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Zu einer neuen Triade Republik-Nation-Armee

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La foule devant le Corps législatif au matin du 4 septembre 1870, Jacques Guiaud, 1871. Musée Carnavalet

Die Prüfung des Konflikts von 1870 wirft nicht nur ein grausames und bezeichnendes Licht auf die Schwächen der Verteidigung Frankreichs und die mangelnde Vorbereitung der Franzosen auf den Kampf. Sie ist auch ein Katalysator für die Veränderungen, die man zuvor zögerte umzusetzen. Das Desaster machte aber den bereits vor dem Krieg erörterten Wandel unausweichlich.

Corps 1

Die Niederlage von Sedan am 1. September 1870 führt zum Zusammenbruch des Kaiserregimes. Die Illusion der Effizienz einer Armee aus Veteranen wird kritisch in Frage gestellt. Am 26. Januar 1871 ersucht die junge Republik, die am 4. September zuvor gegründet worden war und den Kampf wieder aufgenommen hat, um einen Waffenstillstand. Den neuen Streitkräften, die von Gambetta, dem Kriegs- und Innenminister der provisorischen Regierung der nationalen Verteidigung, aufgestellt wurden und zu denen die Freiwilligen strömten, gelang es nicht, die Katastrophe zu verhindern. Der in sich zusammengebrochene Mythos vom Volk, das unbesiegbar ist, wenn es eine gerechte Sache verteidigt, sogar wenn es nicht vorbereitet ist, war von den Republikanern zum Zeitpunkt des Niel-Gesetzes überschwänglich gelobt worden. Sie vergaßen, dass die Französische Revolution von einer - kurzen - Zeitspanne zwischen der ersten Aushebung Freiwilliger und der Kriegserklärung profitiert hatte. Zehn Monate Ausbildung erlaubten ihnen 1791, neben ihren Kameraden der Linientruppen gute Figur zu machen und in Valmy entstand die Triade Republik-Nation-Armee. Selbst die Wehrpflicht vom August 93 hatte nichts von der spontanen Erhebung, von der die Pariser Sansculotten träumten. In gleicher Weise waren die Mobilgarden nicht wirklich trainiert, als sie in die Schlacht geworfen wurden und die Freischützen waren nicht in der Lage, den deutschen Vormarsch aufzuhalten.

 

Napoléon III et Bismarck

Napoleon III. und Bismarck, am 2. September 1870 in Donchery, Treffen nach der Schlacht von Sedan, nach Wilhelm Camphausen, 1878

 

Schließlich kommt zum Trauma des Krieges im Ausland auch jenes des Bürgerkrieges hinzu, als im Frühling 1871 die Kommune zerbrach.

 

Die neuen, stärkeren Verbindungen der Franzosen mit der militärischen Wirklichkeit

 

Für solche Desaster machen die Konservativen, welche die Mehrheit der Abgeordneten in der neuen Nationalversammlung bilden, nicht die Armee verantwortlich. Sie schreiben in einer Stimmung der Sühne der sogenannten „fête impériale“, dem Prunk und ausschweifenden Leben der Kaiserzeit, die Schuld zu. In derselben Stimmung ordnen sie auch die Niederlage vom Sommer 1940 als Strafe ein. Es sind alle verwandten politischen Strömungen berührt, auch wenn sie daraus unterschiedliche Konsequenzen ziehen. Die Armee wird, noch bevor sie zum Instrument einer noch weit entfernten und unwahrscheinlichen Revanche wird, als Sammelbecken der vergessenen Werte einer Gesellschaft verstanden, die ebenfalls Schuld am Niedergang - eine Wahnvorstellung in diesen Jahren der „Besinnung“ - und an der „Apokalypse“ der Kommune trägt. Sie soll zum Rückgrat einer Gesellschaft werden, die neue Disziplin, „Männlichkeit“ und Erneuerung benötigt.

