ALGERIEN
Aufgrund seiner langjährigen Zugehörigkeit nahm Algerien auch im 20. Jahrhundert einen festen Platz im französischen Kolonialreich ein. Dies liegt einerseits an der geografischen Nähe zum Mutterland und andererseits an der Tatsache, dass sich bereits seit 1830 eine nicht unbedeutende Anzahl von Europäern in Algerien niedergelassen hatte. Während des Ersten Weltkriegs gewann Algerien immer mehr an Bedeutung, indem das Land Frankreich militärisch unterstützte. Diese Rolle wurde während des Zweiten Weltkriegs weiter ausgebaut, insbesondere als Algier vom Frühling bis Sommer 1944 zur Hauptstadt des freien Frankreichs ernannt wurde.
Franzosen und Muslime aus Algerien trugen gleichermaßen zur Befreiung der Metropole bei. Aufgrund der politischen Ungleichheit der beiden Bevölkerungsgruppen war die offizielle Eingliederungspolitik hingegen sehr widersprüchlich. Die Algerier besaßen ein hohes Maß an Nationalbewusstsein und forderten politische Autonomie sowie gleiche Rechte für Muslime. Der gewaltsam niedergeschlagene Aufstand im Mai 1945 galt als Auftakt für den Unabhängigkeitskrieg, der 1954 an Allerheiligen ausgerufen wurde und sich hauptsächlich in der Region des Aurès-Gebirges abspielte.
Unter globalen Gesichtspunkten der Entkolonialisierung betrachtet, und zu einem Zeitpunkt, an dem sich die benachbarten Protektorate Tunesien und Marokko der Unabhängigkeit nähern, ist das Bild eines französischen Algeriens, in voller Blüte und friedlich, eher trügerisch. Die Kluft zwischen der Million Europäer, oftmals Städter, die die Region als die ihrige und als erweitertes Gebiet Frankreichs betrachten, und den 8 Millionen algerischen Muslims wird immer tiefer. Letztere leben meist in ländlichen Gebieten, wo ihnen die Verarmung droht. Mangelnde Schulen und Verwaltungen machten diese Missstände noch schlimmer. Von der 1955 eingeführten Integrationspolitik sowie den wirtschaftlichen und sozialen Modernisierungsmaßnahmen in Algerien fühlten sich sowohl die Europäer, die ihren Status quo beibehalten wollten, als auch nationalistische Algerier, die sich in den Reihen der FLN (Nationale Befreiungsfront) gegründet hatten, gleichermaßen vor den Kopf gestoßen. Eine Beruhigung der Lage war nicht in Sicht. Und während sich der Konflikt immer weiter verhärtete, fordert die FLN die Bevölkerung auf, Stellung zu beziehen. Frankreich wiederum setzte auf eine Stärkung der militärischen Kräfte, indem 1955 ein weiteres Kontingent in Algerien bereitgestellt wurde. Das französische Militär hatte die Kontrolle über das Land. Ihm unterstanden Verwaltung, psychologische Maßnahmen, soziale Hilfsleistungen und die Verfolgung der Mitglieder der ALN (Nationale Befreiungsarmee). Doch eine Lösung des Konflikts war nicht in Sicht.
Das Rahmengesetz vom Februar 1958 sagte eine Teilautonomie Algeriens zu, gleichwohl aber blieb Algerien integraler Bestandteil der Republik Frankreichs.
Die IV. Republik zeigte jedoch Schwächen und schien durch die Revolution in Algerien zum Scheitern verurteilt zu sein. Diese Sorge wurde von den Europäern in Algerien geteilt, die befürchteten, ihr Land an die FLN zu verlieren. Dank der Willensstärke der Armee konnte die Krise im Mai 1958 jedoch überwunden werden und General de Gaulle übernahm erneut die Macht. Obwohl die militärischen Einsätze wieder aufgenommen wurden, rief General de Gaulle zu einem „Frieden der Tapferen“ auf und brachte ein umfangreiches Modernisierungsprogramm für die Wirtschaft auf den Weg:
Der Plan von Constantine. Der gewünschte Erfolg blieb jedoch weitgehend aus. Enttäuscht von den Rückschlägen der ALN wurde der Krieg fortgeführt. Die Zahl der Befürworter eines unabhängigen Algeriens nahm unter den internationalen Partisanen und der französischen Bevölkerung täglich zu. Die politische Entwicklung Algeriens unter Führung von General de Gaulle und seiner Idee der Selbstbestimmung (September 1959) des algerischen Algeriens (November 1960) verschärfte die Stimmung unter den Oppositionen.
