Henry Dunant
1859 wird ein junger Schweizer namens Henry Dunant auf dem Schlachtfeld von Solferino in Italien mit den Schrecken des Krieges konfrontiert. Daraufhin entscheidet er sich zur Gründung einer internationalen Organisation, mit dem Ziel, den Kriegsverletzten zu helfen.
Dies war die Gründung des Roten Kreuzes.
Der am 8. Mai 1828 in Genf geborene Henry Dumant entstammt einer sehr frommen kalvinistisch geprägten Familie, die eine tiefe Nächstenliebe pflegt. Er gibt seinen höheren Bildungsweg auf und beginnt eine Ausbildung in einer Bank in Genf. Er engagiert sich im sozialen Bereich und verbringt viel Zeit mit dem Besuch von Gefangenen und der Unterstützung der Armen.
1853 führt ihn sein Weg nach Algerien, wo er die Leitung über eine schweizerische Kolonie in Sétif übernimmt. Seine Pläne sehen den Bau einer Weizenmühle vor, jedoch erhält er nicht die notwendige Landkonzession, eine unabdingbare Voraussetzung für den Bau. Er macht sich auf den Weg nach Paris, um dort Napoleon III zu treffen. Dieser ist jedoch Kommandant der französisch-sardischen Truppen, die in Norditalien gegen die Österreicher kämpfen. Dunant begibt sich an den Schauplatz, um den Herrscher zu treffen. Am 24. Juni 1859, Tag der Schlacht, trifft er in Castiglione, Lombardei, ein, einer kleinen Stadt in der Nähe der Kampfhandlungen. Am nächsten Morgen kommt er auf das Schlachtfeld von Solferino. "Derjenige, welcher diesen ausgedehnten Schauplatz des Kampfes vom vorigen Tage durchwanderte, traf auf jedem Schritte und inmitten einer Verwirrung ohne Gleichen unaussprechliche Verzweiflung und Elend in allen Gestalten". Angesichts von so viel Leid beginnt Dunant mit der Organisation von Rettungsmaßnahmen und setzt durch, dass auch die österreichischen Gefangenen dieselbe medizinische Versorgung erhalten wie die anderen Soldaten. Er erreicht weiterhin, dass die unter den österreichischen Gefangenen befindlichen Mediziner bei der Versorgung der Verletzten helfen dürfen.
Nach seiner Rückkehr nach Genf verfasst er sein Werk Un souvenir de Solferino (Eine Erinnerung an Solferino), in dem er über seine Eindrücke auf dem Schlachtfeld berichtet und seine Ideen vorstellt, wie die Versorgung der Verletzten verbessert werden kann. "Wäre es nicht möglich, in einer friedlichen und ruhigen Epoche, Hilfsgesellschaften zu gründen, deren Zweck es ist, die Verwundeten in Kriegszeiten zu pflegen oder pflegen zu lassen?"
Am 17. Februar 1863 gründet Dunant ein internationales und ständiges Komitee für die Pflege von verwundeten Soldaten. 1875 wird das Komitee umbenannt und wird zum Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). Am 26. Oktober 1863 nehmen rund 15 Länder an der Internationalen Konferenz in Genf teil, die als tatsächlicher Gründungsakt des Roten Kreuzes gilt. Unterstützt durch Napoleon III bereitet das Komitee, bei dem Dunant Mitglied und Sekretär ist, die Genfer Konvention vor, die 1864 von 15 Ländern unterzeichnet wird.
Dunant, nunmehr geschätzt und gefeiert, wird von zahlreichen Staatschefs empfangen. Seine Geschäfte gehen allerdings immer schlechter und er bekommt große finanzielle Probleme. 1867 meldet er Konkurs an. Finanziell ruiniert und verschuldet, ist er gezwungen, von seinem Posten beim Internationalen Komitee zurückzutreten. In Paris lebt er in Armut und muss sogar auf öffentlichen Bänken schlafen. Dennoch bestellt ihn Kaiserin Eugénie in den Tuilerienpalast ein und bittet ihn um seinen Rat hinsichtlich der Erweiterung der Genfer Konvention auf die Kriegsschauplätze auf dem Meer. Dunant wird zum Ehrenmitglied der nationalen Gesellschaften des Roten Kreuzes in Österreich, den Niederlanden, Schweden, Preußen und Spanien ernannt.
Während des französisch-preußischen Krieges im Jahr 1870 besucht er die nach Paris gebrachten Verwundeten und führt die Erkennungsplakette ein, anhand derer die Toten später identifiziert werden konnten.
Nachdem der Frieden wieder eingekehrt war, begibt sich Dunant nach London, wo er sich dafür engagiert, eine diplomatische Konferenz zu organisieren, um über das Los der Kriegsgefangenen zu entscheiden. Während er vom Zar unterstützt wird, zeigt sich England dem Projekt gegenüber eher abhaltend. Am 1. Februar 1875 findet dank seiner Initiative in London ein internationaler Kongress zur "vollständigen und endgültigen Aufhebung des Sklavenhandels" statt.
Es folgen Jahre des Umherirrens und der Armut: Dunant reist zu Fuß ins Elsass, nach Deutschland und nach Italien. Er lebt von den Almosen und der Gastfreundschaft von Freunden. Schlussendlich landet er 1887 in einem kleinen Schweizer Städtchen am Bodensee: Heiden.
In seinem kranken Zustand findet er Zuflucht in einem Krankenhaus, wo ihn 1895 ein Journalist entdeckt, der einen Artikel über ihn schreibt, der nur wenige Tage später die Runde durch die gesamte Presse Europas macht. Plötzlich ist Dunant wieder geschätzt und gefeiert. 1901 wird ihm der Friedensnobelpreis verliehen. Er stirbt am 30. Oktober 1910.
Source :
In Les Chemins de la Mémoire, 196/Juli - August 2009