 

Gambetta

Léon Gambetta. Quellen: SHD

 

In dieser „Republik ohne Republikaner“ werden die Konservativen von Gewissensbissen gequält, weil sie als Söhne der Eliten der gemeinsamen Pflicht entkommen waren oder solche entkommen ließen. Diese Reue fördert die Verbindung zwischen einer mystifizierten Ordnung und einer mystifizierten Nation und einer Verlagerung des sakralen Charakters, die sich zu Gunsten der Armee vollzieht, deren Werte sich in der ganzen Gesellschaft verbreiten können sollen. Das System der Wehrpflicht, das nur eine beschränkte Zahl junger Menschen betraf, erlaubte das bisher nicht. Die Lehren aus dem Sieg Preußens werden von den Konservativen gezogen, aber auch von ihren republikanischen Gegnern, die überzeugt sind, dass der preußische Lehrer der wahre Sieger von Sedan ist und dass es am französischen Lehrer liegt, die künftigen Sieger auszubilden, deren Mehrheit nicht den Erwerb der Kriegswissenschaften ausklammern sollte. Fern jeder Improvisation bekräftigt Gambetta daher in einer Rede in Bordeaux am 26. Juni 1871: „Der Tag, an dem es selbstverständlich sein wird, dass wir nichts Größeres und Dringlicheres zu tun haben [...] dass wir nur eine Aufgabe haben, das Volk zu lehren, die Bildung und Wissenschaft in Strömen zu verbreiten, an diesem Tag wird ein großer Schritt zu unserer Erneuerung getan sein; wir müssen jedoch für eine zweifache Wirkung sorgen, damit sie sich auf die Entwicklung von Geist und Körper auswirkt [...] Ich möchte nicht nur, dass dieser Mann denkt und urteilt, ich möchte, dass er handeln und kämpfen kann. Wir müssen überall ansetzen, beim Lehrer, beim Turner und beim Soldaten, damit unsere Kinder, unsere Soldaten, unsere Mitbürger fähig sind, einen Säbel zu halten, ein Gewehr zu bedienen, lange Märsche zu machen, Nächte unter freiem Himmel zu verbringen und tapfer alle Prüfungen der Heimat zu ertragen. Man muss diese beiden Ausbildungen gleichzeitig vorantreiben, denn andernfalls vollbringen Sie ein Gelehrtenwerk und kein Patriotenwerk [...] Kurzum, kehren wir zur Wahrheit zurück, damit für jedermann Folgendes selbstverständlich ist: wenn in Frankreich ein Bürger geboren wird, wird ein Soldat geboren; jedem, der sich dieser doppelten Pflicht der zivilen und militärischen Ausbildung entzieht, werden schonungslos seine Rechte als Bürger und Wähler aberkannt.“

 

Thiers

Adolphe Thiers. Quelle: SHD

 

Diese Überlegungen der Politiker, außer jene von Thiers, der seinen Positionen treu bleibt, stimmten mit den Wahrnehmungen der Franzosen in bestimmten Departements an - aber nicht in allen. Nach 1814-1815 hatte eine harte Besatzungszeit die Regionen, die gegen die Wehrpflicht waren, dazu gebracht, in das Lager jener zu wechseln, die an der Institution festhielten. Nach 1871 verändert die Erfahrung, die einige das erste Mal machten und bei anderen wieder lebendig wurde, und die in einigen Novellen von Maupassant so wunderschön beschrieben wurde, die Beziehungen der Franzosen zur militärischen Wirklichkeit.

 

Der Beginn der Wehrpflicht

 

Militärische, ideologische und gesellschaftliche Gründe sprechen für die Bildung eines Massenheeres und die Einrichtung einer persönlichen Wehrpflicht, die nur wenige Monate zuvor undenkbar schien.

Sogar noch vor dem Ende der Kommune wird am 17. Mai 1871 in der Nationalversammlung eine Kommission gebildet. Sie besteht aus fünfundvierzig Mitgliedern, die allen politischen Strömungen außer der extremen Linken angehören. Sie soll einen Entwurf zur Umstrukturierung der Streitkräfte ausarbeiten. Am 19. August wird der erste Teil und am 12. März 1872 der gesamte Bericht veröffentlicht. Der Unterausschuss für die Rekrutierung ist bis auf eine einzige Stimme einig, den Ersatz zu streichen. Daher wird am Anfang des Gesetzes vom 27. Juli 1872 zum ersten Mal der universelle Charakter des persönlichen Wehrdienstes verkündet.