So kam es insbesondere in Algier zu Barrikaden (Januar 1960) und schließlich zum Putsch (April 1961). Bestärkt durch die Ergebnisse des Referendums vom Januar 1961, das ihm die Unterstützung von 75% der französischen Bewohner einbrachte, ebnete General de Gaulle mit der Errichtung der GPRA
(Provisorische Regierung der algerischen Republik) den Weg für den Frieden. Nach langen Verhandlungen wurde am 18. März 1962 das Abkommen von Évian unterzeichnet. Obwohl am 19. März der Waffenstillstand in Kraft trat, nahm die Gewalt kein Ende. Insbesondere unter den Harkis, Algerier, die während des Algerienkrieges auf französischer Seite kämpften, waren Tausende von Opfern zu verzeichnen.
In diesen turbulenten Zeiten wurde die Unabhängigkeit Algeriens dann am 3. Juli 1962 von Frankreich anerkannt.
Schlussendlich kehrten die Europäer in die Metropole zurück, eine nunmehr seit über 130 Jahre bestehende Präsenz der Franzosen auf der anderen Seite des Mittelmeers.
MAROKKO
Im seit 1912 unter französischem Protektorat stehenden Marokko warf die Niederlage von 1940 ein kritisches Licht auf das Ansehen Frankreichs, auch wenn dadurch die Rekrutierung marokkanischer Einheiten für das französische Militär nicht ins Stocken geriet. Initiiert durch die Istiqla und Sultan Mohamed V ben Youssef, der zum Symbol der Forderung nach Unabhängigkeit wurde, nahm die Bedeutung des Nationalismus immer stärker zu. 1952 nahmen die Anti-Frankreich Demonstrationen zu. Infolgedessen kam es unweigerlich zu Gewaltausbrüchen: Die französische Regierung misstraute den progressiven Kräften
und enthob den Sultan am 20. August 1953 aus seinem Amt. Diese politische Aktion führte jedoch zu weiteren nationalistisch geprägten Terrorangriffen, bis hin zu Gewaltszenen in den europäischen Bevölkerungsschichten.
Nach seinem Exil auf Korsika und später auf Madagaskar (1953 - 1955) kehrte Mohamed V am 2. März 1956 triumphierend nach Marokko zurück und das Land errang seine Unabhängigkeit.
TUNESIEN
Das seit Unterzeichnung des Bardo-Vertrages (1881) unter französischem Protektorat stehende Tunesien stand im Zweiten Weltkrieg vor der Konfrontation mit den Achsenmächten und den Alliierten (1942 - 1943), während tunesische Truppen 1943 – 1944 den aus Italien und Frankreich verlegten Divisionen gegenüberstanden.
Der tunesische Nationalismus, angeführt vom Néo-Destour Flügel und unter der Führung von Habib Bourguiba, führte zu terroristischen Gewaltakten und einer bewaffneten Revolte im Jahr 1952. Zwei Jahre lang kämpfte die französische Armee gegen den bewaffneten Widerstand, der auch für mehrere Attentate in Tunis und weiteren Großstädten im Land verantwortlich war.
Obwohl im Juni 1955 Verträge unterschrieben wurden, wurden diese bereits vor ihrer Umsetzung unwirksam. Am 20. März 1956 wurde der Bardo-Vertrag dann endgültig abgeschafft und die Unabhängigkeit des Königreichs von Tunesien anerkannt.
