1941 wird daraus ein "ständiges Konzentrationslager für aktive feindliche Elemente". Damit kommen die Deutschen dem offiziellen Aufruf des Frontstalags 122 (Kommandobehörde) nach. Durch Erlass vom 30. Dezember 1941 wird das Lager zu einem "Haftlager der deutschen Polizei". Widerstandskämpfer, Gewerkschaftler und Politiker, Juden, bei Razzien festgenommene Zivilisten, Ausländer..., über 45000 Menschen werden hier interniert, bevor sie in die Konzentrations- und Vernichtungslager der Nazis geschickt werden. "Ich war beim letzten Abtransport nicht dabei und hoffe auch, beim nächsten nicht dabei zu sein. Ich bin mit sehr guten und lieben Leuten zusammen: Kommunisten, Gaullisten, Royalisten, Geistlichen, Adeligen, Bauern - Es ist eine fabelhafte Mischung", schrieb der Dichter Robert Denos am 20. März 1944 an seine Lebensgefährtin. Seine Atempause ist von kurzer Dauer. Ein Sonderzug - "Train de la mort" - transportiert ihn am 27. April nach Flöha in Sachsen, und der Typhus tötete ihn am 8. Juni 1945 in Terezin. Vom Lager Royallieu setzt sich am 27. März 1942 der allererste Sonderzug auf französischem Boden in Bewegung. Er deportiert über 1000 Juden nach Auschwitz, gefolgt vom nächsten, am 5. Juni. Ein dritter Konvoi, überwiegend mit Kommunisten und Gewerkschaftlern, verlässt Compiègne am 6. Juli. Royallieu ist also vor dem Deportationslager auch ein Transitlager für Häftlinge, in erster Linie politischen Gefangenen und festgenommenen Widerstandskämpfern.
Eine Gedenkstätte Die von der Fondation pour la mémoire de la Déportation (Stiftung für das Gedenken der Deportation) in den Archiven der Opfer der Konflikte der Neuzeit im Service historique de la défense (SHD) angestellten Nachforschungen ergaben, dass 26 Sonderzüge und ca. 12 kleinere Konvois zwischen 1942 und 1944 abgefertigt wurden. Zusammen mit den beiden ersten Transporten von deportierten Juden sind es insgesamt 40 Sonderzüge. Das Lager diente ebenfalls als Geiselreserve. Um eine beschlossene Vergeltungsaktion durchzuführen, wurden Internierte in den umliegenden Wäldern hingerichtet. All diesen Opfern ist das Mahnmal der Internierung und Deportation gewidmet. Die Stadt Compiègne, in Partnerschaft mit der Fondation pour la mémoire de la Déportation, dem Verteidigungsministerium (Direction de la mémoire, du patrimoine des archives, SGA/DMPA), dem Regionalrat der Picardie, dem Generalrat des Departement Oise, der Fondation du patrimoine und der Caisse des dépôts et consignations, hat das Mahnmahl in einem Teil des ehemaligen Lagers eingerichtet. Der historische Rundgang wurde vom Historiker und Regisseur Christian Delage gestaltet. Das Konzept dieser Stätte hat der Architekt und Szenograf Jean-Jacques Raynaud geschaffen. Das Ergebnis ist erhabene Schlichtheit. Dies gilt in bezug auf die verwendeten Baustoffe - Glas, Beton, Stein -, wie für die Freilegung und die Rückversetzung in ihren Originalzustand der Böden und Mauern der drei erhaltenen Lagergebäude, von einst 25 existierenden, und für die auf Bild und Ton basierenden Szenografie. Gleich im Eingangsbereich erhebt sich eine Mauer, die den Besucher zur Eingangshalle leitet. Die reihig aufgestellten Glasstelen tragen die Namen der bislang registrierten Deportierten und Internierten des Lagers von Royallieu und geben ihnen ihre Identität zurück. Der Besucher entdeckt den Ort mit und über diese Namen. Um die Gebäude erstreckt sich heute der Gedenkgarten (Jardin de mémoire), der ebenfalls ein Ausstellungsraum ist: Pläne des Internierungslagers, Fotografien von Wächtergruppen, schriftliche Zeugnisse und Tondokumente begleiten den Besucher auf den Spuren der Geschichte dieser Stätte.