Auch wenn die Konservativen zum Gesetz der Mehrheit stehen, bleiben sie von den Vorzügen einer langen Dauer überzeugt. Außerdem wollen sie nicht, dass die Fortsetzung der Studien und der Einstieg in die Berufslaufbahn für die Söhne der Eliten beeinträchtigt werde. Daher machen subtile Kompromisse das Gesetz von 1872 zu einem „Flickwerk“ und führen einen Wehrdienst „à la carte“ ein. Die beibehaltene Verlosung trennt die schlechten Nummern, die fünf Jahre ableisten, von den guten Nummern, die nach vorherigem Erhalt einer militärischen Ausbildung nur zu sechs Monaten oder sonst zu einem Jahr Wehrdienst verpflichtet werden. Ein bedingter Einsatz von einem Jahr, der vor der Verlosung vereinbart wird und folglich verhindert, dass man fünf Jahre ohne Ablösemöglichkeit durchmachen muss, ist Abiturienten vorbehalten, die eine Summe von 1.500 Francs an den Staat zahlen müssen. Befreiungen für Unterhaltspflichtige, künftige Geistliche der drei Konkordatsreligionen und für jene, die sich dem öffentlichen Schulwesen verschreiben, Aufschübe für Studenten bis zum Alter von 24 Jahren und für Landwirte, die für den Betrieb unerlässlich sind, „mildern“ die Streichung des Ersatzes ab, auch wenn sie den ungleichen Charakter des Gesetzes aufrechterhalten.

Alle finden sich jedoch in einer Reserve wieder, die es erstmals in anderer Form als auf Papier gibt. Alle verbringen dort vier Jahre, in denen sie zwei Manöverphasen mit je achtundzwanzig Tagen absolvieren, dann fünf Jahre in der Landwehr, schließlich sechs Jahre in der Reserve der Landwehr, wobei Reserve und Landwehr mehr oder minder der preußischen Landwehr und dem Landsturm entsprechen. Das Gesetz sieht eine Truppe von 500.000 Mann vor, jedoch werden alle im Kriegsfall einberufen.

Das Gesetz bricht mit dem alten System und stellt den Übergang von der Waffendienstpflicht zur Bürgerpflicht dar, wie variabel sie auch sein mag. Durch diesen Wandel kann das Instrument der Verteidigung an die Absichten der ursprünglichen Wehrpflicht anknüpfen und Frankreich wieder zu einer Armeenation machen. Da der persönliche Wehrdienst jeden Franzosen, wenn auch auf ungleiche Weise, betrifft, kann er voll und ganz zum Mittel der Anpassung an den zentralistisch geprägten Nationalstaat und treibende Kraft der Kultur sein. Keiner der Machthaber der vorangegangenen Periode hätte sich erträumt, dass die Wehrpflicht dies werde. Ein 1873 gestartetes Programm zum Bau von Kasernen wird durch das Gesetz vom 17. Juli 1874 verbessert, das vom General der Genietruppen Séré de Rivières beeinflusst wurde. Die in der tiefsten Provinz Frankreichs und nicht mehr nur an den Grenzen liegenden Kasernen tragen dazu bei, dass sich die Franzosen an die militärische Wirklichkeit gewöhnen.

 

Guyancourt

Eingang zur Batterie de Bouviers in Guyancourt in den Yvelines. Quelle: GNU Free Documentation License

 

Zwei weitere Organgesetze werden verabschiedet, die eine Anpassung an die militärische Revolution ermöglichen, die auf der Geschwindigkeit beruht, mit der die Truppen mobilisiert und anschließend zum Schlachtfeld transportiert werden. Das Gesetz vom 24. Juli 1873 schafft achtzehn Armeekorps, denen achtzehn Militärregionen entsprechen, Algerien ist die neunzehnte. Das Gesetz vom 13. März 1875 betrifft die Zusammensetzung der Kader: ihre Zahl sollte nunmehr gleichbleibend sein und gesetzlich festgelegt werden.

Die damals die Minderheit bildenden Republikaner verabschieden das Gesetz von 1872, obwohl sie Anhänger der drei Jahre sind, weil ihnen die katastrophalen Folgen ihrer überzogenen Forderungen bei der Abstimmung zum Niel-Gesetz bewusst sind. Sie nehmen sich vor, dieses republikanisch zu machen, nachdem sie an die Macht gelangt sein werden, damit die Armee eine Schlüsselrolle als zweite Schule der Republik und Instrument zur Erzielung der nationalen Einheit spielt. Dies geschieht ihrer Meinung nach durch eine Demokratisierung in Verbindung mit einer Verkürzung der Dauer, damit der Wehrdienst möglichst vielen jungen Leuten auferlegt werden kann und für sie akzeptabel wird. Dies ist das Ziel des Gesetzes der drei Jahre von 1889, welches das erste republikanische Rekrutierungsgesetz ist.

Annie Crépin - Geschichtedozentin und Doktorin mit Forschungshabilitation