, Gürtel und Schnallen, Schuhe und Kufen, Bilderhandschriften, Etuis, Beutel und Taschen, Möbel und Zubehör.

 

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Besucher und Darsteller von Nachstellungen gehen durch die Straßen von Arromanches (Normandie), um den 75. Jahrestag der Landung zu feiern, 6. Juni 2019. © Joël Saget/AFP

 

Die Kriege des 20. Jahrhunderts werden daher neu interpretiert, um mit der Absicht des Gedenkens und Friedens neue Allianzen oder die Absurdität der Konflikte aufzuzeigen, die über die Kämpfer und Zivilbevölkerung hinausgehen. Diese Vorstellungen präsentieren sich als kollektive Trauerarbeit angesichts der Traumata des 20. Jahrhunderts oder des Missbrauchs des Gedenkens von heute. Die inszenierte Geschichte wird zum Ort, an dem die Ressourcen für einen Wandel der gemeinsamen Werte entstehen und die Vielfalt des Wissens, die spielerische Dimension und die Geselligkeit miteinander verschmelzen. Diese wenigen Beispiele konnten zeigen: Die Schauspieler nehmen den öffentlichen Raum ein und ziehen eine ganze Bevölkerung mit sich (Laiendarsteller und Zuschauer), und die Feiern fördern eine Rückkehr zu gemeinsamen Ausflügen; die Schauspieler vermitteln eine fiktionale Geschichte und bilden eine gemeinsame Erinnerung an die Vergangenheit in einem Gebiet. Wenn daher die Gedenkfeiern in ihren traditionellen Formen steif und monoton erscheinen mögen, so hat diese Art der Nachstellung oder Vorführung die Monotonie der Zeremonie durchbrochen und ermöglicht die Wiederherstellung sozialer Bindungen, während die Akteure dieser Ereignisse, die sie wirklich erlebt haben, verschwinden. Volksvertreter, die für diese Gedenkfeiern verantwortlich sind, fühlen sich „moralisch verpflichtet“, die Zeremonien zu unterstützen und dabei kulturelle Formen, einzelne szenografische oder innovative Entscheidungen vorzuschlagen, die zur Vielfalt des Gedenkens gehören. Solche feierlicheren und spielerischen Gedenkfeiern, die Live-Shows in Anspruch nehmen, sind aufgrund der Notwendigkeit gerechtfertigt, Gedenkübungen nach der Schulzeit zu erzeugen, deren Erfolg sich an der Begeisterung der Zuschauer messen lässt.

 
Maryline Crivello - Historikerin, Professorin an den Universitäten Aix-Marseille Université, UMR TELEMMe (AMU-CNRS)
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Fokus auf den 6. Juni 2014

Yvan Hinnemann hat an vielen Veranstaltungen teilgenommen, die das Leben der Franzosen geprägt haben, wie zum Beispiel der Zweihundertjahrfeier der Französischen Revolution oder auch der Einweihung des Stade de France. 2014 übernahm er die Inszenierung der internationalen Feier zum 70. Jahrestag der Landung in der Normandie.

 

Yvan Hinnemann

Yvan Hinnemann

 

Sie haben die Show bei der internationalen Feier am 6. Juni 2014 in Ouistreham inszeniert. Warum haben Sie sich an dieser Ausschreibung beteiligt?

Diese Gedenkfeier war ein wichtiger Termin in der lebendigen Geschichte der Menschheit, ein Gedenken, bei dem es noch einige Zeitzeugen gibt, die jene historischen Tage erlebt haben. Uns in diese Feierlichkeiten einzubringen, verpflichtete uns zum Respekt hinsichtlich der historischen Fakten, zu Demut gegenüber den Frauen und Männern dieser Zeit, die bei den verschiedenen Ehrungen noch dabei sind, und letztendlich zu einer politisch-historischen Ausgewogenheit dieser Zeit, die durch die Anwesenheit aller Staatschefs, Königinnen und Könige aller Nationen vertreten ist, die mit ihren Armeen an den Fronten der Normandie, aber auch jenen Europas und der Welt im Einsatz waren.

All diese Gegebenheiten machten diese Ausschreibung so spannend, denn sie vereint Geschichte, Szenografie, Inszenierung und Protokoll, wobei die größte Herausforderung darin bestand, das Gedenken den jungen Generationen zu vermitteln.

