Vaillant und ihre Artgenossen
"Heimische Haustauben im Einsatz als Brieftauben". Quelle: Das Foto ist lizenzfrei.
Vaillant und ihre Artgenossen
Eine Brieftaube als Verbindungsglied
Corps 1
Die Fähigkeit von Tauben, ihren Heimatschlag wiederzufinden, verbunden mit ihrer außergewöhnlichen Leistungskraft, lange Strecken von über hundert Kilometer zurückzulegen, führte dazu, dass die Taube bereits seit Urzeiten für die Kommunikation zwischen den Menschen eingesetzt wurde.
Ein mystischer Vogel…
Die erste Nennung eines Vogels, der als Nachrichtenübermittler fungierte, erfolgt bereits im Alten Testament. Als nach der Sintflut die Wassermassen gewichen waren, entsendet Noah eine Taube. Sie kehrt mit einem Olivenzweig im Schnabel zur Arche zurück, was als göttliches Zeichen für den Frieden gedeutet wird. Die Taube wird außerdem mit zwei weiteren entscheidenden Momenten der Christenheit in Verbindung gebracht und sie symbolisiert den Heiligen Geist.
In der Antike wird die Taube verehrt und die großen Zivilisationen Ägyptens, Persiens, Chinas und des griechisch-römischen Reichs nutzten die Tauben für die Übermittlung von Informationen für offizielle Zwecke, zur Überbringung von wichtigen Daten für den Handel sowie für strategische Zwecke in Kriegszeiten. Die Überbringung von Nachrichten durch Tauben wird auch in den arabischen Ländern angewandt. Ende des 17. Jahrhunderts gab es ein beachtliches Netzwerk aus Tauben, das zur Kommunikation zwischen den Städten Damaskus, Bagdad, Mosul, Aleppo, Gaza, Kairo und Alexandria diente. Unter Karl dem Großem wurde die Taubenzucht zu einem “Privileg des Adels” und einem Zeichen für Reichtum. Die Revolution setzte diesem Privileg jedoch ein Ende und es war alsbald allen Bürgern erlaubt, Tauben zu besitzen. Ihr Orientierungssinn wurde in den folgenden Jahrzehnten immer tiefer erforscht. Finanzexperten nutzten die Tauben für den Austausch von Börsenkursen. Luftfahrtgesellschaften nutzten ihre Fähigkeiten, um die Ankunftshäfen über ihre baldige Landung und ihre an Bord befindlichen Verkaufsgüter zu informieren. Sogar Presseagenturen setzten auf den Informationstausch mit Tauben aus ihrem eigenen Taubenschlag.
Corps 2
Der Vogel als Nutztier
Während all der Jahrzehnte war die Taube stets ein unersetzliches Verbindungsglied, was durch die Konflikte von 1870, 1914 - 1918 und 1939 - 1945 unterstrichen wird. 1870 befindet sich Paris im Belagerungszustand. Sämtliche Kommunikationswege, d. h. die Seine, die Eisenbahnlinie, Straßen und Telegraphenmasten werden von den Preußen kontrolliert. Man entschließt sich zur Nutzung der Luftwege. Es entsteht ein zuverlässiges System für die Übermittlung von Nachrichten, bei dem die Tauben eine entscheidende Rolle spielen.
Die Mitteilungen an die Provinzen verlassen Paris in einem Ballon (64 Ballons zwischen dem 18. September 1870 und dem 28. Januar 1871). Mit an Bord sind die Tauben. Dem Wind ausgeliefert, gelingt es den Ballonfahrern dennoch, die feindlichen Linien zu überqueren. Vor dem Freilassen werden die Tauben mit Behältnissen für den Transport der Nachrichten an die belagerten Städte ausgestattet. Das System beweist sich als funktionsfähig, allerdings wird schnell klar, dass die Verwendung von Seidenpapier für einen kontinuierlichen Luftverkehr unzureichend war. Einem Ingenieur gelingt es jedoch, diese Schwierigkeiten mithilfe von Verkleinerungen zu umgehen. Die Mikroverfilmung, das so genannte Taubengramm, in Verbindung mit einer neuen Befestigungstechnik auf biegsamer Basis, macht es möglich, die Anzahl der Taubensendungen um ein Vielfaches zu erhöhen. Eine einzelne Taube konnte somit hunderte Nachrichten transportieren, nicht nur behördliche Depeschen, sondern auch insbesondere private Nachrichten. Nach Eintreffen der Tauben wird der Minifilm dann wiederhergestellt. Der als Wunderlampe bekannt gewordene Projektor, identisch mit dem dargestellten Modell, ermöglicht das Lesen dieser Mikrofilme. Die manuell wiederhergestellten Nachrichten werden dann per Postboten an die Empfänger verteilt.
Man schätzt, dass die Tauben mehr als eine Million Nachrichten übermittelt haben, die es der Pariser Bevölkerung möglich gemacht hatten, mit der Außenwelt in Kontakt zu bleiben. Dieser erneute Beweis der Leistungskraft von Tauben führte beim Militär zur Errichtung von Brieftaubenzuchteinrichtungen.
Agenten für militärische Kommunikation
Während des Zweiten Weltkrieges hatten alle Lager eigene Taubenschläge. Lastwagen wurden speziell ausgestattet, um den Taubenschlag von einem Ort zum anderen zu transportieren. Wenn sich die Frontlinien änderten, konnten diese Fahrzeuge schnell verlagert werden, sodass eine effiziente Übermittlungsbasis sichergestellt war. Manchen Tauben wurden sogar ähnliche Titel wie den Soldaten verliehen. Eine der berühmtesten Tauben, Vaillant, die letzte Taube von Kommandant Raynal, wurde im Fort von Vaux am 4. Juni 1916 freigelassen und mit einem nationalen Orden ausgezeichnet. Während den Kriegsjahren 1939 bis 1945 wurden 16.500 englische Tauben über französischem Boden abgesetzt. Sie überbringen den Alliierten Informationen über die feindlichen Positionen, die von Widerstandsgruppen ermittelt wurden. Die Nachrichten werden in kleinen Röhrchen transportiert.
Quellen: MINDEF/SGA/DMPA