Das Mahnmal bietet zwei Rundgänge an, die komplementär und untrennbar sind. Der eine stützt sich auf die Arbeit der Historiker und zeigt die Lagergeschichte in ihrem historischen Zusammenhang. Der andere lädt zum Entdecken der individuellen Wege des Gedenkens ein. Der historische Rundgang folgt einer Zeitschiene in Form eines Fries, das über alle Wände der zehn Säle der beiden zur Besichtigung stehenden Gebäude läuft. Die behandelten Themen: Der historische Zusammenhang, die Internierung und der Alltag im Lager, der Transport in den Deportationszügen, die Zwangsarbeit und der Tod in den Vernichtungslagern. Die Analysen werden durch Dokumente und Archivfilme unterlegt. Zeitzeugnisse wie Briefe, Fotos, Zeichnungen, Tonaufzeichnungen schildern das Leben in Royallieu. Ab und zu füllen Bilder den Raum, die auf die Wände und Böden projektiert werden. Auf den Wegen des Gedenkens (Chemins de mémoire) ist der Besucher mit zahlreichen Zeugenaussagen konfrontiert, die von ihrem Leben in diesem Transitlager und von ihrem Zwangsaufenthalt berichten. Diese Schilderungen mehrerer Personen heben hervor, wie unterschiedlich die Herkunft, die Meinung und die Inhaftierungsbedingungen der Internierten waren. Diese Frauen und Männer bleiben präsent. Ihre Namen, ihre Gesichter, ihre Worte, ihre Schriften begleiten den Besucher. Die Gebäude sind gleichermaßen Ausstellungsorte und "Ausstellungsstücke". Die Mauern, Böden und Decken haben ihr ursprüngliches Aussehen wiedererlangt: Die Fliesen und Bodenbeläge wurden entfernt und der rohe Beton, den die Internierten betraten, wieder freigelegt. Die abgehängten Decken aus den 70er Jahren wurden entfernt und in den Schlafräumen sind die Gipsdecken Schlafräume wieder sichtbar. Die Farbanstriche der letzten Jahre wurden abgekratzt und Schichten, Farben und Muster verschiedener Materialien freigelegt.
Die Zeugen haben das Wort Das Mahnmal verfügt über zahlreiche verschiedene Tondokumente. Einige wohl ausgesuchte Tondokumente tragen zur Szenografie bei. Sie werden im Raum ausgestrahlt und schalten sich bei Betreten des Besuchers ein. Alle weiteren Berichte sind über Audioguide abspielbar, der jedem Besucher zur Verfügung gestellt wird. Auf diese Weise hat jeder die Möglichkeit, den Rundgang in seiner Sprache und in seinem Rhythmus zu bewältigen. Der Audioguide kann ebenfalls bespielt werden mit Kommentaren für ein besonderes Publikum, z.b. für junge Kinder, Sehbehinderte, oder mit Begleittexten zu besonderen Themen. Die Schilderungen der Zeugen kommen aus dem Raum. Die Sprache quillt hervor aus den im Garten verstreut aufgestellten Eisen- und Holzstühlen oder ist beim Vorbeigehen in den Fluren der Gebäude hörbar. Es sind diese verschiedenen Sprechakte, die die Geschichte des Lagers am besten erzählen. Sie sind in Themen eingeteilt; wie: Die Ankunft im Lager, der Alltag und das gesellschaftliche Leben, die Mittel zum Überleben, die Solidarität, die Einsamkeit, der Abtransport nach Deutschland... Die Realisierung der Tonmontagen erfolgte anhand von Dokumenten aus dem großen audiovisuellen Bestand, den die Fondation pour la mémoire de la Déportation zusammengetragen hat und neuen Zeugenbekundungen, die extra für das Mahnmal aufgezeichnet wurden. Die Szenografie appelliert abwechselnd an das Emotionale, das Intime, oder fordert den Besucher auf, seine eigene Sensibilität mit der Stätte in Schwingung zu versetzen, denn er soll sich eher erinnern, als entdecken. So zum Beispiel im Schlafraum, wo auf dem Boden die angenommenen Standorte der Bettgestelle mit einem einfachen Strich nachgezogen sind und sich an den Wänden fortsetzen, um die übereinanderliegenden Bettetagen zu veranschaulichen. Der sich daraus ergebende Eindruck der Enge und des Zusammengedrängtseins wird sofort spürbar. Direkt auf die Wände projektiert wechseln die Porträts der Männer und Frauen in einem sehr langsamen Takt ab. Briefe, die die Gefangenen an ihre Familien geschrieben haben, sind in zwei virtuellen Alben zusammengefasst, die auf zwei Bildschirmtischen angezeigt werden. Simultan dazu werden die Brieftexte von Schauspielern gesprochen. Der Rundgang endet in einem Raum, der der Geschichte der Deportation und des Völkermords und der Bestrafung der Kriminellen vorbehalten ist.
Die Unterstützung des Verteidigungsministeriums Zur Unterstützung der Schaffung des Mahnmals, über die Direction de la mémoire, du patrimoine et des archives (Direktion für Gedenken, Kulturerbe und Archive) des Secrétariat général pour l'administration (Generalsekretariat für Verwaltung), hat der Ministre délégué aux anciens combattants (Fachminister für Kriegsveteranen) eine auf 2005 und 2006 verteilte Subvention in Höhe von zwei Millionen Euro genehmigt. Das Verteidigungsministerium, Eigentümer des ehemaligen Kasernengeländes von Royallieu, hat der Stadt Compiègne mittels eines Transfervertrags eine zwei Hektar große Fläche zur Nutzung anvertraut. Auf diesem Gelände wurde das Mahnmal der Internierung und der Deportation errichtet..
Mémorial de l'internement et de la déportation (Mahnmal der Internierung und der Deportation) Camp de Royallieu 2 bis, rue des Martyrs de la liberté 60200 Compiègne Tel. 03 44 96 37 00 E-mail : memorial@compiegne.fr