Woodrow Wilson
Woodrow Wilson ist der achtundzwanzigste Präsident der Vereinigten Staaten. Er führt sein Land im April 1917 in den Ersten Weltkrieg, nach drei Jahren Neutralität. Nach dem Krieg setzt er sich für die Versöhnung der europäischen Länder ein und erhält 1919 für dieses Engagement den Friedensnobelpreis. Woodrow Wilson ist der Sohn eines presbyterianischen Predigers, der ihn streng im Sinne seiner Werte erzieht. Nach dem Jurastudium an der Universität Princeton wird er Rechtsanwalt (Atlanta 1882-1883) und Professor für politische Wissenschaften an verschiedenen Einrichtungen (1890-1910). Nachdem er 1910 zum demokratischen Gouverneur des Staates New Jersey gewählt ist, wird er von der demokratischen Partei als Präsidentschaftskandidat für die Wahl am 5. November 1912 aufgestellt und gewinnt die Wahl dank der Meinungsverschiedenheiten zwischen seinen republikanischen Gegnern Theodore Roosevelt und William Taft. Wilson setzt sich für eine starke Exekutive ein und stellt ein ehrgeiziges Programm für Demokratie und Wirtschaft auf. Er setzt die Zölle herab, reformiert das System der Banken durch die Bildung einer Bundesreserve zur Erleichterung von Krediten und stärkt das Kartellgesetz durch die Genehmigung von Streiks und Boykott durch die Arbeiter. Im Bereich der Politik bringt er ein Gesetz gegen Kinderarbeit durch, führt das Wahlrecht für Frauen, die Einkommensteuer und ein Rentensystem für die Bediensteten des Bundes ein und begrenzt die tägliche Arbeitszeit auf 8 Stunden.
In der Außenpolitik ist Wilson zwar gegen den Interventionismus, entwickelt aber trotzdem eine aktive Diplomatie und stärkt die amerikanische Vorherrschaft auf dem Kontinent, indem er versucht, eine Demokratie nach amerikanischem Muster einzuführen. Auf Grund der Monroe - Doktrin, die den Vereinigten Staaten das Eingreifen in Europa und in die internationalen Probleme untersagt, ist er dagegen, dass sich die Vereinigten Staaten an den europäischen Konflikten beteiligen. Am 4. August 1914 erklärt er die amerikanische Neutralität in dem Krieg und versichert, dass "dieser Krieg nicht unser Krieg ist". Im Übrigen wird er im November 1916 vor allem deshalb wiedergewählt, weil "er uns vor dem Krieg bewahrt hat" (He kept us out of war). Allerdings deutet er bereits in seiner Antrittsrede an, dass diese Position sehr schwer zu halten sein werde. Auf Grund der Wiederaufnahme des uneingeschränkten U-Bootkrieges durch die Deutschen - er war unterbrochen worden, nachdem über hundert amerikanische Bürger bei der Torpedierung des Dampfers Lusitania am 7. Mai 1915 umgekommen waren - und erbost über die deutschen Versuche, Mexiko in einen Krieg gegen die Vereinigten Staaten hinein zu ziehen - Telegramm des deutschen Staatssekretärs im Auswärtigen Amt Zimmermann - stellt Präsident Wilson vor dem Kongress den Antrag, in den Krieg gegen Deutschland eintreten zu dürfen, dem am 6. April 1917 stattgegeben wird. Einen Monat später, am 18. Mai, führt er die Wehrpflicht wieder ein, die seit dem Ende des Sezessionskrieges (1885) abgeschafft worden war.
Wilson organisiert den Kriegseinsatz und stellt den Alliierten materielle, moralische und militärische Hilfe zur Verfügung (Bis Oktober 1918 gehen fast zwei Millionen amerikanische Soldaten unter dem Kommando von General Pershing an Land, um in Frankreich zu kämpfen). Er bemüht sich auch um die politische Führung der Koalition und setzt die Kriegsziele der Alliierten fest. Am 8. Januar 1918 formuliert er in einer Rede vor dem Kongress ein Programm in vierzehn Punkten, in dem die Friedensbedingungen festgelegt sind. In diesen Vierzehn Punkten wird das Ende des Kolonialismus, die Abschaffung der wirtschaftlichen Hindernisse zwischen den Nationen, die Garantie der Freiheit der Meere, die Selbstbestimmung der Völker und die Schaffung eines Völkerbundes mit dem Ziel "gegenseitiger Garantien für politische Unabhängigkeit und territoriale Integrität der großen und kleinen Nationen" gefordert. Einige Punkte seines Programms dienen als Grundlage für den Versailler Vertrag von 1919.
Nach seiner Rückkehr in die USA legt Wilson selbst dem Kongress den Vertrag von Versailles zur Ratifizierung vor, trifft aber auf eine starke isolationistische Strömung, die sich weigert, einen Vertrag zu unterzeichnen, der zu einer Intervention in einem neuen Konflikt zwingen würde. Zweimal, im November 1919 und im März 1920, weist der Kongress den Versailler Vertrag zurück und spricht sich gegen den Beitritt zum Völkerbund aus. Auf Grund der Ablehnung durch den Kongress und der Mehrheit des amerikanischen Volkes erlebt Wilson die Ironie des Schicksals, dass sein eigenes Land sich weigert, dem Völkerbund beizutreten, aber seine Bemühungen um die Versöhnung der europäischen Länder verhelfen ihm trotz allem 1919 zum Friedensnobelpreis (den er 1920 erhält). Erschöpft von den Anstrengungen, den Frieden herzustellen, erleidet er einen Schlaganfall, durch den er praktisch gelähmt ist. Er lebt bis 1921 zurückgezogen im Weißen Haus, als der republikanische Kandidat Warren Harding einen überwältigenden Sieg davonträgt. Daraufhin zieht er sich in sein Haus in Washington zurück, wo er am 3. Februar 1924 stirbt. Er wird in der Kathedrale von Washington beigesetzt.