Diese Zusammenstellung von Argumenten ließ uns ohne Schwierigkeiten ein fünfmonatiges Auswahlverfahren akzeptieren, das genauso lange dauerte, wie die Vorbereitung der Gedenkfeier.

Wie sind Sie dieses szenografische Projekt eines so großen Ereignisses angegangen?

Es müssen alle möglichen Parameter in Betracht gezogen werden. Man muss mit Augenmaß vorgehen, die Notwendigkeiten analysieren, unaufhörlich die Richtigkeit und historische Genauigkeit der Absicht überprüfen, sich zwingen, ostentative und überflüssige Inhalte wegzulassen, um schließlich zu einem ausgewogenen Drehbuch zu gelangen, das zum roten Faden wird. Wir haben einen gemeinsamen Kreativbereich gebildet, und zwar mit einem Dokumentarfilmregisseur, einem Fernsehregisseur, einem Bühnenbildner, einem Choreographen, einem Sound-Designer, Modedesignern und einem Pyro-Designer, die ständig die Inszenierung abgestimmt haben.

Wir haben immer daran gedacht, dass wir für diese Ehrung „Globalisierer“ sein müssen, denn wir sollten zu einer Milliarde Fernsehzuschauer und nicht nur 20.000 Personen und Veteranen vor Ort sprechen. Wir mussten eine universelle Sprache finden, das heißt die Choreographie und Musik, welche die Sequenzen des Drehbuchs am besten zum Ausdruck brachten.

Musik und Tanz lassen als Träger von Gefühlen und Emotionen Erinnerungen zu, ohne jedoch in die historische Nachstellung zu verfallen, welche die Glaubwürdigkeit der Wahrheit angesichts der Zeitzeugen und Akteure der Geschichte im Publikum untergraben hätte. Um diese Gegebenheiten der Sprache zu ergänzen, haben wir die Fernsehregie in unser Vorgehen eingebaut, damit die Dreharbeiten mit unserer Inszenierung verschmelzen.

Die Geschichte sollte ihrerseits durch riesige Bildflächen in Form von Bunkern des Atlantikwalls hervorgehoben werden und die Bilder der Filmarchive in der richtigen Reihenfolge übertragen und keine Abweichung der Ehrenfeier zulassen, die sie abbilden sollte. Andererseits war die erhabene Grenzenlosigkeit des Strandes von Ouistreham, ein Verbindungsfaden zwischen Erde und Himmel, vollkommen der Welt zugewandt. Der Ort gab die Regeln vor und beeinflusste die Ausstattung. Durch den Einbau einer Europakarte am Boden durften wir nicht mehr vom Gesamtbild der Übereinstimmung der Mittel abweichen, die nötig waren, um sich von den Unterdrückern zu befreien.

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Internationale Feier zum 70. Jahrestag der Landung in der Normandie, Ouistreham, 6. Juni 2014. © R.Senoussi/DICOD

 

Früher entsprachen die Gedenkfeiern einer unabänderlichen zeremoniellen Ordnung. Warum scheinen sie sich nun in Richtung einer „Eventisierung“ zu entwickeln? Welche Richtung gibt diese Inszenierung den Gedenkfeiern?

Bei dieser Antwort bleibe ich zurückhaltend. Es gibt Gedenkfeiern mit Ritualen, die einzuhalten sind und bei denen es nicht notwendig ist, künstlerische Elemente hinzuzufügen, es geht nur darum zu wissen, was richtig und ausgewogen ist (zum Beispiel Ehrungen von Soldaten, die im Einsatz gefallen sind). Gedenkfeiern, die auf Inszenierungen zurückgreifen, tun dies meist bei wichtigen Kapiteln der Geschichte. Es ist ein offenes, modernes Buch, das neue Technologien (Video, Riesenprojektionen, ...) oder die Inszenierung nutzt, um mehrere Kapitel oder Lebenswege von Persönlichkeiten zu erzählen.

Es ist eine andere Form der Sprache, damit die jungen Generationen mit den republikanischen und historischen Ritualen, die das Bindemittel einer Nation sind, in Kontakt bleiben. Wenn ihr Interesse mit visuellen und medialen Mitteln geweckt wird, kann man hoffen, die Gedenkpflicht fortzuführen.

Die Redaktion