Ein Jahr später wurde de Republik Tunesien ausgerufen und Bourguiba zum ersten Präsidenten gewählt.
AUSZUG DER ABSICHTSERKLÄRUNG DES KÜNSTLERS (Gérard COLLIN-THIÉBAUT)
Die Denkmäler entstanden zum Gedenken an die Toten und an ein Jahrhundert, das uns allen im Gedächtnis geblieben ist: Als Zeitzeugen der Geschichte fügen sie sich leise ein in die Gemeinden. Sie wurden errichtet zu Ehren derer, die ihr Leben geopfert haben. Sie geben ihrem Tod einen Sinn und helfen uns, sie nicht zu vergessen. In verschiedenen Formen ragen sie hoch in den Himmel und tragen die Namen der Gefallenen. Der Blick geht von unten nach oben, die Schrift hingegen von oben nach unten. Bei diesem Projekt war es mir besonders wichtig, diesem Reflex der Identifikation gerecht zu blieben, indem der Blick auf die Säulen von unten nach unten erhalten bleibt, gleichzeitig aber auch die moderne Leseart berücksichtigt wird. Es sollte ein öffentliches Mosaik entstehen, an dem sich alle Vorbeigehenden, regelmäßig wiederkehrende Passanten, Touristen und viele mehr gleichermaßen besinnen können. Dieses Projekt soll nicht nur Betroffenen Trost spenden, sondern auch alle Passanten berühren, die in alltäglichen Gedanken vorübergehen. Das Denkmal soll Emotionen hervorrufen, zum Anhalten ermutigen,
sie sollen sich an die Opfer dieser jungen Menschen erinnern, die in Erfüllung ihrer patriotischen Mission ihr Leben gelassen haben. Um dies zu erreichen
muss das richtige Medium zum Einsatz kommen. ?Dann wird es ein Denkmal des dritten Jahrtausends werden.
Dieses Denkmal wird auf einem virtuellen Platz errichtet, der lediglich am Boden deutlich wird. Man wird ihn überqueren, entlang laufen, auf seinem eigenen Weg bleiben. In Richtung der Platanen ragen drei viereckige Säulen in den Himmel (5,846 m hoch x 0,60 m breit), in einem Abstand von jeweils zwei Meter, eingelassen in Beton im Farbton des Pariser Kalksteins. Auf der Außenfläche der Säulen ermöglicht eine elektronische Anzeige, eingearbeitet auf der gesamten Höhe, die fortlaufende Anzeige in alphabetischer Reihenfolge aller Vor- und Nachnamen der gefallenen Soldaten und weiterer Opfer, die Jahr für Jahr im Dienste von Frankreich ihr Leben gelassen haben.
Die Namen kommen aus dem Boden und gehen in den Himmel (…). Die Außenflächen
der Säulen sind an den Enden mit einer Vertiefung versehen. Auf der linken Seite der linken Säule für die Passanten,
die sich von Osten nähern. Auf der rechten Seite der rechten Säule für diejenigen, die von Westen kommen.
Die Vertiefung (ähnlich einer Einkerbung) enthält den Schriftzug „NATIONALDENKMAL ZUM GEDENKEN AN DIE OPFER DES ALGERIENKRIEGES UND DER KÄMPFE IN MAROKKO UND TUNESIEN“.
Spielerisch erscheint der Schriftzug beim ersten Sonnenlicht des Tages, mit der untergehenden Sonne am Abend und nachts mit dem flackernden Licht der Strahler, die am Boden jeder Säule angebracht sind.
Diskret und zurückhaltend werden die Säulen nachts schon von Weitem sichtbar sein (...).
- 1.343.000 Einberufene oder Rekrutierte, 405.000 Berufssoldaten oder freiwillig Verpflichtete,
Nahezu 200.000 Hilfskräfte waren an den verschiedenen Schauplätzen in Nordafrika im Einsatz
- Algerien: 1. November 1954 bis 2. Juli 1962;
- Marokko: 1. Juni 1953 bis 02. März 1956;
Tunesien: 1. Januar 1952 bis 20. März 1956.